Gisbert Haefs: "Caesar"
Spannender Roman über eine schillernde historische Figur
Zur Mitte des ersten Jahrhunderts v. Chr. hin ist von der
römischen Republik nicht viel übrig geblieben, auch
wenn gerade kein Diktator regiert. Die Provinzen werden gierig
ausgesaugt, Senatoren missbrauchen ihre Macht, das völlig
verarmte Landvolk zieht nach Rom, wo gedungene Mörderbanden
ihr Unwesen treiben.
In Tusculum betreibt Aurelius, ein ehemaliger Centurio mit einer
kriegsbedingten Gehbehinderung, erfolgreich einen Gasthof. Eines Tages
erhält er hohen Besuch:
Cicero und ein zwielichtiger
Gesinnungsgenosse geben ihm die Ehre. Es gelingt ihnen, Aurelius zur
Aufgabe des Gasthofs zu zwingen und ihm die Aufgabe
aufzunötigen, als Feldkoch den in Gallien tätigen
Caesar auszuspionieren.
Doch Caesar, der Aurelius und dessen vielseitige Fähigkeiten
noch kennt, ist keineswegs so naiv, wie die Gegenfraktion sich das
vorstellt. Und Aurelius schätzt Caesar, auch wenn er dessen
offensichtlichen Griff nach der Macht nicht billigt. Daher wird
Aurelius rasch zu einem wertvollen Mitarbeiter Caesars. Er erlebt die
grauenvolle letzte Schlacht gegen Vercingetorix mit und darf
anschließend nach Rom zurückkehren, aber die
Ruhepause ist nicht von langer Dauer. Aurelius, inzwischen allem
Anschein nach in den Ruf eines Caesar-Vertrauten gelangt, wird
entführt und landet nach einigen Wirrungen in
Ägypten, wo Caesar den jungen Pharao Ptolemäus
entthronen und dessen Schwester
Kleopatra die
Königswürde zurückgeben möchte.
Ein weiterer Auftrag führt Aurelius nach Kleinasien.
Pflichtbewusst beginnt Aurelius mit der Durchführung, aber
inzwischen schreibt man die Iden des März 44.
Über Caesar wurde viel und kontrovers geschrieben, doch im
Mittelpunkt belletristischer Werke steht seine Persönlichkeit
eher selten. In diesem Werk begleitet der eigentliche Protagonist
Aurelius, aus dessen Perspektive der Roman erzählt wird,
Caesar von dessen großen Siegen in Gallien über
weite Teile der nachfolgenden Machtergreifung bis hin zur Ermordung an
den Iden des März, von der er allerdings, fernab des
Geschehens, nur mittelbar erfährt. Aurelius ist ein
sympathischer Protagonist, der sich, wenn nötig, in sein
Schicksal ergibt, zumeist jedoch im rechten Moment aufzubegehren
weiß und gerade deshalb von Caesar geschätzt wird.
Das Urteil des Aurelius gegenüber Caesar ist gespalten:
Einerseits möchte Aurelius auf keinen Fall eine neuerliche
Diktatur wie unter Sulla, andererseits erscheint ihm Caesar mit seiner
relativ ausgeprägten Aufrichtigkeit und seinen
fortschrittlichen Visionen für die Umgestaltung Roms als die
bessere Wahl - oder das geringere Übel - gegenüber
dem korrupten, unfähigen und trägen Senat. Caesars
Porträt in diesem Roman zeigt also weder
ausschließlich einen genialen Feldherrn und Politiker noch
ein machtbesessenes, skrupelloses Monstrum, denn Caesar war eine
Mischung aus allem, eine höchst interessante Mischung.
Aus der kritischen, dennoch loyalen Sicht des ehemaligen Centurios
präsentiert sich die antike Geschichte vielschichtiger und
natürlich wesentlich lebendiger und spannender als in
Geschichtsbüchern, zumal der Autor eine bezaubernde
Liebesgeschichte eingeflochten hat. Aurelius' Abenteuer wechseln sich
mit Kapiteln aus der Arbeit eines Chronisten ab, der die
römische Geschichte seit den Gracchen kurzweilig und zuweilen
sehr ironisch aufzeichnet, sodass der Leser reichlich
Hintergrundinformationen erhält und sich letztlich selbst ein
Bild von der Person Caesars machen kann. Dank der Karte des
römischen Reichs am Anfang und Ende des Buchs kann man
Aurelius' Reisen nachverfolgen, und etwaige Probleme mit Begriffen
löst das Glossar.
Da der Roman nicht nur spannend erzählt wird und viele
Einblicke in die Geschichte des Endes der römischen Republik
enthält, sondern auch die Charaktere überzeugend und
authentisch auftreten, ist das Buch sehr zu empfehlen: historisch
Interessierten sowieso, aber auch ganz pauschal Freunden guter Romane.
(Regina Károlyi; 04/2007)
Gisbert Haefs: "Caesar"
Heyne, 2007. 512 Seiten.
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Gisbert
Haefs, 1950 in Wachtendonk am Niederrhein geboren, lebt und schreibt in
Bonn. Als Übersetzer und Herausgeber ist er u.a. für
die neuen Werkausgaben von Ambrose Bierce,
Rudyard
Kipling und Jorge
Luis Borges zuständig.
Weitere Bücher des Autors (Auswahl):
"Die Geliebte des
Pilatus"
Es ist das Jahr 29 nach Christus. Eine geheimnisvolle Schöne,
ein römischer Offizier, ein nubischer Fürstensohn,
ein indischer Schankwirt: sie alle ziehen in der bunt
zusammengewürfelten Karawane des Händlers Demetrios
von der südarabischen Weihrauchküste in Richtung
Mittelmeer. Doch was ist der wahre Zweck ihrer Reise? Alle scheinen
insgeheim ganz eigene Pläne und Ziele zu verfolgen. Als zwei
der Mitreisenden tot aufgefunden werden, ist dies nur der Anfang einer
Kette von Verrat, Überfällen und Intrigen, in deren
Folge ein Teil der Reisenden brutal verschleppt wird. Als die
schöne Kleopatra endlich mit dem verbliebenen Rest der
Karawane in Jerusalem eintrifft, macht sie sich auf die Suche nach den
verschwundenen Mitreisenden. Ihr Weg führt sie in die Oase Ao
Hidis, wo ein rebellischer Räuberfürst den Aufstand
gegen Rom probt. Es kommt zum blutigen Kampf - und am Ende wird nicht
nur Kleopatras Geheimnis gelüftet sein.
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"Hannibal"
Die Geschichte Hannibals, des letzten Heros der freien alten Welt.
Gisbert Haefs vergnüglich-spritziger Roman über
Karthago und seinen großen Sohn. (Heyne)
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