DDr. Ferdinand Rudolf Waldenberger: "Handbuch für Herzbesitzer"
Über den wichtigsten Muskel in
unserem Körper
Das hübsche Gesicht einer
Frau auf dem Einband des zu besprechenden Buches mag suggerieren, dass ein breitflächiger
Abschnitt sich speziell der "neuen" Frauenkrankheit Herzinfarkt widmet. Doch
ganz so ist es nicht. Eher bescheiden ist die Konfrontation des Autors im Kapitel
"Risiko Frau" zu sehen. Viel mehr Gewicht haben da schon die Themenkomplexe
"Ernährung" und "Bewegung", wobei hierbei keine wirklich neuen Erkenntnisse
dargestellt werden. Fitnesstrainer sprechen gerne von kleinen
Schritten, wenn sie
Menschen dazu veranlassen wollen, sich über die Bewegung im Alltag Gedanken
zu machen. Also etwa Stiegen zu steigen anstatt den Lift zu benutzen, nicht
jeden halben Meter mit dem Wägelchen zurückzulegen usw.
Auch Waldenberger springt auf den Zug auf und zollt somit der
Wohlbefindenswelle Tribut, die etwa hierzulande seltsame Urstände feiert. Die Ursache für die fehlende
Bewegung wird gerne außen vor gelassen, da Industrialisierung und Technisierung
schließlich der Menschheit (zumindest einem kleinen Teil davon) großen Segen
beschert haben. Sitzende Berufe sind für viele arbeitende Menschen die Regel,
und die Verkäuferinnen eignen sich im Laufe der Jahre Venenprobleme an, die
nur durch geeignete Bewegung wegzubringen sind. Es geht, wie der Autor richtig
schreibt, darum, den Lebensstil zu verändern, insofern dieser allzu leichtfertig
und gesundheits- bzw. herzgefährdend sein mag. Die Rostschüssel wird schnell
zur Reparatur gebracht, wenn die Innereien streiken oder seltsame Geräusche
machen. In den Körper hineinzuhören wäre da im Verhältnis gesehen zweifelsohne
wichtiger; dennoch werden der Arztbesuch respektive regelmäßige Kontrolluntersuchungen
als lästig empfunden. Raubbau am Körper zu betreiben ist es auch, was falsche
Ernährung ausmacht. Die Folgen sind überhöhte Blutzuckerwerte,
viel zu hoher Blutdruck, Übergewicht bis hin zur Fettleibigkeit usw. Wer ein
Löffelchen Zucker in den Tank beimischt, wird vom Motor kaum erwarten können,
noch viele Jahre reibungslos zu funktionieren. Werden dem Körper allerdings
Schadstoffe in Unmengen zu verarbeiten gegeben, soll dies tunlichst als harmlos
begriffen werden, da ja etwa die Schnellkostketten potenzielle Kunden brauchen.
Also, wie geschrieben, die Themen Ernährung und Bewegung sind alte Bekannte,
die reichlich abgedeckt sind. Im Sinne des Begriffes HERZGESUND werden viele
Tipps gegeben, was konkret gegen das Rauchen, erhöhte Blutfettwerte, erhöhten
Blutdruck, Diabetes mellitus, Fettleibigkeit und
Übergewicht, Stress oder falschen
Alkoholkonsum getan werden kann.
Wenn sich der Leser dazu entschließt, besser in sich hineinzuhören und seine
Herzgesundheit zu fördern, ist dies ganz im Sinne des Autors, der auf leicht
verständliche Art und Weise dieses Handbuch dem Herzbesitzer ans Herz legt. Viel
interessanter als die "üblichen Verdächtigen" Ernährung und Bewegung ist der
Themenkomplex Herzprobleme im Alter. Es ist nämlich nie zu spät, damit zu
beginnen, einen neuen Lebensstil zu entwickeln! Ein bisschen Bewegung an der
frischen Luft, bewusste Ernährung und eine positive Lebenseinstellung mögen
bewirken, dass die Angesprochenen
hundert
Jahre und mehr alt werden! Es wird konstruktiv abgehandelt, was
möglicherweise falsch läuft bezüglich Senioren und Herzprobleme.
Um zum
Anfang zurückzukehren: "Risiko Frau" wird auf gerade einmal sechs Seiten
abgehandelt, und es wird auch nichts Überraschendes serviert.
Östrogenersatztherapie und Hormonersatztherapie werden beschrieben und die
besondere Gefährdung in der Kombination Einnahme der Pille und
Rauchen
wird dargestellt. Durch diese Kombination erhöht sich die Gefahr eines Herzinfarkts
um das Vierzigfache! Eines tut aber der feministischen Seele so richtig gut: Es wird
darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang Frauen und Sport kaum Forschung
betrieben wurde und wird. Die Testpersonen sind so gut wie immer Männer, sodass
erst langsam der Nachweis erbracht werden kann, dass für Frauen Sport ebenso das
Risiko einer Herzerkrankung vermindert, wie dies beim Mann der Fall ist. Wäre
irgendwie die Frage zu stellen, warum Frauen und Sport so wenig Bedeutung haben? Vielleicht setzt ja endlich
ein Umdenken ein, und es bleibt nicht dabei, dass sich "der bewegte
Mann" ständig in den Vordergrund stellen muss.
Während der
erste große Themenkomplex HERZGESUND für den geneigten Leser also zum Großteil
kaum Neuigkeiten bereit haben mag (abgesehen davon, dass es ihn möglicherweise
stört, ständig auf seinen falschen Lebensstil angesprochen zu werden), ist der
zweite große Themenkomplex HERZKRANK sicher eine ziemliche Unbekannte. Hier gibt
es sehr fundierte Auseinandersetzungen bzw. Aufklärungsarbeit hinsichtlich
Erkrankung des Herzens, wobei insbesondere dem Herzinfarkt breiter Raum gewährt
wird. Es wird dabei der Tatsache Rechnung getragen, dass jede Minute im Fall
eines Herzinfarkts lebensrettend sein kann! Umso tragischer ist es, wenn
Menschen allein in ihrer Wohnung einen Herzinfarkt erleiden und somit keine
Soforthilfe von Angehörigen geleistet werden kann. Dies deutet der Autor
dankenswerterweise an. Es kann allerdings passieren, dass vor Ihnen auf der
Straße ein Mensch zusammenklappt und die Symptome eines Herzinfarktes gegeben
sind. Die Rettungsmaßnahmen beschreibt Waldenberger ausführlich, wobei der
Rezensent gerne darauf hinweist, dass es spezielle
"Herz-Lungen-Wiederbelebung"-Kurse gibt, die etwa von den Johannitern angeboten
werden. Der Einsatz von Defibrillatoren wird ja mittlerweile auch verstärkt
gefördert und bildet einen Teil des Kurses.
Neben dem Herzinfarkt werden
freilich von der angina pectoris bis zur Herztransplantation wichtige
Themenkreise im Sinn von HERZKRANK behandelt. Hier kann sich der Leser genau
informieren, was der Arzt macht und wie der Heilungsprozess erfolgen und von den
betroffenen Patienten positiv beeinflusst werden kann.
Insgesamt ist
dieses Handbuch sehr lesenswert; insbesondere, was den zweiten Teil HERZKRANK
betrifft. Teilweise wird zu populistisch argumentiert (allerdings vorwiegend in
HERZGESUND), wobei dies allerdings eine Notwendigkeit darstellen mag, um die
Menschen halbwegs zu einer Umkehr schlechter Gewohnheiten selbstreflexiv
anzuleiten.
Übrigens können Sie gern täglich ein Achterl oder zwei Achterln Wein
oder zwei kleine Bierchen trinken.
Alkohol in Maßen stärkt das Herz! Wichtig ist
nur, das richtige Maß zu finden ...
(Werner Xund; 10/2003)
DDr. Ferdinand Rudolf Waldenberger:
"Handbuch für Herzbesitzer"
Ueberreuter, 2003. 320 Seiten.
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Noch ein Buchtipp:
Prof.
Dr. Dietrich Grönemeyer: "Dein Herz. Eine andere Organgeschichte"
Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer nimmt sich des Volksleidens Nummer 1, der Herz-
und Kreislaufkrankheiten, an. Für Grönemeyer ist das Herz mehr als ein
zuckender Muskel, mehr als ein bloßes Organ. Sein Ansatz als Arzt wie als Autor
ist ganzheitlich.
Dietrich Grönemeyer informiert anschaulich und fundiert - von der
Funktionsweise des gesunden Herzens über Herzkrankheiten wie Bluthochdruck,
Infarkt und Arteriosklerose bis hin zu praktischen Tipps und Informationen zu
Diagnostik, Therapie und vor allem Prävention. Doch der erfahrene Arzt schlägt
auch Brücken zur Geistesgeschichte, zu Literatur, Poesie, Symbolik, Religion
und dem uralten Wissen der Medizin anderer Kulturen. Er erzählt aus eigener
Erfahrung als Patient und zeigt, welche Rolle die Seele
bei Herzerkrankungen spielt und wie wichtig menschliche Wärme und Zuwendung
sind, wenn das Herz sich meldet. Ein Buch über das Herz, das von Herzen kommt.
(S. Fischer)
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