Elisabeth de Lestrieux, Kees Hagemann: "Gartenpracht in Töpfen und Kübeln"
Mit einem Vorwort von Jürgen Dahl
Wer einen Garten hat, der setze seine Pflanzen in Erdreich. Was aber, wenn man keinen Garten hat, sondern lediglich über einen Balkon, eine Terrasse oder gar nur ein Fensterbrett verfügt, und sich doch mit Blumen und Bäumchen umgeben möchte?
Nichts Anderes bleibt, als sich Töpfe zu kaufen und Untersetzer - aus Kunststoff wenn möglich, nicht aus Ton, denn dieser lässt das Wasser durch und den Parkettboden darunter morsch werden. Aber selbst wenn Sie einen Garten haben, wird es Ihnen ein Verlangen sein, Pflanzen zu besitzen, die den Winter im Freien nicht überleben würden. Was liegt also näher, als durch Pflanzung in Töpfen oder Kübeln die Pflanzen mobil zu machen, diesen die frische Luft im Sommer zu gönnen und für den Winter Obdach zu gewähren. Darüber hinaus werden Töpfe und Kübel auch als gestalterische Elemente in Gärten eingesetzt, wo Pflanze und Tontopf ein Bild entstehen lassen, das keine Pflanze alleine könnte. Und so beschäftigt sich das Buch von Elisabeth de Lestrieux mit der Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten, die Pflanzen in Töpfen und Kübeln eröffnen.
Mit erstaunlicher Präzision wurde das Umschlagbild - fotografiert von Kees Hageman - ausgesucht, da es prototypisch für das gesamte Werk angesehen werden kann. Es dominieren zwei Farben: das Grün der Pflanzen und das Rot-Braun der Tontöpfe. Es gibt keinen blauen Himmel und keine bunte Blütenpracht. Und in diesen Farbnuancen, auch das Grün meist leicht gebleicht und nicht sonderlich kräftig, gestaltet sich das Buch. Mag es manchen LeserInnen zu fad erscheinen, so sind andere doch wieder außerordentlich begeistert, weil es ihrem Farbanspruch am nächsten kommt.
De Lestrieux zeigt in ihrem Buch, welche Schnittformen sich für Pflanzen in Töpfen eignen, wobei ihre besondere Liebe den Pudel- und Pilzformen zu gelten scheint, oder wie sich auch mit Kletterhilfen Clematis und Efeu darstellen, was sie ohne Formgebung nicht täten. Die Fotos diverser Wohngärten, sei es, dass diese gläsernen Gärten an die Außenseite des Hauses angelehnt sind oder einzelne Gebäudeteile verbinden, diese Fotos vermitteln ein Gefühl der Geborgenheit und des Miteinander von Mensch und Pflanze, wobei Kletterpflanzen und Bäumchen mit essbaren Früchten besonders verlockend sind, vermitteln sie doch den Schein, der Mensch wäre autark und könne sich selbst ernähren. Die Bedeutung verglaster Terrassen wird jedoch noch größer, wenn man beachtet, wie sehr dadurch die unmittelbare Anknüpfung an die ein Haus umgebende Natur erfolgt, wie sehr der Mensch, der sich darin befindet, vor den Unbilden der Witterung geschützt ist und zugleich von dem deutlich stärkeren Licht profitiert, welches die Zirbeldrüse zu stärkerer Hormonproduktion anregt und so vermittels Botenstoffen des Sich-Wohl-Fühlens unser Glück zu steigern imstande ist. Aber mehr noch wird uns durch Fotos, die herrschaftliche Orangerien und Wintergärten zeigen, das Gefühl vermittelt, wir könnten über die Verbindung von Pflanze und Mensch im geschützten Rahmen uns jener herrschaftlichen Macht nähern, die uns nicht nur vor der Kälte des Winters zu schützen imstande ist, sondern auch vor den Ungeschicken des Lebens, wie Armut und Krankheit.
Der Leser und die Leserin werden begleitet, wenn es darum geht die geeignete Form, das passende Material, die richtige Farbe oder die wirkungsvollste Glasur des Topfes - in diesem Falle eignet sich Portugal besonders als Herkunftsland - für die Pflanze zu finden, die umgetopft werden soll. Für den Fall, man habe sich in die große Familie der Zitruspflanzen verschaut, führt die Autorin eine Liste von 27 Citrusbäumen an, um es dem Pflanzer und der Pflanzerin zu ermöglichen, über das ganze Jahr verteilt Bäume zu bewundern, die entweder in Blüte stehen und den feinen Zitronenduft verbreiten oder durch das Leuchten ihrer Früchte das Auge erfreuen, wobei es einerlei ist, ob sie sich in rotbraunen Tontöpfen oder weiß lackierten Versailles-Kästchen befinden. Weiter geht es mit den Dickblattgewächsen, auch bekannt als Sukkulenten, welche bezogen auf das Gießen recht genügsam sind, gibt es doch in ihren Ursprungsländern lange Trockenzeiten. Aber auch von natürlichem Bewuchs ist die Rede, von solchem, der sich auf Mauern findet, auf Bäumen oder auf Dächern. Wassertonnen werden gezeigt, mit blühenden Seerosen und anderem Grün, der Stechapfel blüht, heißt er nun Brugmansia oder Datura, und nicht ganz winterharte Zwiebelgewächse werden des Winters mit dem Topf in die warme Stube geholt.
Auch wenn die Eintönigkeit der Bilder für so manches farbgewohnte Auge bereits angesprochen wurde, so ist diese wieder zu relativieren, da sich de Lestrieux durchaus mit der möglichen Farbpalette beschäftigt, die durch die gestaltende Hand des Gärtners oder auch der Gärtnerin zu erzielen ist. Bei Orange und Rot ragen Hibiskus und Azalee hervor. Mit Weiß beginnt eine liebliche Frühlingsstimmung, Schneeglöckchen und weiße Tulpen eröffnen den Reigen, der sich zu verschwenderischen Ansammlungen im Sommer steigert, ausgedrückt durch Hyazinthen und Papaver somniferum, den narkotisierenden Schlafmohn, und im Herbst sich wieder zurückhält, etwa durch Chrysanthemen oder Zimmerkalla. Fröhlich gestimmt werden wir durch das Gelb, in den blauen Blüten jedoch erkennen wir die Herrlichkeit des Himmels. Das Rosarote schließt den Reigen, und französische Geranien, hochstämmige Azaleen und der mittlerweile auch bei uns berühmte, jedoch zuvor nur durch Reisen in den Süden bekannte, rosarote Großstrauch Bougainvillea stehen dafür.
Mit Stolz zeigt die Autorin auch eine Fülle von Topf-Antiquitäten, darunter robustes, altes Gebrauchssteingut ebenso wie elegante Marmorvasen aus dem 17. Jahrhundert. Neben dem Erfreuen des Auges widmet sich das Buch auch der Gaumenfreude. Und so wird gezeigt, wie man auf dem Balkon oder sogar im Garten eine Gemüseterrasse anlegen kann. Dort reifen Kürbisse mit ihren vielgestaltigen Früchten und faszinierenden Farben, Ananaskirschen und Auberginen, Gurken, Erdbeeren, Rhabarber und amerikanische Blaubeeren. Aber auch Salate und Kräuter, die auf diese Weise immer frisch zur Verfügung stehen, lassen sich hervorragend in Töpfen ziehen.
Mit wichtigen Tipps zur Winterpflege, wie der Wurzelballen zu schützen ist, damit die Pflanze im nächsten Jahr wieder treibt, mit wertvollen Ratschlägen zu Düngen, Gießen und Umtopfen, damit die Pflanze, ausreichend mit Wasser und Nährstoffen versorgt, kräftig-grünes Laub und prachtvolle Blüten hervorbringen kann, einem sehr ausführlichen Index und einem Bezugsquellennachweis, dem einzig vorzuwerfen ist, dass er zwar viele Adressen in Deutschland, jedoch nur eine in der Schweiz und gar keine in Österreich enthält, schließen das Buch von Elisabeth de Lestrieux ab.
Seien Sie als Leser und als Leserin nicht enttäuscht, wenn Sie die wenigsten der angeführten Pflanzen kennen, denn um Ihr Wissen zu erweitern und zu vertiefen, ist dieses Buch doch gedacht. Anregend in den Bildern zwar, wirkt das Buch stellenweise etwas langatmig, wenn die Autorin an das Aufzählen geht und weniger die Pflanze in ihren Kombinationsmöglichkeiten darstellt.
(Pierre de Carois; 04/2003)
Elisabeth de Lestrieux, Kees Hagemann: "Gartenpracht in Töpfen und Kübeln"
Gerstenberg,
1997. 208 Seiten.
ISBN 3-8067-2077-0.
ca. EUR 45,-.
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