"Arne Jacobsen. Absolut Modern"

Eier, Ameisen und Schwäne

Mit "Absolut modern" erscheint eine reich illustrierte Publikation zur aktuellen Arne Jacobsen-Schau in den Hamburger Deichtorhallen


Der dänische Architekt und Designer Arne Jacobsen (1902-1971) ist vor allem durch seine Möbel-Entwürfe weltberühmt geworden. Seine Sessel "Ei", "Schwan", "Ameise" oder die Modelle der "Serie 7" zählen unbestritten zu den modernen Klassikern und erfreuen sich auch heute noch großer Popularität. Mit über 6 Millionen Exemplaren, die seit dem Beginn der 1950er Jahre hergestellt wurden, ist ihr Erfolg und ihre Verbreitung fast nur mit den Produkten der Firma Thonet zu vergleichen.

Neben Möbeln widmete Jacobsen seine stets an den ästhetischen und technischen Impulsen der Zeit interessierte gestalterische Aufmerksamkeit auch Lampen, Textilien, Bestecken und vielen anderen Einrichtungsdetails, die alle im Dienst der während seiner gesamten Karriere verfolgten Idee von der "Architektur als Gesamtkunstwerk" stehen.

Frühe Bauten wie das temporäre "Haus der Zukunft" (1929), die Siedlung "Bellavista" (1931-34) oder das "Bellevue Theater" in Klampenborg (1934-37) zählen zu den Pionierleistungen der skandinavischen Moderne und begründeten Jacobsens Ruf als Vertreter des Anfang der 1930er Jahre von Philip Johnson und Henry-Russel Hitchcock proklamierten "Internationalen Stils". Trotzdem spielen auch regionale Einflüsse, die traditionelle Handwerkskunst und nicht zuletzt eine ausgeprägte Individualität eine große Rolle in seinem vielseitigen Oeuvre, das Wohnbauten, Rathäuser, Universitätsgebäude und Schulen, Fabriken, Banken, eine Tankstelle und sogar einen Würstelstand umfasst.

Die Deichtorhallen Hamburg widmen Arne Jacobsen von 23. Mai bis 31. August 2003 die in Zusammenarbeit mit dem Louisiana Museum of Modern Art im dänischen Humlebæk organisierte Ausstellung "Absolut modern". In der schmalen, mit zahlreichen Farb- und Schwarzweißabbildungen versehenen Publikation zur Schau befassen sich zwölf Essays mit unterschiedlichen Aspekten seines Schaffens.

So beleuchten etwa Carsten Thau und Kjeld Vindum, die Autoren der 1998 erschienenen Monografie "Arne Jacobsen", sowie der Architekt Michael Sheridan ausführlich Jacobsens Streben nach einem Gesamtkunstwerk bzw. die gelungene Umsetzung dieses Konzepts im Kopenhagener SAS-Hotel (1955-60), von dessen bis zum Knopf an der Vorhangkordel vom perfektionistischen Architekten selbst entworfenen Innenausstattung nach Umbauten und Renovierungen heute leider fast nichts mehr erhalten ist.

Einen Vergleich zwischen Jacobsen und dem Österreicher Josef Frank, einem Pionier des Funktionalismus, zieht Peter Thule Kristensen; mit der Rolle von Jacobsens Möbeln als moderne Design-Ikonen beschäftigt sich die Kunstgeschichtedozentin Anne-Louise Sommer. Mehrere Beiträge würdigen auch unbekanntere Aspekte von Jacobsens Oeuvre, seine Fotografien, Aquarelle und Stoffentwürfe, und zeigen den Architekten als leidenschaftlichen Naturliebhaber und versierten Gartengestalter. Verbindungen zur Architekturszene der Gegenwart versuchen Aufsätze zum Werk von Dominique Perrault, der Schweizer Gigon/Guyer und des japanischen Architektenbüros SANAA zu ziehen.

(sb; 05/2003)


"Arne Jacobsen. Absolut Modern"
Hrsg. Louisiana Museum, Humlebaek, Texte von Christina Capetillo, Kenneth Frampton, 
Christoffer Harlang, Eric Messerschmidt, Juhani Pallasmaa, Ken Rivad, Michael Sheridan, 
Felix Solaguren-Beascoa, Anne-Louise Sommer, Carsten Thau, Kjeld Vindum.
Hatje Cantz, 2003. 96 Seiten, 171 Abbildungen.
ISBN 3-7757-1290-9.
ca. EUR 19,80.
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