Johannes Huber, Alfred Worm: "Länger leben, später altern."
"Das
Abendessen überlass'
Deinen Feinden!"
(altes chinesisches Sprichwort)
Der Klassiker unter den medizinischen Lebensratgebern.
Die Behauptung, es handle sich bei "Länger leben, später altern" schlechthin um das klassische Standardwerk im Literaturbestand medizinischer Lebensratgeber, ist gewiss nicht übertrieben. Immerhin befindet sich mittlerweile bereits die dritte Auflage am Markt und wer nun einwendet, ein bloßer Markterfolg besage doch allemal mehr über geschicktes Marketing, denn über die Qualität des Informationsgehalts, der möge nun wirklich dieses Buch mit Literatur des selben Genres vergleichen. Man wird den Eindruck einfach nicht los, dass alles, was danach kam, doch nur eine Kopie des einen großen Vorbildes ist. Ein Vorbild, das bei allem Bemühen doch unerreichbar bleiben muss, zumal einen auch immer wieder der Verdacht beschleicht, dass mit "Länger leben, später altern" alles Wesentliche schon gesagt wurde, und seither nur noch in einem fort, unter variierenden Verpackungen freilich, wiederholt wird, was längst schon zur Genüge besprochen wurde. Und - dies muss auch gesagt werden - keine der Kopien gereicht an das Original auch nur annäherungsweise heran.
Wissende verlängern ihr Leben.
"Länger leben, später altern" richtet sich an eine gesundheitsbewusste Leserschaft, der es nicht allein um ein Erstrecken ihrer Lebensspanne geht, sondern insbesondere um ein erfülltes Leben, dessen wichtigste Voraussetzung nun einmal Gesundheit ist. Wissende verlängern nicht nur ihr Leben, sie werden es auch eher zu genießen verstehen. Wobei es jedoch eine Reihe von Fehlern zu vermeiden gilt, die teils üblicherweise sogar mit bewundernswertem Streben nach strahlender Gesundheit verwechselt werden. So versucht so mancher Zeitgenosse die Erlangung körperlicher Fitness mit attraktiver Hautbräunung zeitgleich zu kombinieren, indem er unter glühender Sonne sein Laufpensum abspult. In der Tat ist dieser Sports- und Sonnenfreund ein Unwissender, der sich grob fahrlässig in Gefahr begibt sein Leben zu verkürzen. Oder zumindest doch seinen Körper nachhaltig zu schänden. Warum? Sportliche Anstrengung bei gleichzeitiger Sonnenbestrahlung hat zur Folge, dass ein Heer von "freien Radikalen" den Organismus überschwemmt und schwere Schäden an den Organen anrichtet. - Der beste Zeitpunkt für ein wenig Trabkultur ist übrigens der frühe Abend, denn solcherart verbraucht der Körper jenen überschüssigen Blutzucker, welcher die nächtlichen Regenerationsprozesse behindern könnte. Ein flotter abendlicher Spaziergang mit dem Hund bringt es übrigens genauso und schont zudem die Gelenke.
Freie Radikale: Schöpfer und Feinde allen Lebens.
Womit wir auch schon bei einem der Schwerpunkte des Buches angelangt sind: Der Alterung durch "freie Radikale" (oxydativer Stress). Dass es auf Erden überhaupt Leben gibt und dass sich Leben erhält, haben wir den so genannten "freien Radikalen" zu verdanken, Geschöpfe der Sauerstoffverbrennung, die als instabile chemische Moleküle, welche ein ungepaartes Elektron besitzen, zu verstehen sind, ohne die es keine organische Bewegung gäbe. Sie sind ebenso Voraussetzung für alles Leben, wie auch - ob ihrer aggressiven Eigenschaften - Feinde allen Lebens. Ein gesunder Leib weiß die Attacken der, regellos durch den Organismus strömenden, "freien Radikalen" jedoch abzublocken, und der Wissende kann ihm dabei behilflich sein, etwa indem er mit maßvoller sportlicher Betätigung die körpereigenen Schutzsysteme stärkt, Alkohol und Nikotin - pure Radikalenerreger - peinlichst meidet und stattdessen über die Nahrungsaufnahme schützende Substanzen in sich aufnimmt. (Grüner Tee, Äpfel, Olivenöl, empfehlen sich hierzu besonders. Hingegen in tierischen Fetten das Verderben lauert.)
Dinner Cancelling: Der Königsweg zu "immerwährender" Jugendlichkeit.
Kardinal DDr. Franz König,
Wiener Alterzbischof, geboren am 3. August 1905 als "Bauernbub" im niederösterreichischen
Warth bei Rabenstein, ist für viele Wiener nicht nur eine Erinnerung an Zeiten
weltoffenerer Kirchenpolitik, sondern, für Eingeweihte, ebenso die leibhaftige
Fleischwerdung einer Konzeption des Dinner-Cancelling, welche auch als nächtliche
Nahrungskarenz bezeichnet werden kann. Wie beeindruckt der alte Herr im Priestergewand
durch seine geistige Vitalität, die so manchen Jüngeren zu beschämen geeignet
ist, und fasziniert durch seine ungebrochene leibliche Rüstigkeit. Das Geheimnis
seiner sich nicht verflüchtigen wollenden Lebenskraft ist spätestens seit Erscheinen
von "Länger leben, später altern" kein wirkliches Geheimnis mehr. Kardinal DDr.
Franz König unterwirft sich seit seinem fünfzigsten Lebensjahr der strengen
Disziplin abendlicher Nahrungskarenz, was bedeutet, dass er tagein tagaus letztmals
gegen 16 Uhr Nahrung zu sich nimmt. Gegen Abend zu gestattet er sich als Dinner
noch einen gerösteten Apfel mit ein wenig
Honig, da allzu niedrige Blutzuckerwerte
den Schlaf beeinträchtigen würden. Sodann schläft der Herr Kardinal zur rechten
Zeit und, der mit keiner Verdauungsarbeit belastete, Organismus kann alle Konzentration
auf seine Erneuerung und Reparatur verwenden. Wachstumshormone, die während
des Tages und während der Wachphasen nur in geringen Mengen ausgeschüttet werden,
durchströmen zur Mitternacht den in Tiefschlaf versunkenen Körper, um ein heilsames
Werk an ihm darzubringen.
Keine Frage, dass auch Dinner Cancelling (gewiss
keine bequeme Empfehlung) und die faszinierende Welt der Hormone im Zentrum der
Betrachtungen dieses Buches stehen.
In diesem, aber nicht nur in diesem, Zusammenhang,
werden eine Vielzahl von Fragen gestellt und sodann kompetenten Antworten zugeführt.
Wie begünstige ich beispielsweise die Ausschüttung der so essenziellen Wachstumshormone
auf natürliche Weise, durch meine Lebensführung und über die Aufnahme bestimmter
Nahrungsmittel? Eine im Grunde lebenswichtige Frage, die sodann auch mit gehörigem
Ernst umfassend abgehandelt wird. Diese Wachstumshormone entquellen gewissermaßen
einem inneren Jungbrunnen, der nur nachts richtig sprudelt und den es zu animieren
gilt, weil er sich auch animieren lässt.
Der Mensch ist nicht nur Leib; er ist auch Seele.
Univ.-Prof. DDr. Johannes C. Huber ist nicht nur Schulmediziner (Frauenheilkunde) und ein Freund chinesischer Heilkultur ("Die Menschheit sollte vieles tun, nur eines nicht: über die chinesische Medizin lachen."), sondern auch studierter Theologe, weshalb man ihn zuletzt wegen seiner umfassenden Kompetenzen zum Leiter einer, von der österreichischen Bundesregierung erst kürzlich eingesetzten, Ethikkommission ernannte, die in Fragen der Bioethik Empfehlungen zur weiteren legistischen Vorgangsweise betreffend der umstrittenen Gentechnik zu erarbeiten hat. Gesundheit ist immer nur als ganzheitliche Gesundheit denkbar, weshalb das gemeinsame Buch von Johannes Huber und Alfred Worm auch mit Gedanken über das Leben beschließt. Auf den letzten Seiten findet sich schließlich dann auch noch eine Meditationsübung, ein Zwiegespräch zwischen Seele und Körper, da ein gesunder Geist ebenso der Hygiene bedarf, wie ein gesunder Körper. Und haben denn nicht viele Krankheiten im Kopf ihren Ausgangsort? Sind es nicht oft innere Verkrampfungen, die zuerst die Seele und dann den Leib verwüsten? Eine Meditation - als Buchabschluss und Neubeginn fürs Leben, die in ihrem Schlusswort des Eros gedenkt (jener Antrieb, der nach Platon den Menschen immer wieder in die Region des wahren Seins und des Guten führt), als bestes Rezept zum Längerleben. "Leben Sie - und genießen Sie das Glück", ist die ultimative Schlussempfehlung eines Ratgebers, der sich wohltuend von der üblichen, oft mehr geschwätzigen denn inhaltsträchtigen Ratgeberliteratur abhebt.
(Harald Schulz; 11/2002)
Johannes Huber, Alfred Worm: "Länger leben, später altern"
Maudrich,
2000. 3. Auflage. 356 Seiten.
ISBN 3-85175-747-5.
ca. EUR 33,40.
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