Jean-Christophe Grangé: "Das Herz der Hölle"
Im
November 2007 war es endlich soweit: Der neue Thriller
von Jean-Christophe Grangé erschien in deutscher Sprache
beim Ehrenwirth-Verlag. Stolze 778 Seiten umfasst das rote gebundene
Buch, das mitsamt ansprechend illustriertem Schutzumschlag und
komfortablem Lesebändchen ausgestattet den Weg zum Leser
findet.
Mathieu hat einen eigenwilligen Lebenslauf vorzuweisen. Eigentlich
wollte der gläubige Christ
Priester werden, doch letztlich
wurde er Polizist. Sein bester Freund Luc, den er bereits aus
Kindertagen kennt, hat denselben Weg eingeschlagen wie er auch, und
obwohl die beiden durch ihren starken Glauben und den
ähnlichen Lebenslauf eng miteinander verbunden sind, trennen
sie doch einige Ansichten. So war Luc immer schon der Kämpfer
der beiden und geradezu besessen von der Idee, das Werk des Teufels auf
freiem Feld, also in der Realität, in Form von
Kriminalität, zu bekämpfen, während Mathieu
nie so unerschrocken war und unter vielem, was ihm der berufliche
Alltag aufzeigt, leidet.
Eines Tages jedoch geschieht etwas schier Unglaubliches: Luc wird ins
Krankenhaus eingeliefert und liegt im Koma - nach einem Suizidversuch.
Mathieu ist fassungslos. Er kann und will nicht glauben, dass ein
gläubiger Christ wie Luc eine solche Sünde auf sich
nimmt. Fest entschlossen beginnt er zu recherchieren und versucht
herauszufinden, was Luc zu dieser Tat gebracht haben könnte -
oder wer es so hat aussehen lassen, als sei es
ein
Suizid.
Diese Aufgabe wird für Mathieu ein persönlicher
Kreuzweg, bei dem er sich noch mehr Grausamkeiten ausgesetzt sieht als
in seinem bisherigen Leben und seiner bisherigen Laufbahn.
Grangés Thriller zeichnen sich vor allem
dadurch aus, dass sie hervorragend recherchiert sind, verschiedene
Aspekte detailliert ausarbeiten, aber auch sehr brutal und meist
mystisch sind. Dennoch gibt es von ihm bislang nur einen einzigen
Titel, der die Mystik am Ende als Lösung präsentiert.
Nur eine einzige Ausnahme also, aber sie reicht aus, um den Leser bei
"Das Herz der Hölle" vor ein Rätsel zu stellen: Gibt
es eine sehr reale Lösung von allem? Oder ist dies der zweite
Titel des Autors, der der Mystik das Feld überlässt?
Die Frage ist umso drängender, da der christliche Glaube einen
immensen, nämlich den größten, Stellenwert
in diesem Roman einnimmt. Wurde Luc
vom
Teufel verschlungen, von seinen Schergen, von jemand anderem,
überhaupt von jemandem?
Von einem Roman Grangés erwartet man zuallererst, dass er
einen schon auf den ersten Seiten in den Bann schlägt und bis
zur letzten nicht mehr loslässt. Und das schafft
Grangé auch mühelos über knapp achthundert
Seiten, wie "Das Herz der Hölle" zeigt. Beginnen Sie die
Lektüre also am besten an einem Freitag, wenn Sie das
Wochenende frei haben sollten, denn in den Schlaf kommen Sie ohnehin
nicht mehr, bis Sie Mathieus Kreuzweg bis zum Ende mitverfolgt haben.
Der Zauber des Romans liegt diesmal vor allem in den Sprüngen,
die Grangé eingebaut hat. Die Beziehung zwischen Mathieu und
Luc, ihre Lebensumstände und Motivationen entblättern
sich erst nach und nach. Diese Vorgehensweise ist vor allem deshalb so
geschickt, weil Mathieus Nachforschungen sehr lange auf der Stelle
treten, Ergebnisse sich als wertlos entpuppen und derlei mehr. So
wäre der Handlungsverlauf ein frustrierender, wären
die persönlichen Geschichten der Charaktere nicht geschickt
eingeflochten worden. Und dennoch sind die ausführlichen
Beschreibungen der Hintergründe aus Mathieus und Lucs Leben
keineswegs nur Lückenfüller, sondern am Ende staunt
man, wie perfekt sich die einzelnen Stränge, die einen zu
keinem Zeitpunkt aus der Handlung reißen,
zusammenfügen.
Wieder einmal hat Grangé einen spannenden, packenden Thriller
vorgelegt. Erneut besticht er durch Details in jeder Hinsicht,
schlägt jedoch nie über die Stränge, wirkt
brutal realistisch. Und Grangé stellt unter Beweis, was nur
sehr wenige Autoren vermögen: Von den 778 Seiten ist keine
einzige überflüssig, keine ein
Lückenfüller, kein Satz verschenkt. Da macht es nicht
nur umso mehr Freude, all diese Seiten zu lesen, sondern dies ist
zugleich eine Auszeichnung für einen Autor, der stets durch
Klasse überzeugt und diesen Weg überzeugend
weitergeht.
(Tanja Thome; 12/2007)
Jean-Christophe
Grangé: "Das Herz der Hölle"
(Originaltitel "Le Serment des Limbes")
Übersetzt von Thorsten Schmidt.
Ehrenwirth Verlag, 2007. 778 Seiten.
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Hörbuch:
Sprecher: Joachim Kerzel.
Lübbe Audio, 2007.
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Lien zur Netzseite des Autors: https://www.jc-grange.com/.