Henrik Eberle, Matthias Uhl (Hrsg.): "Das Buch Hitler"
Geheimdossier des NKWD für Josef W. Stalin, zusammengestellt aufgrund der Verhörprotokolle des Persönlichen Adjutanten Hitlers, Otto Günsche, und des Kammerdieners Hein Linge, Moskau 1948/49. Aus dem Russischen von Helmut Ettinger.
Verhörprotokolle
für Stalin, von Historikern kommentiert - spannende Lektüre
Über Hitler wurden seit 1945 mehr als tausend Biografien geschrieben. Mehr als
10.000 Bücher beschäftigten sich mit der NS-Zeit und ihren Verbrechen. Keine
Saison vergeht, ohne dass irgendein Hitler-Buch Aufregung verursacht. Der
Frühling 2005 bringt uns gleich drei Anlässe solcher Aufregung. Rainer Karlsch
stellte in seinem Werk "Hitlers
Bombe" die Frage, wie weit die deutschen Atomphysiker von Nuklearwaffen
entfernt waren. Dabei wurde ihm in Feuilletons vorgeworfen, mit der
Überbetonung von Augenzeugenberichten die Sensationsgier zu bedienen. Götz Aly
behauptet in "Hitlers Volksstaat", die Nazis hätten die Bevölkerung
bewusst durch Plünderungsofferten korrumpiert. Zuerst beraubte man die Juden,
dann die angrenzenden Völker. Auch dieses sehr erfolgreiche Buch wurde viel
kritisiert, wieder mit dem gleichen Argument, man blase nun, da die Zeitzeugen
immer weniger werden, bestimmte Phänomene der Nazizeit künstlich auf, um Leser
zu gewinnen. Dass diese Strategie aufgeht, beweisen die Amazon-Verkaufsranglistenplätze
der genannten Bücher ebenso wie die Tatsache, dass sie in den Buchhandlungen
ganz vorne liegen und von Lesern auch gern mitgenommen werden.
Unter den Offerten des Frühlings am besten gefällt mir allerdings "Das
Buch Hitler". Es ist eine historisch saubere Arbeit, die nicht zufällig
vom renommierten Institut für Zeitgeschichte unterstützt wird. Und es wurde
nicht heute, 60 Jahre nach Kriegsende, geschrieben, sondern schon 1948, wodurch
die Authentizität des Textes durch Zeitnähe erhöht wird. Eine Einschränkung
gibt es allerdings: Zwar stammen die hier versammelten Schilderungen Hitlers von
Menschen, die den Diktator über Jahre hautnah erlebten. Sie gingen aber durch
den Filter von moskowitischen Geheimdienstbeamten, die die Verhöre
durchführten, aufzeichneten und für die Lektüre durch einen anderen Diktator,
nämlich Stalin, glätteten. Dieser Verfremdungseffekt wird durch die
Anmerkungen der Herausgeber behoben. Die Geschichte, die hier erzählt wird,
beginnt im Jahr 1933 und führt bis in die letzten Kriegstage 1945. Beinahe die
Hälfte des Buchs konzentriert sich auf die letzten Tage und die näheren
Umstände des Todes Hitlers. Der Grund dafür war Stalins Misstrauen, der
fürchtete, die westlichen Alliierten hätten Hitler gefangengenommen und seinen
Tod nur inszeniert, oder er wäre entkommen und würde eines Tages wieder in
Peru oder an der Costa Blanca auftauchen.
Der besondere Reiz des Buches ist das Lesen auf mehreren Ebenen. Einerseits ist
da die historische Komponente. Wer noch wenig über Hitler gelesen hat, bekommt
hier Zeitgeschichte hautnah mit. Alles Widersprüchliche oder Falsche im Text
wird im Fußnotenapparat klargestellt. Dann kommt das psychologische Moment. Was
haben die Nazis den Russen hier erzählt, und was haben die Geheimdienstbeamten
ihrem obersten Boss weitergegeben, und was haben sie verschwiegen? Letztendlich
fasziniert das publikationsgeschichtliche Thema. Wenn der Historiker Matthias
Uhl nicht in einem Moskauer Archiv breit gesucht hätte, wäre er nie auf diese
Akte gestoßen, die wahrscheinlich absichtlich falsch einsortiert wurde, denn
viele Aussagen in dem Buch wurden im wechselnden Spannungsfeld der
kommunistischen Regierungsepochen mal als gefährlich, dann wieder erwünscht
eingestuft.
Es ist ein großes Verdienst, diese Informationen der Öffentlichkeit verfügbar
gemacht zu haben. Gerade für die Menschen, die den Film "Der Untergang" gesehen
haben, ist es reizvoll, aus diesem Buch über die letzten Tage des Regimes noch
einmal eine neue Perspektive zu gewinnen. Wo sich der Film auf das Buch von
Joachim Fest "Der Untergang" und die Erinnerungen der Traudl Junge ("Bis zur
letzten Stunde",
"Im
toten Winkel") stützte, kommen hier Menschen zu Wort, die ein noch intimeres
Verhältnis zum Diktator hatten. Ein rundum empfehlenswertes Buch!
(Berndt Rieger; 04/2005)
Henrik Eberle, Matthias Uhl (Hrsg.): "Das Buch Hitler"
Aus dem Russischen von Helmut Ettinger.
Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Dr. h.c. Horst Möller, Direktor des Instituts für
Zeitgeschichte, München-Berlin.
Lübbe, 2005. 672 Seiten.
ISBN 3-7857-2226-5.
ca. EUR 25,60.
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Weitere Buchtipps:
Mario Frank: "Der Tod im Führerbunker.
Hitlers letzte Tage"
Nazi-Deutschland steht unmittelbar vor dem Zusammenbruch. Die Reichshauptstadt
ist durch die alliierten Bomberangriffe zum "Reichsscheiterhaufen" geworden.
Der alliierte Vormarsch ist nicht zu stoppen. Adolf Hitler hat sich mit seinen
Gefolgsleuten in den Führerbunker unter der zerstörten Reichskanzlei zurückgezogen.
Hitler weiß, dass der von ihm angezettelte Krieg verloren ist. Und doch
hofft
er bis zuletzt auf ein Wunder. Jeden Tag, um den er seinen Selbstmord hinauszögert,
bezahlen Tausende mit ihrem Leben.
Mario Frank erzählt auf eindringliche Weise die letzten Tage im Führerbunker.
Das Buch setzt am 20. April 1945, Hitlers 56. Geburtstag, ein. Es endet am 1.
Mai mit der Bekanntgabe von Hitlers Selbstmord. An diesem Tag bringen sich auch
Joseph und Magda Goebbels um, zuvor haben sie ihre sechs Kinder vergiftet.
Bis heute sind die Ereignisse im Bunker von Mythen und Legenden umgeben. Alle,
die dabei waren und überlebten, schilderten sie unterschiedlich. Frank ist den
widersprüchlichen Augenzeugenberichten akribisch nachgegangen. Er präsentiert
das dramatische Geschehen in strenger Chronologie, jeder Tag wird in einem eigenen
Kapitel so authentisch wie möglich wiedergegeben. Diese minutiöse Rekonstruktion
zeigt unmissverständlich: Das Dritte Reich konnte tatsächlich erst mit Hitlers
Tod zu Ende gehen. (Siedler)
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Armin D. Lehmann: "Der letzte
Befehl"
Ende April 1945: Ein mörderischer Abwehrkampf tobt um Berlin, da die dort verbliebenen
deutschen Einheiten sich nicht ergeben, sondern in Nibelungentreue zum Führer
stehen. Das Ende des Dritten Reiches ist nur noch eine Frage von Tagen. Die
politische Schaltzentrale Deutschlands ist in diesen Wochen der Führerbunker,
von wo aus Hitler und seine engsten Gefolgsleute die Schlacht um die Reichshauptstadt
organisieren. Unter ihnen - neben Traudl Junge - der sechzehnjährige Armin,
der als Botenjunge eingesetzt wird.
Armin D. Lehmann war von frühester Jugend an ein glühender Verehrer Adolf Hitlers
und ein begeisterter Anhänger der von ihm verkündeten Weltanschauung. Angetrieben
durch seinen Vater, einen SS-Mann, akzeptierte er schon bald das Führerprinzip
und das damit einhergehende Bewusstsein, der überlegenen arischen Rasse anzugehören.
Der junge Armin war ehrgeizig und machte Karriere in der Hitlerjugend.
Am 18. April 1945 wird er dem Gefechtsstand des damaligen Reichsjugendführers
Artur Axmann zugeteilt - und lernt so bis Anfang Mai 1945 einige der Nazi-Größen
persönlich kennen, die alle auf engstem Raum im Führerbunker hausen.
Der Untergang des Dritten Reiches wird für Armin D. Lehmann zum Schlüsselerlebnis
seines Lebens. Denn im Laufe der
Nachkriegsjahre offenbart sich ihm immer mehr
der verbrecherische Charakter der Nazi-Ideologie. Bewusst bricht er mit seiner
Vergangenheit (ohne sie jedoch abstreifen zu können), wandelt sich zum überzeugten
Demokraten und Pazifisten und wandert 1953 in die Vereinigten Staaten aus.
Sein Bericht "Der letzte Befehl" ist die schonungslose Offenlegung einer politischen
Verblendung, der er und eine ganze Generation von Jugendlichen erlegen waren.
Ohne nachträgliche Beschönigung oder Rechtfertigung schildert er seine Verstrickung
in das Nazi-Regime. Die Erinnerung daran ist für Lehmann mit Ängsten und Albträumen
besetzt. (Lübbe)
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Joachim Fest: "Der
Untergang. Hitler und das Ende des Dritten Reiches. Eine historische Skizze"
Die neuere Geschichte kennt nichts, was den Ereignissen des Frühjahrs 1945
vergleichbar wäre. Niemals zuvor sind im Untergang eines Reiches so viele
Menschenleben vernichtet, so viele Städte ausgelöscht und Landstriche verwüstet
worden. Schon im Herbst 1944 und dann noch einmal mit dem berüchtigten "Nero"-Befehl
von Mitte März 1945 hatte Hitler angeordnet, alle Lebensgrundlagen zu zerstören.
Was er beabsichtigte, war die totale Demolierung des Landes; den Alliierten
sollte eine "Zivilisationswüste" in die Hände fallen. Joachim Fest
erzählt die Vorgänge dieser Wochen mitsamt den Voraussetzungen, die sie möglich
machten; er schildert die Schlussphase des Krieges, von der im gespenstischen
Scheinwerferlicht eröffneten Schlacht um Berlin bis hin zum Selbstmord Hitlers
im Bunker unter der Reichskanzlei. Er versucht darüber hinaus, einige Fragen
neu zu stellen sowie an ein Geschehen zu erinnern, das nicht nur
politisch-historisch, sondern für ungezählte Mitlebende vor allem menschlich
nichts Anderes als ein Weltuntergang war. (Rowohlt)
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DVD-Tipp: "Der Untergang "
Regie: Oliver Hirschbiegel. Darsteller: Bruno Ganz, Juliane Köhler u. A.
In den Straßen der Hauptstadt tobt der Häuserkampf. Hitler (Bruno
Ganz) hat sich mit einigen Generälen und engsten Vertrauten im Führerbunker
der Reichskanzlei verschanzt. Zu ihnen gehört auch Traudl Junge (Alexandra Maria
Lara), seine Privatsekretärin, die ihn nicht im Stich lassen will.
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