Hartmann von Aue: "Iwein"

Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch
Herausgegeben, übersetzt, mit Anmerkungen und einem Nachwort versehen von Dr. Manfred Stange


Schmökern von den alten Rittersleuten

"Ein Ritter, der gebildet war / und in Büchern las / konnte seine Zeit / nicht besser nutzen, / als sie mit Dichten auszufüllen, / was ja wohlgefällig aufgenommen wird. / Seine ganze Energie verwandte er darauf: / der hieß Hartmann / und war einer von Aue. / Der verfasste auch folgende Geschichte." So führt der Autor sich und seinen Stoff im Prolog ein. Die vorliegende Version ist herausgegeben und neu übersetzt, mit einem Nachwort und Anmerkungen versehen von Manfred Stange. Dieser lehrt an der Universität Heidelberg und ist dort auch tätig in der Handschriftenabteilung.

Hartmanns "Iwein" entstand (heftig inspiriert von Chrétien de Troyes) um 1200 und gilt als Urform des deutschen Artusromans. Nachdem Iwein Tatenruhm, Eheglück und Landbesitz erlangt hat, stürzt ihn ein Fristversäumnis gegenüber seiner Gemahlin Laudine (deren Gatten er vorher erschlagen hatte) in eine tiefe Krise, aus der er sich nach Bestehen schwieriger Abenteuer und Hilfeleistungen befreien kann.

Dem Germanisten muss der Inhalt hier nicht referiert werden, den Laien würden zu viele Details in Komprimierung wohl eher verwirren. Soviel sei ergänzt: Iwein muss sich in zwei Handlungszyklen bewähren. Nachdem er die von Laudine gesetzte Frist zur Rückkehr versäumt hatte und in Wahnsinn verfiel, heilt ihn die Wundersalbe einer Fee, und er rettet u.a. einen Löwen vor einem Drachen, worauf der Löwe ihn fürderhin begleitet und zu seinem Erkennungszeichen wird. Schließlich kämpfen mit Iwein und Gawein zwei der größten Artusritter unerkanntermaßen gegeneinander - und nur Artus gelingt es, diesen nichtendenwollenden Kampf durch eine List abzubrechen. Immerhin erlangt Iwein am Ende auch die Verzeihung Laudines (wenn auch nur durch eine List der Dienerin Lunete).

Das mittelhochdeutsche "Original" stammt eigentlich aus altfranzösischen Quellen, die sich wiederum aus anglonormannischen Überlieferungen speisen. Im Grunde ging es um den Kodex der Adeligen, das ehrenvolle Leben der Ritter: Wie erlangt man größten Ruhm vor Gott und den Menschen?! Damit setzte Hartmann eben auch ethische Maßstäbe innerhalb eines idealisierten Rittertums. Iwein ist der Gegentypus zu Erec (Hartmanns erstem Artusepos), welcher mangelnde Aktivität als Fehler hatte. An diesen beiden Antipoden wollte Hartmann offensichtlich demonstrieren, wie das rechte Maß zu finden sei zwischen persönlichen Neigungen und Verpflichtungen des Hofes. Iwein erwirbt sozusagen seine wahre Minne, indem er sich für bedrängtes Recht einsetzt und dadurch auch gesellschaftliches Ansehen erlangt. Und so wünscht Hartmann am Ende quasi auch dem Leser "saelde und êre": "dass Gott uns himmlisches Glück und Ansehen in der Gesellschaft schenken möge."

Die ritterlichen Werte triuwe, güete, êre bringen den Betroffenen im Verhältnis zur Gesellschaft, zu seinem Lehensherrn, zu seiner Dame und schließlich zu Gott auf der saelden straze - quasi auf seinen Heilsweg (dessen allerhöchste Vollendung ja bekanntlich Parzival mit seiner Beförderung zum Gralshüter gelang). Hartmanns "Iwein"-Version ist in 15 Handschriften und 17 Fragmenten überliefert. Die vorliegende Ausgabe folgt der Handschrift A von der Mitte des 13. Jahrhunderts aus der Heidelberger Universitätsbibliothek sowie der Ausgabe von Benecke/Lachmann/Wolff von 1926. Dieses Buch ist weniger als Studienausgabe, vielmehr für den interessierten Laien gedacht - wobei die parallel laufende Prosaübersetzung durchaus dazu verführen soll, auch ins mittelhochdeutsche Original zu schauen. Der unvoreingenommene und etwas sprachflexible Leser wird staunen, welche Schönheit das Mittelhochdeutsche auszeichnete - so dass man sich im heutigen Reform- und Anglizismenkuddelmuddel fast wieder in diese Sprachperiode zurückwünschen möchte. Und noch eins: Diese sensibel modernisierte Fassung ist flüssig zu lesen - und das zu einem sensationellen Preis!

(KS; 04/2006)


Hartmann von Aue: "Iwein"
Marixverlag, 2006. 510 Seiten.
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Hartmann von Aue: "Der arme Heinrich"

Hartmann von Aue - er wurde um 1160 geboren - wird als der erste große Dichter der hochhöfischen Zeit gepriesen. Seine Verserzählung "Der arme Heinrich", dessen Stoff in Gerhart Hauptmanns gleichnamigem Drama weiterlebt, ist die Geschichte eines lebensfrohen Ritters, der vom Aussatz befallen wird; nur der freiwillige Opfertod eines unschuldigen Mädchens kann ihn heilen; die Tochter eines Bauern ist dazu bereit. Die Einsicht des Ritters, dass es töricht sei, sich dem entziehen zu wollen, was über ihn verhängt ist, rettet dem Mädchen das Leben und verschafft dem Ritter Heilung durch göttliche Gnade.
Die vorliegende Ausgabe bietet einen mittelhochdeutschen Originaltext, der wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht wird, und - parallel dazu gesetzt - eine neuhochdeutsche Übertragung, die auch für sich lesbar ist. Anmerkungen und ein umfangreicher Anhang führen ins Mittelhochdeutsche, in Hartmanns Leben und Werk und in die unterschiedlichen Interpretationstheorien zum "Armen Heinrich" ein. (Fischer)
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"Der arme Heinrich"
Zweisprachige Ausgabe - mittelhochdeutscher Text und moderne Nachdichtung
Hartmann von Aues "Der arme Heinrich", ein Basistext der deutschen Literatur, handelt von nichts Geringerem als der Verantwortung gegenüber dem Leben und den Umgang mit dem Tod. Rainer Malkowski, der hochangesehene Lyriker, hat dem mittelhochdeutschen Versepos Seite für Seite einen modernen Text gegenübergestellt, der möglichst viel vom Original erkennbar macht und zugleich den Text entschlüsselt. (Hanser)
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Hartmann von Aue: "Erec"
Mit dem "Erec" - entstanden zwischen 1180 und 1190 - eröffnet Hartmann von Aue die Tradition des höfischen Artusromans in der deutschen Literatur. Er leistet damit für den deutschen Sprachraum, was zuvor Chrétien de Troyes (u. a. mit "Érec et Énide") für Frankreich leistete.
Die historische Artusgestalt - ein kymrischer Stammeshäuptling um 500 n. Chr. - ist hier zur Verkörperung eines Systems von Idealvorstellungen geworden, die sich am ehesten als Synthese weltlich-kämpferischer Tugenden, geistlicher Normen und ästhetischer Ansprüche beschreiben lassen und in dem Begriff "ritterlich" zusammenlaufen. Ritter Erec hat durch sein "verligen" bei Enite, die er im Turnierkampf gewonnen hat, seinen Aufenthalt am Artushof verwirkt. In einer Reihe von Bewährungsproben, den "aventiuren", büßt der Ritter seine Verfehlung ab, bis er sich wieder als der Artusrunde würdig erweist.
Die vorliegende Ausgabe stützt sich auf die von Albert Leitzmann erarbeitete Edition (Halle 1939). Die Übersetzung des Berliner Germanisten Thomas Cramer folgt dem Gebot möglichst großer Zeilentreue und will das Original nicht ersetzen, sondern erschließen. Das Nachwort gibt Aufschluss über die literarhistorische Rezeption und Interpretation des "Erec". (Fischer)
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Volker Mertens: "Der deutsche Artusroman"
Von den frühen lateinischen Geschichtschroniken bis zu den riesigen Erzählwerken des ausgehenden 13. Jahrhunderts zeichnet Volker Mertens detailliert und anschaulich die Entstehung und Entwicklung der Figur Artus' als eines idealen höfischen Herrschers nach. Er markiert die einzelnen Schritte dieses Prozesses, fragt nach den politischen Hintergründen und zeigt die literarischen Implikationen jener merkwürdigen Verklärung, in deren Verlauf ein historisch unbedeutender bretonischer Heerführer zum Kristallisationspunkt einer literarischen Gattung wurde und einer ganzen Kulturepoche seinen Stempel aufdrückte. (Reclam)
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