Luisa Francia: "Hexenbesen Zauberkraut"

Die Grundlagen der Magie


"Die Welt, wie sie sich darstellt, ist nur ein Gerüst vor der essentiellen Energie, die dahinter liegt", weiht der Klappentext den neugierigen Rezensenten ein. So weit, so gut. Ähnliche Vorstellungen hegte schon der weise Plato in seinem Höhlengleichnis. Wo aber dem alten Athener die imaginären Klippen zu unausgeleuchtet wurden, da setzt Luisa Francia beherzt ihren Fuß drauf und wechselt über ins Reich der Magie, welche die "uralte Verbindung zwischen den Seinsformen" beschreibt.

Von A bis Z, sprich "Abrakadabra" und "Zauberkraut", reicht der Bogen der reich bebilderten und mit persönlichen Anekdoten durchsetzten Kapitel. Wobei der Schlussabschnitt des Buches "Ausklang" heißt - der Kreis von A zu A schließt sich. Für Neulinge der arkanen Disziplinen gibt "Hexenbesen Zauberkraut" trotz des Untertitels "Die Grundlagen der Magie" kein detailliertes Kompendium ab, es ähnelt viel mehr einer spontanen Gedankensammlung zu gewissen Begriffen, einfach erzählt, alltagskompatibel. Die Autorin: "Magische Weisheit holen wir uns eher in Bewegung und im Kontakt mit allen Wesen (...) als sitzend und brütend." Diese Überzeugung mag auch Erklärung dafür sein, warum Frau Francia seit den frühen 1980er-Jahren regelmäßig Vorträge und Seminare über Magie hält - die direkte Kommunikation ist der Drehbuchschreiberin, Journalistin und Filmschaffenden wichtig.

Persönlich sieht sich Luisa Francia in der Tradition der "weisen Mütter", jener in fast allen Kulturen vorkommenden vorchristlichen Frauen, die ihre Kraft und Erfahrung aus der Natur zogen, die keiner organisierten Religion angehörten und die sich als Teil des Ganzen, des Kosmos, empfanden. Sie wehrt sich gegen das patriarchale Christentum, das die Heilerinnen zu Hexen degradierte, den Teufel erfand und die Magie mit Begriffen wie "Hokuspokus und Abrakadabra ironisiert und verspottet." Ihre bewusst auf das Weibliche konzentrierte Gesinnung findet augenscheinlich im Schreibstil Niederschlag. Schreibt Francia über AhnInnen oder LeserInnen, hebt sich das Binnen-I allgegenwärtig aus der Wortmitte hervor; obgleich verdächtig phallisch.

In "Hexenbesen Zauberkraut" wird Magie löblicherweise als nichts Obskurantistisches definiert, sondern als "die Kunst, mit allen Wesen zu kommunizieren und in Eigenverantwortung Energien zu rufen, zu binden, zu bannen, zu lösen und zu wandeln." Eigenverantwortung heißt das Schlüsselwort - und das sperrt die Tür zur Sympathie für das Buch samt der Autorin auf. Diese warnt witzelnd vor egoistischen Liebeszaubern, die leicht zur späten Plage geraten können, ebenso wie vor Hellseherinnen, die zu sehr das Geschäftliche vor ihrem (geistigen) Auge haben Mit Liebäuglern des dunklen Weges geht sie hart ins Gericht: "Wer magische Künste lernen will, um andere zu manipulieren, kommt früher oder später da an, wo alle Manipulatoren landen - im Größenwahn und in der Selbstzerstörung."

Menschen mit einem holistischen Weltbild wird das Buch sicher zu interessanten Gedankenanstößen verhelfen und weniger durchgeistigten "Populärmagiern" ihr Harry-Potter-Hintergrundwissen verfeinern. So ist z.B. eine Zutatenliste für einen Hexenbesen abgedruckt. Wie soll das flotte Stück aussehen? Quidditch-Fans, Augen auf!: "Idealerweise enthält er neun verschiedene Hölzer als Reisig. Eichenreisig steht für Kraft, Weide steht für die Verbindung zum Wasser und heilende Energie. Esche hält unangenehme BesucherInnen fern, Buche steht für Weisheit und Festigkeit. Ahorn symbolisiert Zuverlässigkeit, Beständigkeit. Hasel steht für die magische Verbindung zu den Geistern. Birke für die frische, neue Kraft. Linde bringt sanfte, weiche, heitere Energie. Tannenreisig bringt dauerhafte, frische Kraft. Und ich würde in einen Hexenbesen auf jeden Fall auch etwas Holunderreisig hineintun, die Kraft der Göttin Holla oder Percht."

Dass gewisse "Flugsalben", unter die Achsel oder auf den Nacken gerieben, die Illusion des Fliegens erzeugen können, verrät Luisa Francia ebenso. Hanf, Bilsenkraut, Tollkirsche oder Mandragora erleichtern das Abheben ungemein. Haselnuss wiederum ist von allen Hölzern das geeignetste, um Zauberstäbe herzustellen, die tunlichst bei Mondlicht eingeweiht werden sollten. Orakeln, Fetische herstellen, Bannzauber wirken oder außerkörperliche Reisen sind ebenfalls angerissene Themata des Buches. Viele Passagen - wie das Kommunizieren mit Tieren - beschreibt die Autorin sehr liebevoll.

Trotz aller Offenheit und Sympathie für magische Weltbilder ertappte sich der Rezensent bei Frau Francias Evolutionsgeschichte der Mitochondrien beim häretischen, wenngleich nicht Übel wollenden Auflachen. Molekularbiologen, bitte ab hier nicht weiterlesen! Mitochondrien, also die Kraftwerke der Körperzellen, seien nämlich irgendwann mal "winzige Urzeitwesen" gewesen, welche mit "menschlichen Zellen eine Symbiose eingegangen sind". Rumort es da in Darwins letzter Ruhestatt? Egal, weiter. "Diese Mitochondrien haben eine eigene Geschichte. Sie sind nicht auf die Erfahrungen und Impulse des Wirtskörpers angewiesen. Sie tun ihre Arbeit am Zellkernrand, (..) und lassen ihr Wissen in das Wissen der Körperzellen einfließen. Doch sie sind nur bei Frauen aktiv, nur in Frauenkörpern bleibt ihre genetische Information, ihr Urzeitwissen erhalten und wird weitergegeben. Das ist keine Erfindung von mir, das ist reine Wissenschaft." Ist mit der reinen Wissenschaft die Weitergabe mitochondrialer DNS rein mütterlicherseits gemeint? Was auch immer diese Venus-von-Willendorf-Biologie besagt, beharrlich halte ich ihr entgegen, dass auch mein Hund - weder menschlich noch weiblich - über aktive Mitochondrien verfügt. Doch genug der "Mythochondrien". Vielleicht wurzelt das Unverständnis des Rezensenten ja im maskulinen Chromosomensatz, vielleicht aber auch daran, dass die "feinstoffliche Welt" sich vor dem "grobstofflichen Eingriff" durch "das Närrische, nicht durch Verbote" schützt. Q.e.d. ...

(lostlobo; 05/2005)


Luisa Francia: "Hexenbesen Zauberkraut"
Nymphenburger, 2005. 144 Seiten.
ISBN 3-485-01041-3.
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Weitere Bücher der Autorin (Auswahl):

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Kochen ist die älteste Magie der Welt.
Seit langem beschäftigt sich Luisa Francia mit magischen Traditionen. In ihrem magischen Kochbuch beschreibt sie wohlschmeckende und anregende Rezepte von weisen Frauen und erzählt von der magischen Wirkung von Pflanzen, Früchten, Wurzeln und Küchengeräten. Nicht nur die Liebe, auch Heilung, Zauberkraft und Glück gehen durch den Magen. (Mary Hahn)
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