Salcia Landmann: "Am Sabbat ging Moishe zum Rebbe"

Tiefsinniges aus jüdischem Humor


"Der Rabbi sagt, ich soll nicht saufen. Der hat gut reden. Ich trinke nur, um meine Sorgen zu ersäufen."
"Und sind sie noch nicht ertrunken?"
"Nein - je mehr ich trinke, desto rascher schwimmen sie immer wieder an die Oberfläche."


Ein Abend im jüdischen Museum in Wien mit Chaim Eisenberg, Doron Rabinovici und Oskar Bronner. Der Saal ist gesteckt voll. Es folgt eine kurze Einführung in die Grundlagen des jüdischen Humors. Dann wird eine Stunde lang ein jüdischer Witz nach dem anderen erzählt.

Der Oberrabbiner der israelitischen Kultusgemeinde in Wien, Chaim Eisenberg, versteht sein Handwerk am besten. Er vermag das Publikum zu Lachstürmen zu reizen. Auch die beiden Autoren verursachen überwiegend Heiterkeit. Jetzt muss der Rezensent gestehen, dass er ein bestimmtes Exemplar Mensch ist. Er ist einer von den Menschen, die sich kaum Witze merken können. So sehr auch über einen Witz gelacht wurde, irgendwann gerät er in Vergessenheit. Somit kann ich auch keinen einzigen der herrlichen Witze nacherzählen, die wunderbar vorgetragen wurden.

Für die Juden ist ein Witz mehr als ein Witz. Ein Witz impliziert in sich eine Strategie, die meist auf Kosten bestimmter Menschen hinausläuft. Die Juden nehmen sich selbst aufs Korn. Sie sind nie bösartig, und kein Witz verläuft unter der Gürtellinie. So wie es immer noch Vorurteile gegen die Juden als Volk und Glaubensgemeinschaft gibt, so gibt es Vorurteile gegen jüdische Witze. Dabei hat der jüdische Witz eine Besonderheit, die leicht vergessen wird. Der mündliche Vortrag des Witzes ist unerlässlich, um so richtig losbrüllen zu können. Wenn irgendein Stammgast in einem Wirtshaus einen unflätigen Witz erzählt, so lachen die Zuhörer am Ende nicht wegen des Witzes, sondern über die Angriffsfläche, auf die der Witz hinprojiziert ist. Die Juden selbst wurden und werden seit Jahrhunderten diskriminiert. Sie sind immer wieder Opfer von verbalen und tätlichen Angriffen. Und dennoch haben sie sich einen Humor bewahrt, der seinesgleichen sucht. Es ist eine jüdische Spezialität, über sich selbst lachen zu können.

Das von Salcia Landmann zusammengestellte Büchlein besteht aus einer Aneinanderreihung von jüdischen Witzen. Es gibt keinen Witz, über den man nicht schmunzeln oder lachen könnte. Die eigentliche Problematik des Büchleins liegt darin, dass es kein Vorwort gibt, welches ein wenig Herkunft und Eigenheiten des jüdischen Humors erklärt. Das ist deswegen schade, weil es eine Grundvoraussetzung wäre, sich intensiver damit auseinander zu setzen.

Auf www.hagalil.com gibt es eine eigene Sektion, die dem jüdischen Witz gilt. Als eine der beteiligten Autorinnen wird Salcia Landmann genannt. Salcia Landmann ist selbst Jüdin, hat zahlreiche Bände von jüdischen Witzen herausgegeben und fungiert auch als Autorin von Büchern mit grundsätzlichen jüdischen Themen. Vielleicht ist die Intention der Herausgeberin ja gerade, dass nach dem Lesen von jüdischen Witzen automatisch der Wunsch im Leser entsteht, sich mit dem jüdischen Witz grundsätzlich auseinanderzusetzen. Oder aber es gilt die Vorgabe, dass Leser von jüdischen Witzen ohnehin grundsätzliches Interesse an jüdischer Kultur, und somit freilich auch dem jüdischen Witz, haben. Ein kleiner Prolog wäre trotzdem nicht verfehlt gewesen. Der Untertitel "Tiefsinniges aus jüdischem Witz" erweckt immerhin die Intention, dass eben nicht nur die Witze für sich selbst sprechen.

(hei; 03/2002)


Salcia Landmann: "Am Sabbat ging Moishe zum Rebbe.
Tiefsinniges aus jüdischem Humor"

Benziger Verlag. 96 Seiten.
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