Richard Appignanesi, Oscar Zarate: "Freud lässt grüßen"

Alles, was Sie schon immer über Neurosen, Libido, Ich, Es und Über-Ich wissen wollten


Freude an Freud

Das vorliegende Buch ist eine Art Schnupperkurs für Freud-Freunde und solche, die es werden möchten - man erfährt hier "Alles, was Sie schon immer über Neurosen, Libido, Ich, Es und Über-Ich wissen wollten" (Untertitel). Ein verrückter Einfall, eine Wissenschaft als Cartoonband umzustrukturieren! So bekommt ein seriöses Thema plötzlich Pep und Komik - sicherlich können auf diese Weise Schwellenängste abgebaut werden. Und die Illustrationen von Oscar Zarate im altehrwürdigen Comicstil sind keine notwendige, aber durchaus animierende Ergänzung zu den jeweils auf den Punkt gebrachten Erläuterungen. Im Grunde geht Appignanesi in groben Zügen den Lebensweg Freuds und seinen wichtigsten theoretischen Ansätzen und Praktiken nach.

Im Jahr 1896 prägt Freud den Begriff "Psychoanalyse" - und der wird so begründet: "Das Ziel ist bescheiden ... Neurotisches Elend in normales Unglücklichsein zu verändern!" Resigniert zieht Freud eine Zwischenbilanz: "Und aus meinen Theorien ist finanziell nicht viel herausgesprungen." Einen breiten Raum nimmt in diesem Buch die Sexualtheorie ein: die orale Phase wird gekoppelt mit der Vertreibung aus dem Paradies ("wegen einer oralen Sünde"); die anale Phase wird mit dem Prometheus-Mythos verglichen (Konflikt: Krealitvität - restriktive Ordnung); in der phallischen Phase werden die Kastrationsängste gezeigt; in der Latenzphase verrät uns ein Knirps, der aussieht, als habe Freud eine Bauchrednerpuppe: "Sexuelle Neugier ist ausgesprochen menschlich." Und im Kapitel "Totemismus und Inzest" lesen wir noch das Diktum: "Sexueller Austausch ist die Basis für Kultur und Kommunikation." Spätestens hier wird wohl auch die augenzwinkerische zweite Dimension dieses Buches deutlich.

Da sich bei der Betrachtung der Trias Über-Ich/Ich/Es die Erkenntnis ergibt: "Denken und Sexualität sind miteinander verknüpft" - könnte man nun auch den neckischen Schluss ziehen, es könnte eine intellektuelle Lust sein, in diesem Band zu schmökern. Im englischen Original lautete der ursprüngliche Titel "Freud for Beginners" - in diesem Sinne könnte man hier neugierig werden, um sich weiterhin mit Freud zu beschäftigen. Cartoons als Starthilfe für Leute mit Textphobie wären ja auch eine raffinierte Strategie. Denn ist man erst mal dabei, lässt einen die Psychoschiene nicht mehr los!

(KS; 05/2006)


Richard Appignanesi, Oscar Zarate: "Freud lässt grüßen"
Deutsch von Klaus Staudt.
rororo Rowohlt, 2006. 173 Seiten.
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