Eduard Gugenberger: "Boten der Apokalypse"
Visionäre und Vollstrecker des Dritten Reiches
Die zentralen Figuren des Dritten Reiches stilisierten sich königlich und messianisch.
Sie gaben vor, nicht von dieser Welt zu sein und für die Erlösung zu kämpfen.
Viele Menschen waren ihnen verfallen und stürzten sich und viele andere in mörderisches
Unglück. "Boten der Apokalypse" erscheinen immer zu Zeiten, in denen sich sämtliche
Parameter für ihre "Mission" stimmig zusammenfügen. Ihre Inszenierung bleibt nicht
dem Zufall überlassen. Geschickt greifen sie menschliche Urbedürfnisse auf und
versuchen, archetypische
Bilder zu verkörpern. Sie stellen vorzügliche
Projektionsflächen dar, und es ist für alle unbescholtenen Bürger besonders
angenehm, die eigenen bestialischen Persönlichkeitsanteile an sie abzugeben.
Der Historiker Eduard
Gugenberger beschäftigt sich mit der Symbiose von
Rechtsextremismus
und Esoterik. In neun Porträts nationalsozialistischer Denker und
Vollstrecker zeichnet er die Lebensgeschichten dieser Männer nach, die - meist
von kindlichen Traumata belastet - in Größenwahnfantasien schwelgend gnadenlos
ihre fixen Vorstellungen einer perfekten Welt zu realisieren trachteten. Da
sind beispielsweise die unverstandenen Ideologen Hanns Hörbiger und
Alfred
Rosenberg. Oder Karl Haushofer, der dem NS-Regime die nötigen Impulse
für seine Eroberung neuen Lebensraums gab. Den krönenden Abschluss der
Kurzbiografien
machen Heinrich Himmler und
Adolf
Hitler.
Alle beschriebenen Personen waren mehr oder weniger an verschiedensten esoterischen
Disziplinen interessiert und machten sich in ihnen eifrig kundig. Gewonnene Erkenntnisse
wurden alsbald in eigene Gedankengebäude integriert und entsprechend missbraucht.
Sich selbst als Welterlöser betrachtend, manipulierten diese "Propheten" Menschenmassen,
welche für eine "höhere Idee" alles zu geben hatten.
Der Autor erweckt nicht
den Eindruck, sich näher mit Esoterik auseinandergesetzt zu haben. Ihn interessieren
in erster Linie Verbindungen zwischen Rassismus, Rechtsextremismus und esoterischen
Strömungen. Er fügt jedoch vorsorglich in einem Nachwort hinzu, dass sich seine
Kritik nicht auf jene Kreise bezieht, die sich mit Esoterik beschäftigen, ohne
dabei "politische Vernunft über Bord zu werfen". Angesichts der
Terroranschläge
in den USA sieht er eine besondere Notwendigkeit, seine Thematik zu
diskutieren.
(ama; 03/2002)
Eduard Gugenberger: "Boten der Apokalypse"
Ueberreuter, 2002.
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Ergänzende Literaturempfehlungen:
Hans-Ulrich Wehler: "Der Nationalsozialismus"
zur Rezension ...
Bewegung, Führerherrschaft, Verbrechen