Stephen Hawking, Leonard Mlodinow: "Die kürzeste Geschichte der Zeit"


Der Stand der Forschung: so kurz wie möglich, so ausführlich wie nötig dargestellt

Haben Sie sich an Hawkings "Kurzer Geschichte der Zeit" vor einigen Jahren die Zähne ausgebissen? Oder fragen Sie sich, welche neuen Erkenntnisse es gibt, die Hawking damals noch nicht berücksichtigen konnte? Möchten Sie einfach wissen, wie das Universum funktioniert und woraus es besteht, obwohl Sie von Physik keine Ahnung haben? Dann gehören Sie zu dem Kreis potenzieller Leser, an den Hawking und Mlodinow sich wenden.

Schon in seinem ersten populärwissenschaftlichen Buch stellte sich Hawking der Herausforderung, die hochkomplexen physikalischen Gesetze, denen Materie und Universum gehorchen, allgemeinverständlich und in einem überschaubaren Rahmen zu erläutern. Das Buch überforderte allerdings stellenweise manchen weniger bedarften Leser. "Die kürzeste Geschichte der Zeit" liest sich zwar ebenfalls nicht so leicht wie ein Heftroman, aber bei der Lektüre wird deutlich, dass Mlodinow und Hawking das frühere Buch deutlich vereinfacht haben. Trotzdem, oder gerade deshalb, ist "Die kürzeste Geschichte der Zeit" angenehm und spannend zu lesen. Weniger bedeutende Sachverhalte, die den meisten Lesern wohl zu kompliziert und zu realitätsfremd (am besten trifft es das Wort "abgehoben") erschienen, tauchen im neuen Buch nicht mehr auf. Dafür fanden neueste Forschungsergebnisse Eingang, zum Beispiel bezüglich des Ursprungs und der weiteren Entwicklung des Universums sowie die revolutionäre Stringtheorie betreffend.
Im ersten Teil werden die unterschiedlichen Vorstellungen vom Universum von der Antike bis in unser Jahrhundert erläutert, wobei die Relativitätstheorie mit ihren Auswirkungen natürlich im Mittelpunkt steht. Es folgt eine Reise ins Innere der Materie, das sich nur über die Quantentheorie erklären lässt, die der Relativitätstheorie widerspricht. Abschließend geht es um den Versuch, beide Theorien, oder die von ihnen erklärten Naturgesetze, zu vereinigen, um den Makro- und den Mikrokosmos übereinstimmend beschreiben zu können, und um den am meisten versprechenden Ansatz hierzu: die erwähnte Stringtheorie.
Am Ende findet man Kurzbiografien der besonders wichtigen Physiker Einstein, Galilei und Newton, die auf die politische und historische Bedeutung dieser drei Genies eingehen, ein Glossar mit knappen, aber gut verständlichen Erläuterungen der Fachbegriffe und ein wohl durchdachtes Register.
An diesem Buch fallen neben dem anspruchsvollen Inhalt und dem dennoch unkomplizierten Erzählstil vor allem die ansprechenden farbigen Grafiken auf. Sie ergänzen und erläutern den Text optimal - veranschaulichen ihn im besten Sinne.
Die Ausstattung ist so hochwertig wie bei Rowohlt üblich, auch am Lektorat/Korrektorat gibt es nichts auszusetzen. Allenfalls einmal stutzte ich: "... die Hypothese des Chronologieschutzes, wie ich sie nenne, ..." Wer? Hawking oder sein Co-Autor? Aber da Zeitreisen, um die es in diesem Abschnitt geht, wohl doch nicht möglich sind, ist das vielleicht nicht wichtig.

Ich kann jeden, der sich für die Geheimnisse des Universums und seiner Bestandteile interessiert, zum Lesen von "Die kürzeste Geschichte der Zeit" ermutigen. Kürzer und besser begreiflich lässt sich dieses Thema sicher nicht darstellen.

(Regina Károlyi; 11/2005)


Stephen Hawking, Leonard Mlodinow: "Die kürzeste Geschichte der Zeit"
Übersetzt von Hainer Kober.
Gebundene Ausgabe:
Rowohlt, 2005. 190 Seiten.
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Taschenbuchausgabe:
rororo, 2010.
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Noch ein Buchtipp:

Hans Lenz: "Universalgeschichte der Zeit"

Das Werk verbindet einen umfassenden Überblick über die vielfältigen natur- wie geisteswissenschaftlichen Aspekte moderner Zeitforschung mit einer tiefgründigen Darstellung von Zeitbegriffen und Zeitrechnungssystemen zahlreicher Völker aus allen Epochen der Menschheitsgeschichte.
Besondere Aufmerksamkeit gilt - soweit es Zeitbegriffe und Zeitrechnung betrifft - dem Vergleich zwischen unterschiedlichen Kulturkreisen. Auch den physikalischen Zeitbegriffen sowie dem Zusammenhang von Zeitmessung und Astronomie spürt der Autor nach. (Marixverlag)
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