Nick Hornby: "How to be good"
Die Ärztin Katie hat alles, was sie sich wünschen kann: einen tollen Job, gesunde Kinder und einen erfolgreichen Mann. Super - auf den ersten Blick. Beim zweiten sieht's schon etwas anders aus. Und beim dritten stellt sie sich unweigerlich die Frage: Warum gibt es eigentlich für alles Gebrauchsanweisungen, nur nicht für das Leben?
Wenn ein Mann einen Roman aus der Perspektive
einer Frau erzählt, dann stellt sich immer die Frage, ob er das überhaupt kann.
In diesem Roman scheint ihm dies ziemlich gut zu gelingen, soweit ich als Mann
das beurteilen kann. Katie Carr ist eine Ärztin und ein selbsterklärter Gutmensch,
die nach etlichen Jahren der
Ehe nun endlich die Scheidung von ihrem zynischen
Mann sucht. Sie hat bereits ihre erste Affäre und als sie ihrem Mann ihren Scheidungswunsch
mitteilt, reagiert der so, als ob er ihre Absicht nicht ernst nehmen würde.
Und sie ist zunächst sehr verunsichert, denn die Betrügerin und die Ehebeenderin
zu sein passt nicht in ihr Selbstbild.
Während sie noch überlegt, wie sie ihren verheirateten Status vernünftig beenden
kann, hat ihr Mann ein Problem mit seinem Rücken, und da ihm bisher niemand
helfen konnte, begibt er sich zu einer Art Wunderheiler namens DJ GoodNews.
Dieser heilt zunächst mit einer Art Handauflegen seinen Rücken
und dann in einem zweitägigen Gespräch auch einen Teil seiner Seele. Danach
kommt ein sehr veränderter Mann zu Katie zurück, der seinen Zynismus arg zurück
schraubt, mit seiner Frau ins Theater geht, allgemein mit dem Fluchen aufhört,
verständnisvoll ist und Geld an Bettler gibt. Als er einen Computer seiner Kinder
an ein Waisenhaus spendet, kommt es zu ersten Disharmonien in der Familie, die
sich noch verstärken, nachdem DJ GoodNews das Ekzem der Tochter der Familie
Carr heilt und diese danach nur noch von ihm schwärmt. Wenig später taucht Katies
Liebhaber im Haus auf und versucht sie ganz für sich zu gewinnen. In dem sich
entwickelnden Gespräch kommt Katie allerdings ihr Mann plötzlich viel attraktiver
vor und gemeinsam vertreiben sie den Mann aus dem Haus. Voller Schuldgefühle
verspricht Katie danach ihrem Mann ihm einen Wunsch zu erfüllen. Dessen
Wunsch
ist es, den plötzlich wohnungslosen DJ GoodNews für einige Zeit im Haus unterzubringen,
sehr zur Freude ihrer Tochter Molly und zum Entsetzen ihres Sohnes Tom. GoodNews'
Anwesenheit im Haus der Carr bringt weitere Veränderungen mit sich, wobei Tom
immer aggressiver wird und Molly eine geradezu unerträgliche Heiligkeit an den
Tag legt. Der Versuch immer besser zu werden greift von der Familie Carr auf
die Nachbarschaft über und schließlich auch auf die
Obdachlosenpopulation
vor Ort, während Katies Denken von immer mehr bösartigen Gedanken erfüllt wird,
die ihr zunehmend logischer und auch wohlwollender erscheinen. Sie fragt sich,
wie gut ein Mensch eigentlich sein muss um überhaupt als gut zu gelten und wann
er sagen darf, dass es nun genug ist und er wieder etwas eigensüchtiger sein
darf.
Stellenweise erscheint die Hauptfigur
sehr ichbezogen, was innerhalb des Romans aber eine gewisse grundlegende Logik
hat. Einige Fragestellungen und Überlegungen werden dem Leser sicherlich
verwerflich erscheinen, bis er sich eingesteht, dass er - bei aller Güte -
durchaus auch einmal solche Gedanken gehabt hat. Denn es ist überaus menschlich,
nicht in jeder Sekunde seines Lebens hundertprozentig sozial engagiert und
bewusst zu handeln. Gut sein ist schwierig und mit einer Art Heiligen zusammen
zu leben ist unheimlich schwierig. Um Güte oder Pazifismus zu verbreiten, muss
man eine gewisse Vermarktungsaggressivität mit ins Spiel bringen, die
diejenigen, die einem am nächsten sind, auf eine harte Probe stellt und das
Zusammenleben sicher nicht einfach macht.
Insgesamt ein amüsantes
und auch sehr philosophisches Buch, das allerdings an einigen Stellen ein
bisschen zu oft auf den immer gleichen Überlegungen herum reitet.
(K.-G. Beck; 08/2002)
Nick Hornby: "How to be good"
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