Rainer Karlsch: "Hitlers Bombe"
Die geheime Geschichte der deutschen Kernwaffenversuche
"Hitlers Bombe"
ist eines jener Bücher, die schon für Aufregung sorgen, ohne dass sie erst
gelesen wurden. Die beiden durch den Genitiv sinnverbundenen Titelbegriffe
bewirken Neugierde, Unbehagen und Aufschrei gleichsam. Etliche Journalisten
haben sich darangemacht, Autor Rainer Karlsch gleich vorab eine unsaubere
Beweisführung vorzuwerfen bzw. auf Effekthascherei auszusein. Wobei aber
angenommen werden darf, dass diese Analyse vielerorts auf selektivem Querlesen
beruht. Karlsch liefert im Detail sehr wohl ein in sich stimmiges Theoriegebäude.
Warum dann die Voreingenommenheit? Vielleicht liegt es daran, dass das Buch
nicht nur gegen die allgemein herrschende Lehrmeinung verstößt, wer als
Erfinder der Nuklearwaffen zu gelten hat und wer nicht, sondern die Materie im
Hinterkopf auch Beklemmung bereitet. Was, wenn Karlsch recht behielte, und
Hitler die Bombe zum Einsatz hätte bringen können? Welche Opferzahl hätte
eine solche Waffe in den Händen eines verblendeten Diktators gefordert? In den
vielen Rezensionen über das Buch kommt zutage: Es darf nicht sein, was nicht
sein darf!
Himmlers Wunderwaffe: Propaganda?
In welchem Mischverhältnis Fakt zu Fiktion soll "Hitlers Bombe"
unvoreingenommen betrachtet werden? Gibt es fundierte Quellen, Zeitzeugen, öffentliche
Äußerungen? Lassen wir dazu einen zu Wort kommen, der über ein mögliches
Nazi-Nuklearprogramm mit hoher Wahrscheinlichkeit Bescheid gewusst haben müsste,
den Reichsführer SS,
Heinrich Himmler. März 1945, also kurz vor der bereits
unvermeidbaren Niederlage Deutschlands, sagte er: "Wir haben unsere
letzte Wunderwaffe noch nicht zum Einsatz gebracht. Die V1 und V2 [Anm.
Raketentypen] sind zwar effektive Waffen, aber unsere entscheidende
Wunderwaffe wird Wirkungen zeitigen, wie sie sich niemand vorstellen kann. Ein
oder zwei Schüsse und Städte wie New York oder London werden vom Erdboden
verschwinden.". Aus Hitlers engster Umgebung stammt eine Reihe ganz ähnlicher
Äußerungen. Bloße Durchhalteparolen für die Bevölkerung? Imaginäre
Strohhalme, an die ein zum Untergang geweihtes Regime sich klammert?
Verzweifelte Einschüchterungsversuche gegenüber einem wirtschaftlich wie
zahlenmäßig übermächtigen Feind? Laut Rainer Karlsch betrachtet die
zeitgeschichtliche Forschung das Thema "Nazi-Atombombe" - sofern sie
überhaupt darauf eingeht - als "Propaganda oder Wunschdenken, fern
jeder Realität". Er selbst wollte
es dafür umso genauer wissen und begab sich in Archive, vor Ort zum
Lokalaugenschein ehemaliger forschungstechnischer oder militärischer
Einrichtungen des Dritten Reiches bzw. tauchte tief in die Geschichte der
Kernphysik ein.
Deutsche Nuklearwaffenforschung
Lange Zeit galt das Atom als kleinste elementare Einheit, als unspaltbar,
bis Otto Hahn im Januar 1939 mit der Veröffentlichung seiner Versuchsergebnisse
das Gegenteil bewies. "Aber die wichtige Frage, ob Neutronen bei diesem
Prozess freigesetzt werden, hatte Hahn übersehen" (Karlsch). Dieser
Aufgabe widmete sich der französische Physiker Jean Frédéric Joliot-Curie. In
einem Artikel in "Nature" vom 22. April 1939 bestätigte er die
bei der Kernspaltung auftretende Freisetzung von Neutronen, er sprach von der so
genannten "Kettenreaktion". Nicht nur ein wissenschaftlicher Wettlauf
entstand, natürlich auch ein militärischer, denn die bei Atomspaltungen
freigesetzte ungeheure Energiemenge konnte waffentechnisch genutzt enorme
Vorteile bringen. Schon am 24. April d. J. wies Professor Paul Harteck von der
Universität Hamburg das Kriegsministerium darauf hin, dass die Entwicklung von
Kernsprengstoffen möglich sei: "Das Land, das als erstes Gebrauch
macht, besitzt den anderen gegenüber eine nicht einzuholende Überlegenheit."
Nur fünf Tage später riefen namhafte deutsche Physiker den "Uranverein"
ins Leben, der administratorisch dem Reichserziehungsministerium unterstand.
Beim Heereswaffenamt (HWA) bildete sich ebenfalls eine Forschungsstelle. Auch
bei der Marine (MWA) und sogar bei der Reichspost (!) entstanden
Nuklearinstitute. Fazit Karlsch: "Anders als später in den USA und der
Sowjetunion entstand in Deutschland kein geschlossener Atomforschungskomplex.
Die Arbeiten am Uranprojekt wurden anfangs von etwa einhundert Wissenschaftern
an neunzehn verschiedenen Instituten durchgeführt. Die Distanzen erschwerten
den Austausch und verlangsamten die Arbeiten am Projekt." Außerdem -
so der Autor von "Hitlers Bombe": "Dem Uranverein
fehlte es an politischer Unterstützung", im Gegensatz etwa zu den
Raketenbauern um Wernher von Braun, die geschickt die richtigen Hebel der Macht
zu bedienen wussten.
Hitler selbst hat sich nur selten zur Physik geäußert.
"Seine Verachtung für eine Wissenschaft, die gerade in Deutschland von Juden
maßgeblich geprägt wurde, war bekannt", meint Karlsch - und weiter: "Hitler
schöpfte sein Wissen über die Kernspaltung eher aus utopischen Romanen als aus
Expertenberichten. Seine Vorstellung von der Wirkung einer atomaren Explosion
verdankte er sehr wahrscheinlich den Schriftstellern Hans Dominik und Gustav
Büscher".
Die Industrie, allen voran, Siemens, AEG und I.G. Farben, wusste sehr wohl aus
der Physik Kapital zu schlagen. Neue Märkte in der Grundlagenforschung oder
als Zulieferer ergaben sich. Der kreative Kopf der Atomforschung des Dritten
Reiches war der spätere Nobelpreisträger Werner Heisenberg. Um seine Intention
wie Ambition ranken sich bis heute extrem gegenteilige Spekulationen. Für die
Einen war er die treibende graue Eminenz aller Nuklearvorhaben der Nazis, für
die Anderen der bewusste Verzögerer, der den Einsatz einer thermonuklearen Waffe
geschickt zu verhindern wusste (in Jorge Volpis Roman "Das
Klingsor-Paradox" spannend thematisiert).
Die für den A-Bombenbau wichtigen Utensilien Uran und schweres Wasser holten
sich die Nazis in den tschechischen Minen bzw. norwegischen Kraftwerken - beide
Staaten war zuvor okkupiert worden. In der Nähe des ebenfalls besetzten Paris
diente ein Zyklotron (Teilchenbeschleuniger) der Grundlagenforschung.
Erster Kernwaffentest auf Rügen?
Am 1. Oktober 1944 zitierte Benito Mussolini seinen Kriegsberichterstatter
Nummer eins, Luigi Romersa, zu sich. Der Journalist des "Corriere della
Serra" wurde vom "Duce" höchstpersönlich in Richtung Ostsee
beordert, mit dem Auftrag, Tests des deutschen Militärs beizuwohnen. Auch für
Mussolini ging es politisch um alles oder nichts; er musste Gewissheit erlangen,
ob das verbündete Dritte Reich wirklich über "Endsiegwaffen" verfüge.
Auf einer kleinen Insel bei Peenemünde konnte Romersa Zeuge eines martialischen
Experiments werden. Auf Pfählen war eine Bombe platziert, die zur Explosion
gebracht wurde. Die Folgen: "ein echtes Erdbeben (...) ein
Lichtblitz, ein gleißendes Licht" und "danach entstand vor uns
eine große Rauchwand". Mussolini war über den Test der "Zerlegungsbombe"
so begeistert, dass er am 16.12.1944 in Mailand eine Rede über Waffen hielt,
die "eine ganze Stadt in einem einzigen Augenblick zerstören".
Offensichtlich hatte Romersa Eindrucksvolles zu berichten gehabt. Am 22. April
1945 sprach Mussolini erneut von der Wunderwaffe: "Die berühmten Auflösungsbomben
sind fast fertig ... Es scheint, dass es drei Bomben sind - und mit einer
erstaunlichen Wirkung." Allerdings schränkte er ein: "Der Bau
jeder Einheit ist furchtbar kompliziert und von langer Dauer."
Auf Karlsch' Betreiben hin entnahmen Physiker der Justus-Liebig-Universität
Gießen Bodenproben aus jener Mulde, die durch den angeblichen A-Waffenversuch
im Herbst 1944 entstanden sein soll. Er schreibt: "Die Messreihen zeigen
einige Anomalien, unter anderem bis zum Fünffachen über der Nullprobe liegende
Werte bei Cäsium 137". Kritiker halten dagegen, die radioaktive
Kontamination stamme eher von späteren Versuchen der Sowjets in der DDR. Worauf
der Autor kontert, die Russen hätten atomare Tests aus Gründen der militärischen
Vertraulichkeit nur auf eigenem Territorium getätigt.
Schwarzer Orden und Kernphysik
Die SS kam mit der kernphysikalischen Forschung erst gegen Kriegsende in Berührung.
Entscheidend: Himmlers Ernennung zum Chef der Heeresrüstung im Sommer 1944. Es
war auch Himmlers Idee, das Fachwissen der in Konzentrationslagern internierten
Wissenschafter für die Grundlagenforschung einzusetzen. In Sachsenhausen etwa
arbeiteten 18 jüdische Forscher - von den Mitgefangenen streng separiert - an
Berechnungen für das Raketenprogramm. Plan der SS blieb es bis zuletzt, Waffen
wie die V2 weiter zu entwickeln und nuklear zu bestücken. Die Rede war von
Wunderwaffen wie der V4.
Den Truppenübungsplatz von Ohrdruf, Thüringen, hatte der Schwarze Orden für
Geheimwaffentests hergerichtet. Am Abend des 3. März 1945 soll es einen
Nuklearversuch gegeben haben. "Protokoll gibt es nicht, wohl aber
Zeugenaussagen" (Karlsch). Ein Lichtblitz soll die Nacht so erhellt
haben, dass man beim Fenster stehend Zeitung lesen hätte können. Militärs wie
Zivilisten klagten nach der Detonation über Kopfschmerzen und Nasenbluten. Von
einer "Säule", die aussah wie "ein großer wohl
belaubter Baum" wird berichtet. Am Waldrand lagen Haufen menschlicher
Leichen, wohl ehemalige Zwangsarbeiter. "Die Menschen hatten alle
absolut keine Haare mehr, (...), sie hatten aber auch zum Teil Feuerblasen,
nacktes rohes Fleisch, teilweise waren einige Körperteile nicht mehr vorhanden",
berichtet der Augenzeuge Hans Wachsmut, der sich als Arbeiter am Gelände
aufhielt. Die SS tötete die verstümmelten, oft blinden Überlebenden und
errichtete Scheiterhaufen für die Leichen; alles geschah in Schutzanzügen.
Welch Horrorszenario! Menschenversuche? Atomarer Unfall?
Nach Kriegsende soll den Sowjets ein Film in die Hände gefallen sein, der das
Grauen festgehalten hat. Er existiert noch, ist aber laut Rainer Karlsch "für
die wissenschaftliche Benutzung bis heute nicht zugänglich." Belegt
ist u.a. ein Spionagebericht vom 23.3.1945, den der Chef der Militäraufklärung
(GRU), Generalleutnant Iljitshov, Stalin überreichen ließ. Da heißt es über
die Anlage in Ohrdruf: "In der letzten Zeit haben die Deutschen in Thüringen
zwei große Explosionen durchgeführt. Sie fanden in einem Waldgebiet unter
strengster Geheimhaltung statt. Vom Zentrum der Explosion wurden Bäume bis zu
einer Entfernung von fünfhundert bis sechshundert Metern gefällt (...)
Kriegsgefangene, die sich im Explosionszentrum befanden, kamen um, wobei häufig
von ihnen keine Spuren bleiben. Andere Kriegsgefangene (...) trugen
Verbrennungen an Gesicht und Körper davon. (...) Die Bombendetonation wurde von
einer starken Detonationswelle und der Entwicklung hoher Temperaturen begleitet.
Die Bombe stellt eine Kugel mit einem Durchmesser von 130 Zentimetern dar."
Eine makabre, aber glasklare Beschreibung eines Nuklearwaffeneinsatzes.
Nachweis und Bombentyp?
Laut Rainer Karlsch sei sechzig Jahre nach der Detonation ein Nachweis für
einen Kernwaffentest schwierig: "Die Strahlung ist längst abgeklungen.
In der Öffentlichkeit dominiert die falsche Vorstellung von einer großflächigen
radioaktiven Belastung." Eine solche gilt zwar für den Reaktorunfall
von Tschernobyl, der sich aber "nicht mit Ohrdruf vergleichen"
lässt. Bei den Thüringer Tests seien nämlich vergleichsweise minimale Mengen
Spaltprodukte freigesetzt worden. Und weiter: "Zieht man den
Atombombeneinsatz von Hiroshima als Referenzgröße heran, so muss man von einer
tausendfach größeren Energiefreisetzung ausgehen. Trotzdem ist es nicht
einfach, heute in Hiroshima die Atomexplosion vom 6. August 1946 nachzuweisen."
Noch schwieriger gerät die Beweisführung bei der Frage nach dem Bombentyp.
Zur Herstellung einer "herkömmlichen" Atombombe waren die deutschen
Forscher und Techniker nicht in der Lage. Es überstieg ihre infrastrukturellen
Möglichkeiten, die Uranisotope großtechnisch zu trennen. Etwa fünfzig
Kilogramm angereichertes Uran ist für eine U235-Bombe notwendig. Es war aber
nur gelungen, kleine Mengen angereichertes Uran zu produzieren. Alternativ böten
sich so genannte Hohlladungen an oder "fusionsverstärkte
Kernspaltungsbomben". Die Grundthese des Autors von "Hitlers Bombe":
"Die deutschen Wissenschafter verfügten nicht über eine den
amerikanischen oder sowjetischen Wasserstoffbomben der Fünfzigerjahre
vergleichbare Waffe. Sie wussten jedoch in allgemeinen Zügen, wie eine solche
funktioniert, und waren in der Lage, mit der von ihnen perfektionierten
Hohlladungstechnik nukleare Anfangsreaktionen auszulösen. Ob dies Fusions- oder
Spaltreaktionen waren oder eine Kombination aus beiden Prozessen, bleibt weiter
zu erforschen und zu diskutieren."
Resümee
Über eines braucht wenig diskutiert zu werden: die militärische Kettenreaktion.
Beunruhigt durch die Möglichkeit, dass den Nazis die Konstruktion von Atombomben
gelingen könnte, wandte sich der emigrierte Physiker Enrico Fermi gemeinsam
mit Albert
Einstein u.a. Kapazitäten am 2. August 1939 bzw. 7. März 1940 brieflich
an US-Präsident Franklin D. Roosevelt. Dadurch wurden sie nolens volens zu den
Vätern der amerikanischen Atombomben, die wenige Jahre später Hiroshima und
Nagasaki vernichteten. Einstein bereute sein Schreiben an Roosevelt später zutiefst,
war aber zum Zeitpunkt der Übergabe davon überzeugt, dass Nuklearwaffen in Hitlers
Händen das Ende der Zivilisation bedeuten würden. Amerika musste den Rüstungswettlauf
gewinnen. Jahre danach antwortete er auf die Frage, mit welchen Waffen ein III.
Weltkrieg geführt werden wird: "Das weiß ich nicht. Der IV. Weltkrieg wird
allerdings mit Keulen geführt."
"Hitlers Bombe" ist ein hoch interessantes, aber auch
beklemmendes Buch, das nach Dafürhalten des Rezensenten sauber recherchiert
ist. Rainer Karlsch wagt sich mutig an physikalische Streitfragen heran, liefert
einen Anhang mit Untersuchungen über Bodenproben ebenso wie Kurzbiografien der
wichtigsten involvierten Forscher der damaligen Zeit. Er wartet zudem mit
zahlreichen erklärenden Anmerkungen im Schlussregister auf. Karten- und
Fotomaterial ist ebenso inkludiert.
Einleitend hat Rainer Karlsch folgendes Zitat von Carl Friedrich von Weizsäcker
gewählt: "Geschichte ist etwas, das vielleicht im Grunde erst geschrieben
werden kann, wenn alles so lange vorbei ist, dass niemand mehr lebt, der ein
aktuelles Interesse daran hat, wie es gewesen sein sollte."
Vielleicht detonierte "Hitlers Bombe" noch zu früh am
Buchmarkt, vielleicht sind die Ängste vor der eigenen Vergangenheit noch zu groß.
Vielleicht bestimmen immer noch alte Interessen die Geschichtsschreibung. Verdrängung
kann aber nicht ewig funktionieren.
(lostlobo; 04/2005)
Rainer Karlsch: "Hitlers Bombe"
DVA, 2005. 416 Seiten.
ISBN 3-421-05809-1.
ca. EUR 25,60.
Buch
bei amazon.de bestellen
Rainer Karlsch: Geboren
1957, Dr. oec., Promotion 1986 an der Humboldt-Universität Berlin, danach
Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der
Humboldt-Universität, der Historischen Kommission Berlin und der Freien
Universität Berlin. Zusammen mit dem TV-Journalisten Heiko Petermann
recherchierte er vier Jahre intensiv zur Geschichte der deutschen Atomforschung.
Unterstützt wurden sie dabei von internationalen Historikern, Physikern und
Radiochemikern.
Weitere Buchtipps:
Götz Aly: "Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus"
Götz Aly betrachtet aus einem Blickwinkel, der sie als Gefälligkeitsdiktatur
zeigt. Hitler, die Gauleiter, Minister und Staatssekretäre agierten als
klassische Stimmungspolitiker. Sie fragten sich täglich, wie sie die
Zufriedenheit der deutschen Mehrheitsbevölkerung sichern konnten. Auf der Basis
von Geben und Nehmen erkauften sie sich deren Zustimmung oder wenigstens Gleichgültigkeit
durch eine Fülle von Steuerprivilegien, mit Millionen Tonnen geraubter
Lebensmittel und mit der Umverteilung des "arisierten" Eigentums von
verfolgten und ermordeten Juden aus ganz Europa. Den Deutschen ging es im
Zweiten Weltkrieg besser als je zuvor, sie sahen im nationalen Sozialismus die
Lebensform der Zukunft - begründet auf Raub, Rassenkrieg und Mord. (S. Fischer)
Buch
bei amazon.de bestellen
Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: "Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in
Deutschland 1859-1974"
Dieses Buch bietet erstmals eine Geschichte der Mineralölindustrie in
Deutschland. Auf der Grundlage umfassender Archivmaterialien schildern die
Autoren die Entwicklung der Ölindustrie und ihren großen Einfluss auf
wirtschaftliche, soziale und mentale Veränderungen der deutschen Gesellschaft
sowie die besondere Bedeutung des Mineralöls in Krisen- und Kriegszeiten.
Rainer Karlsch und Raymond Stokes gelingt es auf eindrucksvolle Weise,
Unternehmens-, Gesellschafts- und politische Geschichte miteinander zu
verbinden.
Wie kaum ein anderer Rohstoff hat das Erdöl
die Welt verändert und die Industrialisierung maßgeblich beeinflusst. Und anders
als bei anderen Industriebranchen hatte der Staat zum Zweck der privaten, vor
allem aber der öffentlichen Energieversorgung stets ein besonderes Interesse
am "flüssigen Gold". Den engen Verbindungen zwischen Wirtschaft, Staat und Politik
gilt denn auch ein Hauptaugenmerk der Autoren.
Rainer Karlsch und Raimond G. Stokes schildern, wie nach der Entdeckung der
ersten Erdölfelder in den USA sich das deutsche Kaiserreich zum größten europäischen
Petroleumimporteur entwickelt und das Petroleum als "Licht des kleinen
Mannes" seinen Siegeszug antritt. Ausführlich widmen sich die Autoren den
Intentionen einzelner Konzerne zur Zeit der Weimarer Republik und im
"Dritten Reich". Hier werden nicht nur die Affinitäten deutscher
Unternehmen, sondern auch das ambivalente Verhältnis der großen ausländischen
Ölkonzerne zum NS-Regime sichtbar.
Ein weiterer Schwerpunkt des Bandes liegt auf der Frage nach den Kontinuitäten
und Diskontinuitäten der Mineralölwirtschaft nach 1945. Erstmals werden die
Auswirkungen politischer Krisen in der unmittelbaren Nachkriegszeit bis hin zur
Ölkrise 1973 auf den Ölmarkt systematisch untersucht, wobei die DDR gleichermaßen
Berücksichtigung findet. (C.H. Beck)
Buch
bei amazon.de bestellen