Armin Strohmeyr: "George Sand - Eine
Biographie
Glauben Sie nicht zu sehr an mein satanisches
Wesen"
George Sand - ein engagiertes Frauenleben im 19. Jahrhundert
Kaum bekannt unter ihrem eigentlichen
Namen Amantine Aurore Lucile Dupin, viel eher schon unter ihrem männlichen Pseudonym,
war George Sand (1804-1876) eine der produktivsten und meistgelesenen französischen
Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts. Wie uns Armin Strohmeyrs 232-seitige
Biografie zeigt, war die Ururenkelin August des Starken aber weit mehr als nur
eine Schriftstellerin. Sie war mit ihrem eigenständigen Denken und Handeln für
die Menschen der damaligen konservativen Zeit eine Provokation.
Schon früh war sie
von Gerüchten umwittert. Da
George
Sand unglücklich verheiratet war und die Kluft zu ihrem Ehemann Casimir
Dudevant immer unüberbrückbarer wurde, setzte sie die Trennung - eine Scheidung
sah das französische Recht nicht vor - durch. Dergestalt aus den Fesseln einer
ungeliebten Ehe befreit nahm sie sich das Recht zu zahlreichen Liebschaften
mit jüngeren (!) Männern. Da sie nicht einzusehen vermochte, dass einer Frau
die persönlichen und beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten eines Mannes vorenthalten
bleiben sollten, erregte sie als streitbare Bürgerin mit viel Zivilcourage die
Gemüter ihrer Zeit. Sie kämpfte für die bürgerlichen Rechte, nahm aktiv an der
Revolution von 1848 teil, setzte sich mit frühsozialistischen Ideen auseinander
und legte sich mit
Kaiser Napoleon III. an.
George Sand war aber auch eine Frau, der Freundschaften über alles gingen. Der
umfangreiche Kreis namhafter Dichter, Musiker, Maler und Gelehrter, mit dem
sie nicht nur in Pariser Salons verkehrte, sondern der auch auf ihrem im Süden
von Paris in der Landschaft des Berry gelegenen Schloss Nohant ein und aus ging,
spiegelt das geistige Panorama einer bewegten Epoche wider. Namen wie
Balzac,
Flaubert,
Heine,
Chopin,
Liszt, Auguste
Charpentier stehen hierfür. So kam es, dass das ihr anhaftende Schreckbild einer
'émancipatrice', die Hosen trägt und Zigarren raucht, in der Öffentlichkeit
allmählich dem versöhnlicheren Bild der 'bonne dame de Nohant' wich.
Der 1966 geborene Literatur- und
Musikwissenschaftler Strohmeyr gewährt in 14 Buchkapiteln einen vorzüglichen
Einblick nicht nur in das Leben einer außergewöhnlichen Frau, sondern
gleichzeitig auch in politisch bewegte Epochen der ersten acht Jahrzehnte des
19. Jahrhunderts. Er zeichnet das Bild einer erfolgreichen, überaus produktiven,
da disziplinierten Schriftstellerin, einer engagierten Bürgerrechtlerin,
warmherzigen Mutter, aber auch einer attraktiven Frau mit Esprit, die es zu
allen Zeiten verstanden hat, Männer anzuziehen. Um Missverständnissen
vorzubeugen: Eine in die Tiefe gehende Auseinandersetzung mit George Sands
umfangreichem literarischen Werk, in dem gerne die Begründung eines
problematisierenden Frauenromans gesehen wird, enthält Stromeyrs Buch
nicht.
Fazit: Der flüssig und verständlich geschriebenen einfühlsamen
Biografie, die durch eine Auswahlbibliografie, ein vierseitiges Personenregister
und einen achtseitigen Fototeil abgerundet wird, gebührt ein breiter Leserkreis.
Ein Lob gebührt dem Reclam Verlag in Leipzig, der mit ansprechendem Druckbild
und einem überaus geschmackvollen Einband das Buch zu einem Schmuckstück gemacht
hat.
(Matthias Korner; 11/2004)
Armin Strohmeyr: "George Sand - Eine Biographie
Glauben Sie nicht zu sehr an mein satanisches Wesen"
Reclam Leipzig,
2004. 232 Seiten.
ISBN 3-379-00808-7.
ca. EUR 20,50.
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Armin Strohmeyr lebt als Autor und
Publizist in Berlin.
Netzseite des Autors:
https://www.armin-strohmeyr.de/