Ernst Hofbauer: "Unsere Klestils"


Gleich vorweg und allen Unkenrufen zum Trotz: es wird in "Unsere Klestils" keinerlei Schmutzwäsche gewaschen, keine degoutanten Details etwa aus Frau Margots Vorleben preisgegeben. Ernst Hofbauers Buch erzählt dennoch von Ungutem: von Intrigen, Interventionen, Eitelkeiten, zerstörten Berufslaufbahnen vorzugsweise kleiner Beamten durch allzu willfährige, rückgratlose Beamte in vorzugsweise höheren Dienstklassen. Nichts Haarsträubendes, kein Über-Leichen-Gehen (bloß über Karrieren), jedoch Unerfreuliches. Entworfen wird ein unsympathisches, ja geradezu widerwärtiges, jedoch leider nicht unplausibles Bild des Ehepaares Klestil. Die Zukunft des Buches ist demnach ungewiss, da abzuwarten bleibt, ob Präsident Klestil den Klageweg beschreiten wird. Grund dafür besteht genug, zumal das vor allem Margot K. vorgeworfene Verhalten mitunter strafrechtliche Relevanz besitzen dürfte (vgl Seite 110):

Unberechtigt sind die Vorwürfe gegen dieses Buch von pseudolinker Seite. Warum das ganze Theater? Nur weil 's einmal ein Hätschelkind trifft? Ein Hätschelkind, welches überdies ziemlich unverdient in diesen Status gekommen ist. Thomas Klestil steht jeglichem linken Gedankengut völlig fern, wenn er auch in jüngster Zeit in öden Neujahrs- und ähnlichen anlassbezogenen Ansprachen mit unsäglich hohlen Phrasen eine Annäherung an diese Seite versucht. Vielmehr ist zu konstatieren, dass er der linken Sache geschadet hat: Das gemäß internationaler Pressemeldungen und Politikeraussagen offensichtliche Unrecht, das er im Zusammenhang mit den sogenannten EU-Sanktionen gesetzt hat (wird natürlich in diesem Buch - zum zweiten Mal - ausgeschlachtet), verhalf der derzeitigen österreichischen Bundesregierung zu unverdienter Sympathie und Solidarisierung, wodurch sie ihre wirtschaftsliberalen Reformen leichter und relativ unbemerkt durchsetzen, bzw die SPÖ ihre ohnedies halbherzigen Proteste (verfolgt sie doch auch seit über einem Jahrzehnt imgrunde dieselbe Politik) auf ein Minimum reduzieren konnte. Diese Überlegungen stehen selbstverständlich NICHT in Hofbauers Buch, zumal der konservative Autor mit der jetzigen Regierung - leider auch in diesem Buch - unverhohlen sympathisiert.

Davon abgesehen: Das Buch ist weit besser und seriöser als sein durch gewisse Zeitgeistmedien verbreiteter Ruf und als durchaus lesenswert zu bezeichnen. Alles in allem jedoch: kein Grund zur Aufregung. Unser Mitgefühl für die hierin nicht allzugut weggekommenen "unsere Klestils" können wir uns allemal für geeignetere Anlässe aufsparen. Die Geringfügigkeit des beschriebenen Gegenstandes (österreichische Diplomatie, Innen- und Außenpolitik besitzen nunmal keine allzuweit über den Selbstzweck hinausgehende Relevanz) kann dem Buch natürlich nicht zum Vorwurf gemacht werden, wobei dem Autor auch diesbezüglich jegliches Geschick nicht abgesprochen werden kann: Die ewigen eingesprengten bis zur Antike reichenden historischen Verweise, nicht nur von der Bildung des Autors Zeugnis ablegend, sondern auch unterhaltsam und informativ, unterstreichen - und ironisieren in weiterer Folge - in augenzwinkernder Manier die weitgehende Bedeutungslosigkeit des Beschriebenen, wie überhaupt der Stil des Buches zu loben ist. Hofbauer ist ein guter Beobachter und treffsicherer Formulierer; man beachte bloß die knappe, kurz und bündige Beschreibung des Auftretens "unseres Herrn Bundespräsidenten" auf Seite 237, die über auffällige Einzelheiten wie etwa das ewig emporgereckte Kinn hinaus auch durchaus in der Lage ist, tiefere Einblicke zu gewähren.

(Franz Lechner; 04/2002)


Ernst Hofbauer: "Unsere Klestils"
Ibera Verlag, 2002.
ISBN 3-8505-2132-X.
ca. EUR 25,-.
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