Dr. Felicia Rehage & Eiko Weigand: "Lassie, Rex & Co."

Der Schlüssel zur erfolgreichen Hundeerziehung


Neueste Forschungsergebnisse folgen der Annahme, dass der Hund und der im anthropologischen Sinne moderne Mensch (homo sapiens sapiens) auf co-evolutionäre Weise entstanden sind, und schließen daraus, dass der Mensch mehr Hund ist, als man bisher vermutet hätte. Ja, wäre der moderne Mensch ohne die gelungene Domestizierung des Wolfes zum Hauswolf und später zum Hund überhaupt jemals das geworden, was er heute ist? Nämlich zum erfolgreichsten Lebewesen der Naturgeschichte.
Selbst noch diese Frage scheint legitim, denn, betrachtet man die frappierenden Ähnlichkeiten in den Verhaltensmustern von Hund und Mensch, so deutet dies auf co-evolutionäre wechselseitige Prägungsprozesse hin. Dass es überhaupt zu dieser einzigartigen Annäherung zwischen Wolf und Homo sapiens sapiens kommen konnte, erklärt der Hunde- und Wolfsforscher Erik Zimen in seinem Standardwerk "Der Hund" dahingehend, dass Wölfe soziale Wesen sind, dem Menschen ähnlich in ihrer Bindung an kleine Gruppen. Vermutlich war es das verwandte Verhaltensrepertoire, das überhaupt erst die Domestikation des Wolfes ermöglicht hat. Und vielleicht fing es damit an, dass einer Frau ihr kleines Kind starb und sie aus unerfülltem Verlangen nach Fürsorge und Pflege für ein kleines Lebewesen einige verwaiste Wolfswelpen an die Brust nahm. Dies mag die Geburtsstunde des Hundes gewesen sein.

Was den Hund zum idealen Gefährten des Menschen macht, ist in seiner Doppelidentität begründet. Doppelidentität meint, dass er sich selbst sowohl als Hund als auch als Mensch empfindet. Er hat ein auf den Menschen bezogenes gefälliges Wesen, und weil er dem Menschen gefallen will, ist er erziehbar. Und jeder Mensch, der jemals eines Hundes Herrschaft war, wird wissen, dass Erziehung bzw. richtige Sozialisation jedenfalls Not tut und Voraussetzung für ein freudvolles Miteinander von Hund und Mensch ist.

Die Tierärztin Dr. Felicia Rehage hat dazu ein wunderbares Buch geschrieben, mit gleichermaßen humorvollen wie gelehrigen Illustrationen gezeichnet von Eiko Weigand. Darin wird alles abgehandelt, was für ein gelungenes Zusammenleben von Hundemensch und Menschenhund so von Bedeutung sein kann, beginnend bei ernsthaften Überlegungen zur Anschaffung, über Prägung und Sozialisation, sprachliche Verständigung, Fütterung, Rangzuordnung, Leinenführigkeit, bis zum vergnüglichen gemeinsamen "mit den Wölfen Heulen". Es finden sich einfach eine Fülle von interessanten und zweckdienlichen Tipps, die man idealer Weise gelesen haben sollte, noch bevor man sich einen Hund angeschafft hat und die auch für nur am tierischen Verhalten interessierte Leser eine lohnenswerte Lektüre darstellen.

Jede Hundehaltung sollte, noch vor Anschaffung, mit einer kritischen Prüfung des Tierwunsches beginnen. Denn man stelle sich vor, in den nächsten zwölf bis fünfzehn Jahren täglich mindestens dreimal spazierengehen zu müssen. Auch wenn es stürmt. Auch wenn es wie aus Eimern schüttet. Und in allen Ecken und auf allen Polstern liegen Hundehaare. Der Hundehalter muss ruhig Blut bewahren, wenn sein Tier einmal rangelt und darf weder Müh noch Kosten scheuen, wenn sein Tier erkrankt. "Stellen Sie sich vor, dass Sie Ihr letztes bisschen Freizeit Ihrem neuen Mitbewohner und seiner Erziehung widmen müssen, um Flausen in seinem Kopf vorzubeugen und seine kleine Hundeseele gesund zu erhalten ...", gibt die Autorin zu bedenken. Ist man dazu ernsthaft bereit und fähig, so steht dem wunderbaren Zusammenleben mit einem Hund nichts mehr im Wege. Das Erziehungswerk kann sodann beginnen, denn zuallererst ist jede Herrschaft auch Hundepädagoge.

Die sozialisierende Erziehungsarbeit beginnt mit 73 mal Gassi gehen am Tag, weil die kleine Welpe natürlich nicht stubenrein ist und auch Junghunde aus Zwingerhaltung noch nicht an wohnliche Sauberkeitsansprüche gewöhnt sind. Sodann muss die Herrschaft sich mit wölfischen Verhaltensregeln vertraut machen, denn so herzig der kleine Freund auch immer sein mag, so ist er doch von archaischen Verhaltensmustern gesteuert, die als angeborenes Verhaltensrepertoire nicht veränderbar sind. So begreift der Hund die Familie als sein Rudel. Und jedes Rudel hat eine hierarchische Struktur mit einem Leitwolf an der Spitze; Symbole der Alpha-Stellung sind zu beachten. Vernachlässigt man das Ritual der Rangzuweisung, kann man sich gerade mit dominant veranlagten Rüden entsprechende Schwierigkeiten einhandeln, denn: "Einer muss ja schließlich ..." Wie auch immer. Der Mensch muss den Hund verstehen und nicht der Hund den Menschen. Dazu reicht es nicht, über wölfisches Verhalten in der Theorie Bescheid zu wissen, meint die Autorin, sondern die Herrschaft muss das Gewusste auch direkt auf ihre häusliche Situation "übersetzen". Gerade die genetisch determinierten Verhaltensweisen sind es, die den Hund so herrlich geradlinig, so konsequent, letztlich so kalkulierbar machen.
Vorausgesetzt der Mensch lernt zu verstehen, in welcher Situation der Hund warum wie reagieren wird. Die Erziehung eines, wenn auch noch so kooperativen, Tieres ist gewiss keine einfache Sache, und so mancher Fehler lauert im Detail.
Der mit viel Herz und Verständnis ausgezeichnete Ratgeber "Lassie, Rex & Co." kann dabei eine hilfreiche Stütze sein und ist überdies so herrlich geschrieben, dass es jedermann (gleich ob mit oder ohne Hund) ein Vergnügen sein muss, dieses unterhaltsame Buch zu lesen.

(Harald)


Dr. Felicia Rehage & Eiko Weigand: "Lassie, Rex & Co. Der Schlüssel zur erfolgreichen Hundeerziehung"
Kynos Verlag.
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