Eugenie Kain: "Hohe Wasser"
Wendemarken
In sieben kleinen Erzählungen beschreibt
Eugenie Kain Menschen, die an einem Wendepunkt angelangt sind, die sich neu
orientieren wollen, um ihr Leben besser zu meistern. Das Wasser in seinen unterschiedlichen
Ausprägungen liefert die notwendige Symbolik, um Beziehungen,
Stimmungen und Unwägbarkeiten anschaulich zu untermalen.
In
"Der Vermittler" bricht ein Mann aus seinem Alltag als Arbeitsvermittler aus und
kehrt nach Böhmen zurück, um seine ehemalige Freundin Ludmilla zu suchen. Er
reist durch das Land und besucht Orte, die er von früher kennt. Erinnerungen
werden wach, aber auch seine Distanz zu den Menschen des böhmischen Teichlandes.
Seine damalige Freundin findet er nicht und es kommen Zweifel auf, ob er in
diese Gegend passt. Es entsteht der Eindruck, dass seine Unzufriedenheit das
eigentliche Problem ist. Jagt er einem Traum hinterher, der niemals Wirklichkeit
werden kann?
Um die besondere Beziehung eines kleinen Mädchens zu ihrer
Großmutter geht es in "Bärenbauch". Die Großmutter liegt im Sterben und das
Mädchen malt Bilder für sie, in denen sie das Unbekannte auf ihre Weise
verarbeitet. Anschaulich ist ihr letztes Bild, auf dem eine Brücke über einen
nachtblauen Fluss keinen Halt findet.
Ein junge Mutter träumt in
"Unterhillinglah" von einem anderen Leben. Der Ort, in dem sie wohnt, ist ihr
fremd geworden und ihren Beruf, den sie liebt, musste sie wegen ihres Kindes
aufgeben. Sie befindet sich auf dem Absprung. Auf dem Absprung wohin? Sie treibt
- horoskopgeleitet - im Wechsel der Gezeiten und überlässt sich der
Strömung.
Kann eine Reise nach
Irland, in der Erinnerungen an den Beginn einer Beziehung
wach werden, eine Ehe retten? In "Kaventsmann" haben die zwei, um die es geht,
sich auseinander gelebt. Fehlende Resonanz führt zu Missverständnissen und Reibereien.
Auf der Urlaubsreise wird die Frau vom Pech verfolgt. Ihr Ziel erreicht sie
nicht. Während er sich mit wachsender Begeisterung mit der Entstehung von Riesenwellen
beschäftigt, wird sie beim Baden vom Sog der Gezeiten
ins
offene Meer gezogen und entgeht knapp dem Tod durch Ertrinken.
In "Feuerbrand" verreist eine Frau mit ihren Kindern in
die Bretagne. Sie hat sich nach zehn Jahren von ihrem Mann getrennt und versucht
wieder Fuß zu fassen. Die Urlaubsreise dient dazu, Abstand zu gewinnen und sich
neu zu orientieren. Wären da nicht die Kinder, die sich gegen jegliche
Veränderung sträuben.
Eugenie Kain beschreibt Menschen, die von ihrem
Alltag gefangen genommen werden und ihr Schicksal nicht wahrhaben wollen. Sie
befinden sich im Sog der Gezeiten und es wird deutlich, welche
Kraftanstrengungen erforderlich sind, seinen eigenen Weg zu finden. Die
Erzählungen sind anschaulich und leicht verständlich geschrieben.
(Klemens Taplan; 04/2004)
Eugenie Kain: "Hohe Wasser"
Otto Müller Verlag, 2004. 120 Seiten.
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Eugenie Kain wurde am 1. April 1960 in Linz/Oberösterreich
geboren. Sie studierte Germanistik und Theaterwissenschaft
in Wien und war als
Autorin, Kulturjournalistin und Beraterin im Sozialbereich tätig. Zahlreiche
Veröffentlichungen in Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien sowie im Österreichischen
Rundfunk. Sie erhielt 1983 den "Max von der Grün-Literaturpreis", den
"Buch.Preis 2003", anno 2006 den "Staatsförderpreis für
Literatur" und im Jahr 2007 den "Kulturpreis des Landes Oberösterreich
für Literatur". "Flüsterlieder. Erzählung" Noch ein Buchtipp:
Eugenie Kain starb am 8. Jänner 2010 in Linz im Alter von 49 Jahren an den
Folgen einer Krebserkrankung.
Weitere Bücher der Autorin:
"Schneckenkönig. Erzählungen"
Ein Mann bleibt zurück, seine Frau geht auf Forschungsreise. Der Urlaub einer
Familie droht zu kippen, als ein unliebsamer Gast erscheint. Eine Frau verfolgt
den Vogelflug. Ein in sich gekehrter Junge legt seiner Großmutter ein
Schneckenhaus ins Grab. Eine Frau möchte doch einfach nur ein Kabel umtauschen!
Die Geschichte eines Kirschbaums wird zur Geschichte eines Lebens. Ein Paar, ein
romantisches Essen zu zweit: entzweit.
Menschen werfen Fragen auf, scheitern am Nächsten und hüten ihre verborgensten
Geheimnisse. Mystische Tiere philosophieren über das Leben, Musen streiten darüber,
wie eine Geschichte erzählt werden kann.
Eugenie Kain verleiht nicht den Lauten und Schrillen eine Stimme, sondern den
Leisen, kaum Wahrnehmbaren. Denen, die an den Rand gedrängt oder in sich
gefangen sind, denen niemand zuhört. Doch wir hören sie durch die Autorin und
werden wundersam berührt.
Diese neun Geschichten winden sich um das Lebensglück. (Otto Müller Verlag)
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Die Araber wissen, dass der Tod ein schwarzes
Kamel
ist ...
... das niederkniet vor der Haustür, wenn es so weit ist. In den Heimen
sprechen die Alten verstohlen vom Qui Qui, der sie abholen kommt. Wer hatte ihn
mitgenommen? Ein rostiger Donaudampfer? Oder der Rabe, der seit einer Woche vor
dem Fenster hockt?
Ein Mann stirbt unerwartet und ohne Abschied. Eine Frau bleibt zurück mit ihrer
Trauer und Verstörung und findet kein passendes Foto für die Todesanzeige.
Eugenie Kain erzählt die Geschichte einer Nacht, erzählt von den Schatten des
Schmerzes und der Niederlagen. Sie erzählt aber auch vom Licht, das Zuversicht
gibt. Das Licht fängt sich im Schacht einer Höhle, es fällt auf einen
Weinstock im Karst, in eine enge Gasse in Genua, auf einen Küchentisch, durch
ein Mansardenfenster in Linz, auf den Hals einer Gitarre. In Eugenie Kains
Sprachkunst leuchtet das innere Gesicht einer Geschichte auf. (Otto Müller
Verlag)
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Alfred Pittertschatscher (Hrsg.): "Linz.Randgeschichten"
Persönliche literarische Blicke auf die Kulturhauptstadt 2009.
Mit Beiträgen von
Erich
Hackl, Eugenie Kain, Ludwig Laher,
Anna
Mitgutsch, Martin Pollack, Robert Schindel, Margit Schreiner,
Walter
Wippersberg.
Von außen nach innen schauen und dabei Blicke werfen, die sonst nicht möglich
wären: Das tun acht Schriftstellerinnen und Schriftsteller mit Linzer
Hintergrund in dieser Anthologie zur Kulturhauptstadt 2009.
Ludwig Laher spürt der scheinbar unumstößlichen Verehrung des oberösterreichischen
Mundartdichters Franz Stelzhamer nach und versucht mit seinem Blick von außen,
diese auf ein angemessenes Maß zu reduzieren, Erich Hackl begibt sich auf die
Spur einer Linzer Heldin des Widerstands, Anna Mitgutsch und Margit Schreiner
nehmen den Leser mit auf intime Reisen in ihre Vergangenheit, Walter Wippersberg
folgt den Spuren zweier wenig bekannter Linzer Schriftsteller des 20.
Jahrhunderts, und Eugenie Kain betrachtet ihre Stadt aus den Augen einer verträumten
Außenseiterin. Robert Schindel und Martin Pollack sind beide 1944 in Bad Hall
geboren - hat Pollacks leiblicher Vater, Mitglied der Gestapo, Robert Schindels
Mutter verhört? Eine Rekonstruktion.
Alle nähern sich auf ganz persönliche Art dem Thema, immer aber steht der
Blick vom Rand weg ins Zentrum im Mittelpunkt, der Blick, der offenbart, was
sonst zumeist übersehen wird, sei es der richtige Blick auf einen falschen
Helden oder der falsche Blick auf eine richtige Heldin, der Blick von den Rändern
der Stadt in ihr Inneres - oder ins Innere ihrer Bewohner. Denn diese sind, in
Vergangenheit und Gegenwart, der eigentliche Mittelpunkt, sie waren und sind es,
die Linz zu einer Kulturstadt machen. (Picus Verlag)
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