Faye Kellerman: "Und da war Finsternis"

Eine Serie von Frauenmorden versetzt München in Aufruhr. Ein vielschichtiger Kriminalroman vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Machtergreifung.


Nach langer Zeit betritt Faye Kellerman in einem ihrer Romane einmal wieder das historische Schlachtfeld und entführt ihre Leser in das München der späten 1920er Jahre. Inspektor Axel Berg sieht die politischen Unruhen und Bewegungen im Deutschland nach dem Weltkrieg und will sich so gar keiner spezifischen Richtung zuordnen. Er ist aber eindeutig gegen Intoleranz und Vandalismus, und so stolziert er auch einmal im Pyjama auf die Straße, um ein junges Braunhemd zur Rechenschaft zu ziehen. Es handelt sich leider um den Neffen seines Vorgesetzten, doch dies kann die Arbeit nicht lange aufhalten, denn noch am gleichen Tag wird eine erwürgte junge Frau im Englischen Garten gefunden, die offensichtlich vor ihrem Tod vergewaltigt und dann an Ort und Stelle liegen gelassen wurde.

Bald sind verschiedene Verdächtigungen ausgesprochen - besonders vom Vater der jungen Frau, einem bekannten Bankdirektor, der seinem jüdischen Schwiegersohn nie sonderlich wohlgesonnen war. Gleichzeitig scheint die junge Dame, Anna Gross, aber auch mit einigen kommunistischen Gruppierungen sympathisiert zu haben, weswegen sie auch ohne ihren Mann nachts im Englischen Garten unterwegs war. Als allerdings eine weitere strangulierte junge Frau auftaucht, für deren Tod der Verdächtige überhaupt nicht verantwortlich sein kann, beginnen die Ermittlungen wesentlich weitere Kreise zu ziehen und auch immer mehr politische Aspekte aufzuweisen. Und als die Reihe der Tötungen junger Frauen nicht abreißt, instrumentalisiert "der Österreicher" diese Tatsache für seine eigene Propaganda, was zu weiterer Unruhe in der Stadt führt.

Als Mitglied der neu eingerichteten Mordkommission, mit Kraftfahrzeugen, die bis dahin bei der Polizei noch nicht eingesetzt wurden, und mit Hilfe einer neuen, aus Österreich eingeführten Betrachtungsmethode von Motiven, der Psychoanalyse, macht sich Axel Berg auf, um Licht in diese Reihe von Tötungen und in die dadurch erzeugten Unruhen zu bringen, bevor die Stadt sich selbst zerfleischt. Aber der Weg in die Finsternis scheint unumgänglich vorgezeichnet, und der zunächst keineswegs engelsgleiche Berg entwickelt sich mehr und mehr zu einer Lichtgestalt.

Im Zuge der Arbeit an diesem Krimi hat Faye Kellermann sehr viel Zeit für Recherchen in Deutschland verbracht und sich dabei auch von einigen Spezialisten vor Ort unterstützen lassen.

Insgesamt ist "Und da war Finsternis" ein überaus beeindruckender Roman, der die mögliche Atmosphäre Münchens in der späten Zeit der Weimarer Republik glaubwürdig nachzeichnet und so den Lesern nahe bringt, desgleichen auch die Veränderung von Betrachtungsweisen, welche die Verbreitung der Psychoanalyse in dieser Zeit mit sich brachte.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 06/2006)


Faye Kellerman: "Und da war Finsternis"
(Originaltitel "Straight into Darkness")
Übersetzt von Susanne Aeckerle.
C. Bertelsmann, 2006. ca. 490 Seiten.
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Faye Kellerman war, bevor sie als Schriftstellerin mit ihren "Rina Lazarus/Peter Decker"-Romanen Erfolge feierte, Zahnärztin mit einer besonderen Liebe zur Musik.

Weitere Bücher der Autorin (Auswahl):

"Und der Herr sei ihnen gnädig"

Routinemäßiger Streifendienst der jungen Polizistin Cindy Decker - bis ein wild gestikulierender Mann ihr Auto stoppt. In den Müllsäcken an der Straße schreit ein Säugling. Cindy kann das neugeborene Mädchen retten und begegnet in der Klinik dem äthiopischen Pfleger Koby, der ihre Gefühle in Aufruhr versetzt. Bei der Suche nach der Mutter des Findelkindes gerät sie in einen Strudel von Gewalt. Im Zentrum scheint ein Internat für geistig Behinderte zu stehen. Eine junge Frau, die dort lebt, wurde mehrfach vergewaltigt, ihr Freund ist seither verschwunden. Cindy hält sich bei den Ermittlungen eher widerwillig an die Anweisungen ihres Vorgesetzten, der sich nur mäßig für den Fall interessiert. Sie zieht immer wieder ihren Vater Peter Decker, Kommissar bei der Polizei von Los Angeles, zu Rate. Der sorgt sich aber nicht nur um seine Tochter, sondern auch um seine Frau Rina Lazarus, die sich auf eine folgenschwere Reise in die Vergangenheit begeben hat. Als es Cindy gelingt, den Anführer einer Jugendbande, die sie mit der Vergewaltigung in Verbindung bringt, festzunehmen, geraten sie und Koby in eine lebensgefährliche Falle.
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"Die Schwingen des Todes"
Peter Decker von der Polizei in Los Angeles steht vor einem besonders schwierigen Fall: ein Mitglied seiner Familie ist in einem schäbigen Hotel in Manhattan ermordet worden. Nur zögernd begibt sich Decker mit seiner Frau Rina Lazarus auf Spurensuche ins winterliche New York. Inmitten jener Verwüstung, die die Anschläge vom 11. September 2001 hinterlassen haben, stößt das Ermittlerpaar auf unerwarteten Widerstand. Denn nicht nur die New Yorker Polizei, sondern auch die jüdisch-orthodoxe Familie des Mordopfers vermauert sich hinter eisiger Ablehnung. So muss Decker den zweifelhaften Hinweisen eines Mafia-Abkömmlings folgen und gelangt prompt in ein gefährliches Geflecht aus Drogen, gewaschenem Geld und dunklen Geheimnissen - mitten im Herzen einer tief verletzten Metropole.
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"Der Schlange List"
In einem Nobelrestaurant in Los Angeles schießt ein ehemaliger Angestellter wild um sich. Dann richtet er sich selbst. Zunächst scheint die Sache klar. Decker bleibt nur, für den Abschlussbericht den genauen Tathergang zu schildern und die Motive des Täters zu ermitteln. Doch die Routineuntersuchungen fördern Ungereimtheiten zutage, und plötzlich tauchen Hinweise auf, wonach der Amokläufer nicht alleine war und auch nicht aus eigenem Antrieb gehandelt hat. Gegen alle Widerstände von oben forscht Decker weiter und lernt Jeanette kennen, sehr nett, sehr verführerisch, sehr geheimnisvoll. Und ehe er sich versieht, steckt Decker in einem hochexplosiven Natternnest des Verrats.
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