Ulrike Stark (Hrsg.): "Mauern und Fenster"
Neue Erzählungen aus Indien
Der
Draupadi-Verlag hat es sich zur Aufgabe gemacht, südasiatische
Literatur - besonders die indische - in den deutschsprachigen Raum zu
bringen. In diesem Zusammenhang erschien auch der vierte Band der Reihe
"Moderne indische Literatur", ein 159-seitiges Taschenbuch, in dem elf
Geschichten von zehn verschiedenen indischen Autoren versammelt sind.
Die in diesem Buch zusammen gebrachten Erzählungen sind sehr unterschiedlich.
Eines ist ihnen jedoch allen gemeinsam: eine unwahrscheinliche Melancholie, die
teils
zum Träumen
einlädt, manches Mal Wehmut hervorruft, einige Male aber auch
sehr traurig und nachdenklich macht.
Die ersten Geschichten zeigen hierbei ein besonders offensichtliches
spirituelles Flair, beispielsweise das Unglück, das in
"Mauern" durch die ominöse Ziege der Familie erwartet wird,
der unerklärbare Rauch, den die Protagonistin in "Rauch! Wo
denn?" wahrzunehmen glaubt, der fragwürdige Baum und seine
Vogelfreunde in "Tod eines Baumes" und vor allem Hiralal in der
Geschichte "Der Geist des Hiralal".
Letztgenannte Geschichte entstammt hierbei der Feder von
Uday Prakash,
einem bekannten indischen Autor, wohingegen so manch anderer Autor nie
zuvor in eine andere Sprache übersetzt worden ist.
Gesellschaftliche Kritik lässt sich in den Geschichten
ebenfalls finden, auch wenn sie meist auf leisen Sohlen oder gar in
gewisse Absurditäten verkleidet daher kommt. "Die Investition"
ist eine solche Geschichte, vor allem aber "Der Ringkampf" und "Dein
Bruder, Papa".
Es ist schwierig, die Essenz der einzelnen Geschichten in Worte zu
fassen, aber sie alle haben eine solche. Lassen sie sich auch nicht
ausformulieren, kann man auch nicht unbedingt den Finger darauf legen,
so kann man ihren Geist doch während des Lesens
spüren. So plätschernd die meisten Geschichten
erzählt sind, so banal sie beginnen oder sich gar fortsetzen:
sie alle haben etwas Magisches an sich, das sie allesamt zu etwas ganz
Besonderem macht.
Speziell gelungen ist zudem, dass viele Begriffe nicht
übersetzt wurden, sondern im Rahmen eines
abschließenden Glossars erläutert werden. Die
einzelnen Begriffe behindern das flüssige Lesen nicht, ebenso
wirkt sich das kurze Nachschlagen nicht störend aus.
Wer sich noch nie mit der
indischen
Literatur befassen konnte, der sollte bei dieser Anthologie
unbedingt einen Anfang wagen, denn sie ist wahrlich zauberhaft!
(Tanja Elskamp; 06/2007)
Ulrike
Stark (Hrsg.): "Mauern und Fenster"
Draupadi, 2006. 159 Seiten.
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