Mako Yoshikawa: "Das Erbe der Geisha"
Die Macht der Vergangenheit
"Was meine Großmutter für ihre Kunden war, bin auch ich für eine signifikante Anzahl amerikanischer Männer: Ein Quell weiblicher und erotischer Listen, hundertundeine an der Zahl."
Im ersten Roman der in Amerika lebenden Autorin Mako Yoshikawa begleiten wir die Hauptfigur Yukiko durch lange Monate der Trauerarbeit, an deren Ende der Prozess der Selbstfindung einige Fortschritte gemacht hat. Yukiko, genannt Kiki, muss den tragischen Unfalltod ihres Geliebten, Phillip, den sie danach über einen langen Zeitraum hinweg noch als schemenhafte Erscheinung in ihrer Wohnung wahrnimmt, verkraften. Sie stürzt sich Hals über Kopf in eine neue Beziehung, die ausschließlich auf Sex basiert und versucht, den Schmerz über den Verlust auf diese Weise zu bewältigen.
Der neue Mann in ihrem Leben ist Eric, ein korrekter, zielstrebiger Anwalt und gänzlich anders als der faszinierende, abenteuerlustige Phillip, dessen "Geist" jedoch auch dieses Verhältnis überschattet. Parallel zum Verlauf dieser zum Scheitern verurteilten Beziehung blickt man mit Kiki auf die Lebensläufe ihrer Mutter sowie ihrer Großmutter, einer ehemaligen Geisha, zurück. Kiki fühlt die Seelenverwandtschaft mit dieser Frau, der sie noch nie persönlich begegnet ist. Sie kennt deren Vergangenheit aus tagebuchähnlichen Aufzeichnungen und den Erzählungen ihrer Mutter und bereitet sich in Gedanken auf das bevorstehende, erste Zusammentreffen vor. Dies geschieht, indem sie eine Unzahl von Fragen an die Großmutter formuliert, die ein durchgehendes Stilmittel dieses Romans darstellen. Dass schlussendlich keine einzige dieser Fragen beantwortet wird ist insofern unerheblich, als Kiki die Antworten bereits selbst ahnt, und die Bedeutung dieser Fragen mehr im Eingestehen eigener Empfindungen und Schlussfolgerungen besteht.
Auch der Originaltitel "One Hundred and One Ways"
findet sich in einer solchen gedachten Frage: "...Männer, die glaubten, du besäßest
einen Satz Schlüssel, die ihre Körper mit einem Stöhnen aufschließen würden, hundertundeinmal,
auf hundertundeine verschiedene Art?"
Ein Roman, der beherzt unterschiedlichste Themen verbindet, u.a. japanische
Geschichte, Frauenschicksale aus drei Generationen, Selbstfindung, Beziehungsprobleme;
deftig gewürzt mit
sexuellen
Abenteuern. Dennoch ist stellenweise jener Hang zur orientierungslosen
Oberflächlichkeit festzustellen, der ein Wesensmerkmal der "Generation X" darstellt.
Daher noch ein Denkanstoß: "Du merkst zu spät, das Leben ist gelaufen, auch
wenn du´s noch so führst"
(aus:
Peter Rühmkorf "Unter Stoff ins Off II).
(kre)
Mako
Yoshikawa: "Das Erbe der Geisha"
Taschenbuch. Heyne, 2001.
366 Seiten. ISBN 3-4531-7729-0.
ca. EUR 9,-.
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