Jakob Robert Schneider: "Das Familienstellen"
Grundlagen und Vorgehensweisen
Zwei Grundfragen leiten das
Familienstellen:
Was verstrickt uns in die Schicksale Anderer, und was löst
aus dieser Verstrickung?
Und: Wie kann die Liebe gelingen?
Das
Familienstellen hat sich - als Grundlage der allgemeinen Aufstellungsarbeit - in
den letzten 20 Jahren immer mehr verbreitet und ist mittlerweile nicht nur
fester Bestandteil der psychotherapeutischen Arbeit, sondern in seinen
Abwandlungen auch immer mehr Teil der unternehmerischen und organisatorischen
Beratung. Während aber im beratenden Bereich außerhalb der Therapie oder der
psychotherapeutischen Beratung oft in
Einzelsettings
gearbeitet wird, ist das Familienstellen nach Bert Hellinger eine
Gruppenerfahrung, in der die Gruppenteilnehmer als Stellvertreter einzelner
Familienmitglieder eines Klienten oder einer Klientin fungieren - oder auch als
ein wichtiges Abstraktum in dessen Lebens- und Erfahrungswelt.
Jakob
Robert Schneider ist einer der ersten Schüler und langjähriger Mitarbeiter von
Bert Hellinger, der nach einem Studium in
Philosophie,
Theologie,
Leibesertüchtigung und Pädagogik heute eine eigene sehr erfolgreiche Praxis
führt und außerdem im In- und Ausland im Familienstellen ausbildet. Seine
vielfältigen Erfahrungen in dieser Arbeit und in Zusammenarbeit mit Bert
Hellinger haben in dieses Grundlagenbuch Eingang gefunden, was es sowohl für
Neulinge als auch für "alte Hasen" zu einer lohnenden und erfreulichen Lektüre
macht.
Kurz und prägnant fasst er dabei vieles zusammen, was man in
Hellingers langjähriger Veröffentlichungsarbeit mühsam zusammen suchen müsste.
Dabei geht Schneider zwar einigen diskussionswürdigen Fragen ein wenig aus dem
Weg, aber der wichtigste Moment dieses Buchs ist die Vermittlung der Grundlagen
und der Methoden und nicht eine umfassende wissenschaftliche Diskussion
derselben. Fragen, die sich für den Leser ergeben, sollten mit der im Anhang
vorgestellten Literatur - oder noch besser im Gespräch mit anderen
Interessierten - bearbeitet werden.
Nach einer allgemeinen Einführung und Vorstellung des Familienstellens wird
der äußere Vorgang der Aufstellung an einigen eindringlichen Beispielen vorgestellt.
Im dritten Großkapitel werden dann die beiden Hauptpole der Familienproblematik
- die Bindung und die Lösung -
ausführlich besprochen, wobei auch die Theorie der drei Arten des Gewissens
vorgestellt wird, die sicherlich kontrovers zu sehen ist. Auf der Grundlage
der Bindungskräfte und seelischen Kräfte werden dann die grundlegenden Begriffe
der "Ordnungen der Liebe" und des "Flusses des Lebens" veranschaulicht. Besonders
hierbei werden die seelsorgerischen Quellen der Aufstellarbeit deutlich. Was
auch erklärt, warum einige der "Ordnungsprinzipien" ein wenig archaisch anmuten
mögen. Obwohl sie sich seltsamerweise in der praktischen Arbeit immer wieder
zu bestätigen scheinen.
Im vierten Großkapitel wird anschließend die
schrittweise Arbeit mit der Methode in einer sinnvollen Variationsbreite
vorgestellt, so dass auch Laien einen deutlichen Einblick in die
Funktionsmechanismen - soweit sie erklärbar sind - bekommen können. Der Begriff
des morphogenetischen oder morphischen Felds, der dabei in der Aufstellung
selbst eine Rolle spielt, bleibt weitestgehend unerklärt, aber wer schon einmal
Zeuge oder Teilnehmer einer Aufstellung war, wird seine Existenz zumindest
bestätigen können. Allen Lesern, denen dieser Begriff Schwierigkeiten bereitet,
kann man eigentlich nur raten, es einfach einmal auszuprobieren.
Das
fünfte Großkapitel zeigt sodann verschiedene Anwendungsbereiche der
Aufstellarbeit, worauf im Abschlusskapitel versucht wird, Ansätze einer
allgemeinen Theorie des Familienstellens zu entwickeln. Hierbei wird noch einmal
ein klarer Bezug auf die Verwandtschaft zur seelsorgerischen Arbeit
hergestellt.
Und genau daran zeigt sich, dass das Familienstellen auf
einer sehr positiven und hoffnungsvollen Grundlage beruht und dass Liebe - und
der daraus resultierende Wunsch, zu helfen - eine der Grundlagen der
therapeutischen und beratenden Arbeit in Hellingers Augen und Tradition sein
sollen. Und selbst wenn man in Anbetracht der Entwicklungen in der Welt eher zu
Zynismus neigen sollte, vermag einem dieses Buch - neben der versprochenen
Anleitung und Einführung - auch ein wenig mehr Hoffnung darauf zu machen, dass
sich vieles wieder zum Guten wenden kann.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 05/2006)
Jakob Robert Schneider: "Das
Familienstellen"
Carl-Auer Verlag, 2006. 210 Seiten.
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