Neil Gaiman: "Sternwanderer"
Einen gefallenen Stern soll Tristran ihr holen, verlangt die schöne Viktoria, und der verliebte junge Träumer ist nicht mehr zu halten: Sofort macht er sich im Feenreich auf die Suche.
Das kleine Dörfchen
Wall hat seinen Namen auf Grund einer Besonderheit: einer Mauer. Diese ist
ziemlich beeindruckend, besteht schon seit Hunderten von Jahren und hat nur eine
einzige kleine Lücke, die beständig von zwei kräftigen Männern mit Knüppeln
bewacht wird, die alle acht Stunden abgelöst werden. Die Männer halten Kinder
und Neugierige von der Mauer fern, und nur gelegentlich wird ein anscheinend
Kundiger hindurchgelassen. Lediglich alle neun Jahre werden die Männer zur Zeit
des Jahrmarkts von Wall von der Mauer abgezogen. Dieser findet auf der anderen
Seite der Mauer statt. Aber unerlaubt ist seit hundert Jahren keiner mehr durch
die Lücke gegangen.
Wir schreiben die Zeit der frühen Regierungsjahre
von Königin Victoria, die Wissenschaft hat ihre große Zeit, und Zauberei und
Feenzauber werden nur belächelt. Der 18-jährige Dunstan Thorn möchte Wall
verlassen , weil er dieser vorhersehbaren Lebensweise jene in der
wissenschaftlich gelenkten Welt vorzieht. Doch zunächst hat er Wachdienst an der
Mauer, und dann bekommt er von einem zum Jahrmarkt Angereisten Geld und die
Erfüllung seines Wunschtraums angeboten im Gegenzug für eine
Übernachtungsmöglichkeit. In der selben Nacht zieht auch noch eine Art Gnom bei
ihm ein, den der Regen aus dem Baum, in dem er ansonsten übernachtete,
vertrieben hat. Am Tag des Jahrmarkts ist Dunstan mit seinem Gönner unterwegs
und sieht allerlei Erstaunliches. Dabei trifft er auch auf eine junge Sklavin,
die ihm eine Kristallblume verkauft und sich für den Abend mit ihm verabredet,
damit sie eine lustvolle gemeinsame Nacht verbringen. Danach ist Dunstans
Interesse an den Damen in seinem Dorf weitestgehend erloschen, und nur durch die
tätige Mithilfe der betroffenen Elternteile heiratet er schließlich doch seine
nunmehr uninteressant gewordene Jungendliebe. Wenige Monate darauf wird ein
kleiner Weidenkorb bei der Lücke in der Mauer gefunden, in dem sich ein kleiner
Junge befindet und ein Zettel mit Dunstans Name darauf. Der Junge heißt
Tristran.
Als dieser Tristran sich dem Erwachsenenalter nähert, verliebt
er sich in das schönste Mädchen im Dorf: Viktoria Forester. Doch diese ist dem
Ladenjungen, der einige Feencharakteristika aufweist, nicht unbedingt zugetan,
da sie ihn für unter ihrem Stand hält. Als die beiden eines Abends eine
Sternschnuppe sehen, gibt Viktoria Tristran gut gelaunt das Versprechen, dass
sie darüber nachdenken wird, ihn zu heiraten, wenn er ihr den Stern mitbringt,
der auf der anderen Seite der Mauer gelandet sein muss. Und da nur Dichter, Irre
und Verliebte auf die andere Seite der Mauer dürfen, darf Tristran passieren und
macht sich in dem Märchenland auf die Suche nach dem gefallenen Stern.
Dieser Stern ist aber in Wirklichkeit anscheinend das Zeichen der Macht
der Könige von Stormhold, das ebenfalls von den drei noch überlebenden Söhnen
des gerade verstorbenen Königs gesucht wird. Diese drei Söhne sind keine
besonders netten Leute, was daran zu sehen ist, dass sie ursprünglich noch vier
Brüder hatten, die alle auf eher unnatürliche Art und Weise zu Tode gekommen
sind, wie auch die Brüder des verstorbenen Königs vor ihnen. Der König hielt
seine verbleibenden Söhne deswegen für Weicheier, da sie es nicht geschafft
haben, bei seinem Tod auf die Zahl 1 zu kommen, was die Nachfolgeregelung
erschwert.
In einem kleinen Haus wohnen drei alte Frauen, deren
Spiegelbilder drei schöne junge Frauen in einem Palast sind. Sie sind die Lilim,
die selber Interesse an dem gefallenen Stern haben, und von denen nun sich nun
auch eine auf den Weg macht, um ihn zu erlangen.
So sind verschiedene
Personen mit sehr unterschiedlichen Interessen unterwegs, um den Stern zu
finden. Sie bewegen sich dabei durch ein Land, das so ungewöhnlich, seltsam und
zauberhaft ist, dass es in seiner Darstellung die Länder aus "Herr der Ringe" in
den Schatten stellt. Märchenhaftes für die erwachsenen Leserinnen und Leser.
Der Engländer Neil Gaiman, 1960 geboren, arbeitete zunächst in London als Journalist und wurde durch seine Comic-Serie "Der Sandmann" bekannt. Neben den Romanen "Niemalsland" und "Der Sternwanderer" schrieb er zusammen mit Terry Pratchett "Ein gutes Omen" und verfasste über seinen Kollegen und Freund Douglas Adams die Biografie "Keine Panik!". Er lebt seit einigen Jahren mit seiner Familie in den USA, in Minneapolis.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 09/2003)
Neil Gaiman:
"Sternwanderer"
Heyne, 2002. 224 Seiten.
ISBN 3-453-19933-2.
ca. EUR 6,95.
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Im
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Die freundlichen und zutreffenden Prophezeiungen
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(Warnung! Kinder! Es kann gefährlich sein, mit dem Weltuntergang zu spielen.
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