Robert Jütte: "Samuel Hahnemann"

Begründer der Homöopathie


Leben und Wirken eines Schwierigen, der Heilmethoden abseits von Blutegeln und Aderlass entwickelte

Zu Hahnemanns in das Jahr 2005 fallendem 250. Geburtstag legte der Medizinhistoriker Robert Jütte
eine gewissenhaft recherchierte Biografie vor:
"Ein bewegtes Leben, spannend erzählt, und zugleich ein Einblick in die Grundprinzipien einer weltweit praktizierten Heilmethode.
An prominenter Stelle (...) erinnert heute ein imposantes Denkmal an einen der bedeutendsten deutschen Ärzte der Goethezeit:
Samuel Hahnemann (1755-1843), Begründer der Homöopathie. Millionen von Menschen in aller Welt vertrauen inzwischen seiner Heilweise. An dem 1790 von ihm entdeckten Ähnlichkeitsprinzip und den Arzneimittelgaben in hohen Verdünnungen scheiden sich immer noch die Geister.
Anschaulich schildert Robert Jütte das bewegte Leben Samuel Hahnemanns, von den schwierigen Anfängen als medizinischer Schriftsteller und Übersetzer in der sächsischen Provinz bis zu den Glanztagen als "Modearzt" der Pariser Gesellschaft. Zu seinen Patienten zählten u. a. der Feldmarschall Karl Philipp von Schwarzenberg
(bei dem Hahnemann ebensowenig auszurichten vermochte wie damalige Schulmediziner; Anm. d. Rez.) und der Geiger Niccolò Paganini (dem Hahnemann nicht helfen konnte; vielmehr brach der in die Gemahlin des Mediziners verliebte Geigenvirtuose die Behandlung ab; Anm. D. Rez)
Über eine interessante und spannende Biografie hinaus, die sich auf neue Quellen stützt, werden hier nicht nur Einblicke in Grundprinzipien und Praxis der homöopathischen Heilkunst vermittelt. Das Augenmerk richtet sich auch auf das, was Patienten bereits zu Lebzeiten Hahnemanns an der Homöopathie schätzten."
(Aus dem Klappentext)

Schade und vermutlich einzig deren Prominenz geschuldet, dass man gerade jene beiden Patienten im Klappentext anführt, denen Hahnemann nicht helfen konnte.

"Der Arzt hat kein höheres Ziel, als kranke Menschen gesund zu machen, was man Heilen nennt." (Samuel Hahnemann)

Der 1954 geborene Biograf Prof. Dr. Robert Jütte war bis 1990 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Haifa und ist seitdem als Leiter des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung in Stuttgart tätig.
Er
ist Herausgeber der Krankenjournale Samuel Hahnemanns. So erschien im Jahr 2007 bei Haug der Band "Krankenjournal D 38. 1833-1835": "Samuel Hahnemann begann um 1799 damit, seine Patientenbefunde und Verordnungen systematisch zu notieren. Er behielt diese Praxis bis zu seinem Tode im Jahre 1843 bei und verfasste auf diese Weise 55 Bände, die so genannten 'Krankenjournale', von denen lediglich der erste Band als verschollen gilt. Mit dem 'Krankenjournal D 38 (1833-1835)' liegt ein weiterer Band aus der Köthener Zeit Hahnemanns vor." (Klappentext des Bandes)

"Non inutilis vixi" (Inschrift auf Samuel Hahnemanns Grabstein)

Samuel Hahnemann wurde am 10. April 1755 in Meißen an der Elbe geboren. Er besuchte die Fürstenschule und studierte Medizin sowie Pharmazie in Leipzig und Wien, war Ende der 1770er Jahre als Hausarzt und Bibliothekar in Hermannstadt tätig und promovierte anno 1779 in Erlangen. Hahnemann, der häufig aus pekuniären Gründen den Wohnort wechselte, zu Beginn seiner Laufbahn als
medizinischer Schriftsteller und Übersetzer arbeitete und keineswegs durchgehend eine eigene Arztpraxis unterhielt, war zweimal verheiratet: Seine erste Ehe mit der Adoptivtochter eines Apothekers (der zeitweilig sein Arbeitgeber war) währte 48 Jahre, dieser Ehe entstammten zahlreiche Kinder; sein zweites Glück fand Hahnemann im hohen Alter von 80 Jahren in Gestalt der damals 35-jährigen Mélanie d'Hervilby (siehe dazu auch Angeline Bauers Roman "Hahnemanns Frau" sowie Rima Handleys "Eine homöopathische Liebesgeschichte. Samuel und Mélanie Hahnemann"), mit der er nach Paris zog, wo er - spät aber doch - ein Dasein als regelrechter Modearzt führte.

Ausgehend von seinen berühmten Selbstversuchen mit Chinarinde im Zusammenhang mit Malaria ("Wechselfieber") anno 1790 entdeckte Hahnemann das Grundprinzip der Homöopathie neu, nämlich Ähnliches mit Ähnlichem zu kurieren ("Simile-Prinzip"), womit sich  Hippokrates und Paracelsus bekanntlich lange zuvor bereits beschäftigt hatten, und rückte fortan den Leiden hilfesuchender Kranker mit Tropfen und Kügelchen zu Leibe.
Hahnemann maß der eingehenden Patientenbefragung entscheidende Bedeutung bei und propagierte eine ganzheitliche Herangehensweise an Krankheitsbilder. Der experimentierfreudige "Vater der Homöopathie", der übrigens nicht wenige seiner Standesgenossen aufgrund ihrer mangelnden Einsicht bzw. ob der ihm in Deutschland zuteil gewordenen Ignoranz in akademischen Auseinandersetzungen als "Halbhomöopathen" zu bezeichnen pflegte, starb am 2. Juli 1843 im Alter von 88 Jahren in Paris.

Robert Jüttes konventionelle Biografie stellt einen ebenso lehrreichen wie lesefreundlichen Einstieg in die Materie dar.

(Franka Reineke; 07/2007)


Robert Jütte: "Samuel Hahnemann"
dtv, 2005. 280 Seiten.
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Lien zum Artikel "Samuel Hahnemann: Mehr als nur ein Denkmal" von Prof. Dr. Robert Jütte:
https://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=46342 

Weitere Buchtipps:

Samuel Hahnemann: "Krankenjournal D 38. 1833-1835"
Herausgegeben von R. Jütte, Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung, Stuttgart
(Haug)
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Samuel Hahnemann: "Organon der Heilkunst. Das Standardwerk der Homöopathie"
Textkritische Ausgabe der 6. Auflage. Bearbeitet und herausgegeben von J.M. Schmidt.
Gerade auf das Erscheinen der letzten Auflage ihres wichtigsten Werkes musste die Homöopathie am längsten warten. Obwohl Hahnemann das Manuskript seiner letzten, sechsten Umarbeitung des "Organon der Heilkunst" bereits 1842 fertiggestellt hatte, konnte Richard Haehl erst 1921 auf der Grundlage einer Abschrift des Manuskriptes eine vorläufige 6. Auflage publizieren. Es sollte noch bis 1992 dauern, bis es Josef M. Schmidt gelang, die erste, streng auf dem Originalmanuskript beruhende textkritische Ausgabe zu erstellen und herauszugeben.
In dieser hier vorliegenden textkritischen Fassung sind alle Änderungen Hahnemanns gegenüber der 5. Auflage durch die Kursivsetzung handschriftlicher Textstellen sowie durch Sonderzeichen für Tilgungen und Einfügungen gekennzeichnet. Auf diese Weise wird der Leser in die Lage versetzt, durch den Vergleich der vollständig wiedergegebenen beiden letzten Versionen Hahnemanns (1833, 1842) jede einzelne Neuerung als solche zu erkennen und in ihrer Bedeutung zu würdigen.
Ein akribischer wissenschaftlicher Anhang sowie fast 1700 auf den Text bezogene Anmerkungen lassen auch für den an sehr speziellen inhaltlichen wie formalen Details Interessierten keine Fragen offen. Durch übersichtliche Gestaltung und die konsequente Integration von Hahnemanns Fußnoten in den Haupttext ist das Buch trotz der Fülle an eingefügten Zusatzinformationen leicht zu lesen und auch gut als ständiges Nachschlagewerk zu benutzen. (Haug)
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M. Dinges, R. Jütte (Hrsg.): "Samuel Hahnemann und sein Umfeld"
Die Sammlung der Deutschen Homöopathie-Union (DHU) umfasst nahezu 100 bisher unveröffentlichte Dokumente aus Hahnemanns Briefwechsel. Diese Korrespondenz aus den Jahren 1805 bis 1841 wirft ein neues Licht auf Hahnemanns Beziehung zu Verlegern, Apothekern, Familienangehörigen und Kollegen. Auch konnte durch die Bearbeitung ein bislang unbekanntes Manuskript von Hahnemann entdeckt werden. Die Briefe wurden nach wissenschaftlichen Richtlinien transkribiert und mit kurzen Inhaltsangaben versehen. Anmerkungen der Herausgeber erschließen wesentliche Personen und Inhalte der Brieftexte. Einblick in den Kontext der Korrespondenz und der DHU-Sammlung gibt eine Einführung der Herausgeber. (Haug)
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Angeline Bauer: "Hahnemanns Frau"
Das unerhörte Leben der ersten Homöopathin.
Durch eine rätselhafte Krankheit gerät Mélanie, eine junge, umschwärmte Pariser Malerin, in eine tiefe Krise. Sie ist überzeugt, dass ihr allein Samuel Hahnemann helfen kann, der Begründer der Homöopathie, der im fernen Köthen praktiziert. Als Mann verkleidet macht sie sich auf den gefährlichen Weg. Hahnemanns Töchter begegnen ihr überaus feindselig - besonders, als sie bemerken, dass ihr fast achtzigjähriger Vater sich in die elegante Künstlerin verliebt. Eine unerhörte und als ungehörig angesehene Liebesgeschichte beginnt.
Ein spannender, auf historischen Begebenheiten basierender Roman über eine Frau, die gegen alle Widerstände für ihren Mann und dessen Lehre kämpft. (Aufbau)
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Rima Handley: "Eine homöopathische Liebesgeschichte. Samuel und Mélanie Hahnemann"
Im Mittelpunkt dieses Buches stehen Samuel Hahnemann (1755-1843), der Begründer der modernen Homöopathie, und Mélanie Hahnemann (1800-1877), eine junge Pariser Künstlerin, die er 1834, also im 80. Lebensjahr, heiratet. Mit großem Einfühlungsvermögen, anhand von vielfältigem, zum Teil unveröffentlichtem Quellenmaterial erzählt Rima Handley von den gemeinsamen Jahren dieser außergewöhnlichen Persönlichkeiten, von ihrer Liebe zueinander und ihrer beider Liebe zur Homöopathie. Daneben erfährt man bislang unbekannte Details aus einer großen homöopathischen Praxis in der Mitte des 19. Jahrhunderts. (C.H. Beck)
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