Herbert Rosendorfer: "Deutsche Geschichte"

Ein Versuch
Von der Stauferzeit bis zu König Wenzel dem Faulen


Spannende Geschichte
"Einen Versuch", nennt Herbert Rosendorfer seine Darstellung der "Deutschen Geschichte", deren zweiter Band - zum Zeitraum 12. bis 14. Jahrhundert - nun vorliegt, und will damit zum Ausdruck bringen, dass es ihm nicht um die Vermittlung historischer Theorien geht, sondern eben um den Versuch, den aufregenden, spannenden Gang der deutschen Vergangenheit in möglichst chronologischer, übersichtlicher und auch synoptischer Weise erzählend darzustellen. Nun denn, es war den Versuch wert, und der Versuch ist gelungen, darf man sagen. Und liest sich nicht nur spannend, sondern ebenso gelehrig - und, was eine besondere Freude ist - humorvoll und kritisch (was die Sache umso spannender macht), wobei bei Rosendorfer die Lust an der Kritik mit einem virtuos gehandhabten Humor, voll der Abgründigkeiten, ineinander fließt.

Kaiser Barbarossa
- eine zweifelhafte Figur

Keineswegs trockene Geschichtswissenschaft erwartet demnach den Leser, sondern eine bissige Polemik im Geiste aufgeklärter Menschlichkeit, die an der zeitlich verflossenen Herrschaft skrupelloser Gewaltexperten - verklärend "die Aristokraten" genannt - und "feister Pfaffen" - wie sie Rosendorfer gerne nennt - kaum ein gutes Haar lässt. Was sich nicht schwerlich begründen lässt. Es ist dann auch keine deutsche Heldengeschichte (obgleich natürlich die "Deutschen Heldensagen" als vermutlich bedeutendster Ausdruck früher deutscher Literatur im Buch zur Sprache kommen), sondern vielmehr eine deutsch-römische Kriminalgeschichte, eine Kriminalgeschichte der weltlichen wie geistlichen Adelsherrschaft, die schonungslos vorführt und demaskiert, was bis in unsere Tage hinein teils immer noch - wohl zuweilen in Unkenntnis doch oftmals auch mittels gezielter Verfälschung oder tendenziöser Wiedergabe historischer Fakten - gehuldigt wird. So etwa das Andenken an den gemeinhin verehrten und von lobhudelnden Legenden umwitterten Kaiser Friedrich I., genannt Barbarossa, dessen historische Bedeutung aus diversen Gründen zwar nicht gering geschätzt werden darf, jedoch gutteils doch auf einem Mythos beruht, an dem der seiner Reputation bewusste und in der Anwendung von Propagandainstrumenten versierte Monarch selbst bereits mit nimmermüder Emsigkeit werken ließ. Eine eigentlich neue Facette in der Anschauung des großen Herrschers aus dem Geschlecht der Staufer, denn die Wirklichkeit des vielgepriesenen Helden deutscher Geschichte sah in der Tat anders aus als im Geschichtsunterricht immer noch fast regelmäßig gelehrt (was im Einzelfall in der Unbildung des Lehrkörpers begründet sein mag), war nämlich tatsächlich eine Abfolge von "kaiserlich-barbarossischen Scheußlichkeiten" und Schandtaten, um es in der Rosendorferschen Terminologie zur Sprache zu bringen. So verwüstete der bärtige Potentat mit fünf Italienzügen den blühenden Norden des Landes, brannte Mailand nieder und befahl ein Massaker unter der unschuldigen Zivilbevölkerung. Besonders verwerflich handelte Kaiser Rotbart nach Meinung Rosendorfers, als es darum ging, dem Papst für das freundliche Geschenk der Kaiserkrone eine höfliche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, zu diesem Zwecke er den von kaiserlichen Häschern aufgefassten Kirchenkritiker Arnold von Brescia der römischen Curie auslieferte. Diese hängte und verbrannte den unbequemen Geist und - so merkt Rosendorfer bitter an - versagt ihm bis heute die längst überfällige Bitte um Entschuldigung.

Ungesühnter Hexenwahn
Wie man jetzt bereits ahnen mag, ist der Bezug Rosendorfers zur römisch-katholischen Kirche ein betont kritischer und in der Sprachwahl begründet polemischer. Im neunten Kapitel wird eigens das Unheil der Inquisitionsgerichtsbarkeit abgehandelt, deren frommes Bestreben es war, im eigenen Interesse der Schäfchen, keine Seele dem ewigen Jubel im Paradies verloren gehen zu lassen. Rosendorfer lotet die menschlichen Hintergründe - ruchlose Frömmigkeit - aber auch die vom deutschen Kaiser dekretierte und nur als schändlich zu bezeichnende Rechtsgrundlage zur Tragödie der von Papst Gregor IX. im Jahre 1227 anbefohlenen Hexenverfolgung aus. Wie auch immer begründet (und um die Begründung scherte man sich wenig), die bei Häresie und Ketzerei zu verhängende Todesstrafe war Verbrennung bei lebendigem Leib. Die von Papst Wojtyla im Jahre "des Heils" 1999 öffentlich zelebrierte Entschuldigung entlarvt Rosendorfer als eine billige Schmierenkomödie, an Lächerlichkeit nicht zu überbieten, da sich die Bitte um Vergebung nicht an die Seelen der Gemarterten, sondern an Gott selbst wandte, dessen lebendiger Leib Christi nach unanzweifelbar gefestigter Lehre doch die Kirche selbst sei. "Also hat der Papst gebeten, sich selbst Sünden zu vergeben" - wundert sich Rosendorfer, und setzt nach: Wäre es dem Papst ernst, wirklich ernst mit dem Bedürfnis nach Entschuldigung, müsste er den Petersdom zusperren, die Cardinäle entlassen, das letzte Mal auf den Balkon treten und ex cathedra verkünden: "Schluss, aus, die katholische Kirche ist hiermit aufgelöst. Danke und noch einen schönen Tag." Und dann bräuchte nur noch der fundamentalistische Islam zu verschwinden ... - mit diesen Worten schließt Rosendorfer seinen Ausflug in die Religions- und Gesellschaftspolitik der Gegenwart ab.

Ein Lob der Pest
Man sieht, vom Geiste der Aufklärung animiert, beschränkt sich Rosendorfer keineswegs nur auf die unterhaltsame Darbietung historischen Faktenmaterials (wobei sein trockener Sarkasmus wahrlich zu Lachkrämpfen reizen kann), sondern erlaubt sich so manche eigentümliche Erwägung zur christlichen Verkümmerung des in der vorangehenden römischen Antike bereits in lichte Höhen gereiften europäischen Geistes. Und eigentümlich (aber für einen wirklichen Freigeist allemal noch selbstverständlich) ist dann wohl auch, weil (oberflächlich betrachtet) politisch unkorrekt, obgleich aus der Perspektive ökologischer Vernunft völlig einsichtig, ein Gedankenspiel in Bezug auf den demografischen Aderlass in Folge der Pestepidemie von 1348/53, wozu Rosendorfer völlig korrekt (aber nach Meinung überempfindlicher Zeitgenossen politisch unkorrekt) bemerkt: War dieser demografische Aderlass, obwohl eine Katastrophe für die damals Lebenden, aufs Ganze gesehen ein Segen? Wäre, wenn damals die Pest wirksam bekämpft worden und also nicht ein Drittel der Bevölkerung umgekommen wäre, die Welt heute schon unbewohnbar überbevölkert und nicht erst im Jahr 2100? Ein Lob der Pest seitens der Nachgeborenen? Ein Lob den Kriegen? Die Geschichte ist nicht nur grausam, sie regt sogar zu grausamen Gedanken an.

Wie wir wissen, bezeichnete auch ein Konrad Lorenz in seinem Buch von den "Acht Todsünden der zivilisierten Menschheit" bekanntlich die Überbevölkerung dieser Erde und insbesondere die Übervölkerung von Siedlungsräumen der hochentwickelten Weltteile, als die Schlimmste aller Todsünden. Wofür man ihn einer faschistoiden Gesinnung bezichtigte. Und ungeachtet der Warnungen von Männern und Frauen mit ökologischer Sachkenntnis erklärt die herrschende Politik in diesen Tagen die Schnapsidee einer Praxis tollwütiger Menschenvermehrung zum patriotischen Gebot. Auf dass diese Welt nicht erst im Jahre 2100 unbewohnbar werde.

Charakterlich verfaultes Pfaffenpack
Wie nun schon überdeutlich geworden, liest sich Herbert Rosendorfers "Deutsche Geschichte" sehr kirchenkritisch, um nicht zu sagen freidenkerisch antiklerikal. Zur Beschreibung kirchlicher Einmischungsversuche in die weltliche Politik äußert sich der Autor kämpferisch, über die allemal als nur wenig tugendsam umrissenen Verhaltensweisen der Kleriker herablassend. Und bedenkt man die dargebrachten Fakten, man will es ihm nicht verübeln. Dieses Buch wäre deswegen insbesondere für kadavertreue Christen eine geistige Wohltat, im Sinne einer Reinigung von innerlich abgelagertem amtskirchlichen Müll, sollte ihnen zumindest ein wenig zu denken geben, und das vor allem auch deswegen, weil Rosendorfer nebst seiner bissigen Religions- und Kirchenkritik nicht müde wird, und dieser Umstand sollte geeignet sein, christliche Leser der kritischen und selbstkritischen Sorte mit dem Autor partiell zu versöhnen, die historisch festzustellende Spielart christlicher Perversion in Differenz zu einem ernsthaften Christentum zu setzen, welches zum Beispiel die franziskanische Fraternität der Spiritualen verkörperte. Diese verkündeten, ein Horror in den Ohren des Papstes und der feisten Prälaten, dass Christus und die Apostel vermögens- und besitzlos gelebt hätten und dass alles andere Sünde sei. Der in seinem Wohlleben bedrohte Papst erklärte daraufhin überhaupt die Lehre Christi von der Besitzlosigkeit für häretisch, was selbst gemäßigte Gefolgsleute erschreckte und zum - erfolgreichen - Widerspruch reizte. Nichtsdestotrotz beliebte es, die franziskanischen Spiritualen bei Gelegenheit als Ketzer und Häretiker bei lebendigem Leib zu verbrennen, wie überhaupt der Orden des Heiligen Franz von Assisi in päpstlicher Umarmung erstickt, sprich seiner praktisch gelebten Ideale beraubt wurde. Eben selten nur waren untadelige Erscheinungen auf dem Papstthron gesessen, und fest verfangen war das deutsche Volk - das zu 90 Prozent aus Analphabeten bestand - im Aberglauben christlicher Prägung, der nur wenig mit der authentischen Lehre des Nonkonformisten Jesus Christus gemein hatte und - nach Auffassung Rosendorfers - bis zum heutigen Tag nicht viel davon hinzugewonnen hat.

Emanzipierung des Menschen
"Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!", postulierte einst der deutsche Philosoph Immanuel Kant, und in diesem Sinne beschreibt auch Rosendorfer einen Fortschritt in der deutschen Geschichte vom Untertanen zum selbstbestimmten Bürger, wie - auf herrschaftlicher Ebene - vom Kirchenknecht zum Souverän von eigenen Gnaden. Ersteres anhand deutscher Stadtkultur, deren, wenn auch mit Fäkaldüften geschwängerte, Luft wirklich (relativ) frei machte, und am Beispiel der Schweizer, welche ihrem unbändigen Freiheitsstreben folgend, die Familie Habsburg zum Teufel - oder genauer gesagt nach Wien - jagten und solcherart ein erstes Exempel für eine Gesellschaftsform ohne Adelsherrschaft gaben. Den durchgängig ebenso geistig vertrottelten wie moralisch verrotteten Adeligen weiß Rosendorfer kaum Rosen zu streuen, mit einigen wenigen Ausnahmen, deren gemeinsamer Wesenszug ihre grundlegende Distanz zur klerikal-curialen Partei wie überhaupt ihr (von religiöser Knechtung) freier Geist ist. Zu nennen sind hierbei vor allem Kaiser Friedrich II., der in seinen, auch verfeinerten ästhetischen Gesetzen genügenden Burgen, darunter das Weltjuwel Castel del Monte (die "Krone Apuliens"), einer erhabenen Praxis jenseits christlicher Nachtalben-Dumpfität frönte, des weiteren der Baier (er lebte zu einer Zeit, als man Baiern noch nicht mit "Y" als "Bayern" schrieb), Kaiser Ludwig IV., der 1328 dem Papst das angemaßte Vorrecht auf die Kaiserkrönung entwendete, diesen - welcher in der Gestalt des Johannes XXII. ein wahrhaftiger Charakterkrüppel war - (völlig zu Recht und in Reaktion auf dessen Bannfluch) der Häresie bezichtigte, ihn in weiterer Folge für abgesetzt erklärte und sich mit dem Franziskaner Fra Pietro einen eigenen Papst - von des Kaisers Gnaden (!) - krönte (was so viel wie eine Umwertung aller Werte darstellte), und schlussendlich Kaiser Karl VI., König von Böhmen aus dem Geschlecht der Luxemburger mit Residenz in Prag (wo Karlsbrücke, Karlsuniversität - die erste deutsche Universität - und Veitsdom an diesen großen Herrscher erinnern), der sich um eine Reform der reichsdeutschen Rechtsverfassung ernsthaft bemühte und, obgleich ursprünglich mit dem Makel des "Pfaffenkönigs" (weil ursprünglich der klerikal-curialen Partei zugehörig) belastet, mit Erlassung der "Goldenen Bulle" so ziemlich alle Privilegien strich, die der Oberschamanenstand von Rom mit der päpstlichen Bulle "Unam Sanctam" noch 1302 als göttliches Gesetz für sich erdreistet und in weiterer Folge auch immer eingefordert hatte. Zumindest diese drei Herrscherpersönlichkeiten verdienten es nach Auffassung Rosendorfers, aus dem ansonsten in seiner derben Charakterlosigkeit und selbstgefälligen Dummheit kaum noch zu unterbietenden und ergo abstoßenden Haufen deutscher Fürstenfiguren als wirkliche Kaiser, die des hoheitlichen Titels auch würdig waren, herausgehoben zu werden.

Im Geiste der Aufklärung
Resümierend ist somit festzuhalten: Rosendorfers Buch zur deutschen Geschichte zeichnet eine "Deutsche Geschichte" mit Standpunkt, nicht einfach nur spannend erzählt und mit bestechender Sachkenntnis vermittelt, sondern aus dem Geiste der Aufklärung heraus mit Liebe zum mündigen Menschen verfasst und voll der erfrischenden Polemik gegen die finsteren Mächte der Dummheit und des Aberglaubens, die das Mittelalter zum wahrlich "finsteren Mittelalter" verdunkelten.

(Tasso; 12/2003)


Herbert Rosendorfer: "Deutsche Geschichte. Ein Versuch.
Von der Stauferzeit bis zu König Wenzel dem Faulen" (Band 2)

Gebundene Ausgabe:
Nymphenburger, 2001. 319 Seiten.
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Taschenbuch:
dtv, 2003. 288 Seiten.
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Herbert Rosendorfer, am 19. Februar 1934 in Bozen geboren, war promovierter Jurist und Professor für bayerische Literatur. Er war Gerichtsassessor in Bayreuth, dann Staatsanwalt und ab 1967 Richter in München, von 1993 bis 1997 in Naumburg/Saale. Seit 1969 zahlreiche Veröffentlichungen, unter denen die "Briefe in die chinesische Vergangenheit" am bekanntesten geworden sind.
Herbert Rosendorfer starb am 20. September 2012 im Alter von 78 Jahren in Bozen.

Weitere Bücher des Autors (Auswahl):

"Briefe in die chinesische Vergangenheit"

Ein Mandarin aus dem China des 10. Jahrhunderts versetzt sich mit Hilfe eines "Zeit-Reise-Kompasses" in die heutige Zeit. Er überspringt nicht nur tausend Jahre, sondern landet auch in einem völlig anderen Kulturkreis: in einer modernen Großstadt, deren Name in seinen Ohren wie Min-chen klingt und die in Ba Yan liegt. Verwirrt und wissbegierig stürzt sich Kao-tai in ein Abenteuer, von dem er nicht weiß, wie es ausgehen wird. In Briefen an seinen Freund im Reich der Mitte schildert er seine Erlebnisse und Eindrücke, erzählt vom seltsamen Leben der "Großnasen", von ihren kulturellen und technischen Errungenschaften und versucht Beobachtungen und Vorgänge zu interpretieren, die ihm selbst zunächst unverständlich sind.
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"Deutsche Geschichte. Ein Versuch. Von den Anfängen bis zum Wormser Konkordat" (Band 1)
"Die Germanen - ein ungeordneter Volkshaufen von wohl zweifelhaften Ausdünstungen, aber ungebrochener Rauflust - traten erstmals gegen Ende des zweiten Jahrhunderts v. Chr. in Erscheinung, und zwar unangenehm ..." Mit ungefähr diesen Worten beginnt Herbert Rosendorfers eigenwillige Geschichte der Deutschen. Mit Sachkenntnis und einem grundsoliden, oft allerdings eher schwarzen Humor berichtet er von den Taten der Goten, Vandalen, Burgunder und Langobarden und entdeckt dabei Geschichten und Zusammenhänge, von denen wir bisher wenig wussten. So wird zum Beispiel endlich die Frage geklärt, wann die Alemannen begonnen haben, Häusle zu bauen und Käse zu machen. Hermann der Cherusker erweist sich als Wendehals der Geschichte, Attila rasselt ordentlich mit dem Säbel, vervollständigt seinen Harem und kommt dadurch zu Tode, die Agilolfinger arbeiten an der Entstehung des Freistaates Bayern und Heinrich der V. versucht vergeblich, zwei Hasen mit einer Hand zu fangen.
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"Die Kaktusfrau"
Mit leichter Hand und mit hintersinnigem Humor lockt Herbert Rosendorfer die Leser dieser Geschichten in eine wundersame Welt, in der das scheinbar Normale, das scheinbar Reale ins Fantastische übergeht.
Herbert Rosendorfers Erzählungen stecken voller Metamorphosen, Wanderungen und Träume, sie sind oft märchenhaft und bevölkert von grotesken Gestalten: Da wäre die kongeniale Gogol-Parodie vom braven Leibburschen Fedja und dem vermeintlich zum Frosch verwandelten Generalmajor Turkin, da ist der Kaktus eines unfreiwilligen Steuersünders, der allmählich zum reizenden Pygmalion wuchert. Es gibt einen Ulmer Hundehochzeitsunternehmer und seine Frau, die als Onassis- und Jackie-Kennedy-Darsteller auftreten, es gibt Drachen und Zwerge, Zentauren, die als Forstmeister arbeiten, und ein diplomatisches Maultier in den Anden. Ganz nebenbei wird der verloren gegangene Schluss von Kafkas Roman "Das Schloss" offenbart, ein gläsernes Buch kündet vom Goldenen Wind, der die Welt zur Wüste hobelt, das Vexierspiel um eine opulent-barocke Geheimgesellschaft in Venedig mündet in ein literarisches Rätsel und die Intrige um eine Chopin-Mazurka endet tödlich.
Mit diesen surreal-skurrilen Geschichten erweist sich Herbert Rosendorfer als Meister einer ins Komische gebrochenen literarischen Fantastik, die der modernen rationalen Welt und ihren "Gewissheiten" auf höchst unterhaltsame Weise den Zerrspiegel vorhält. Nur eines ist nach großem Lesevergnügen gewiss: Ihren Kaktus sehen Sie fortan mit anderen Augen - und Wetterfrösche im Glas erst recht! (Kiepenheuer & Witsch)
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"Die große Umwendung"

Vor fünfzehn Jahren hat Kao-tai mit Hilfe einer Zeitmaschine schon einmal die Welt der Großnasen erforscht. Nun kehrt der Mandarin aus dem 10. Jahrhundert auf der Flucht vor Feinden in das wiedervereinigte Deutschland zurück. Er landet in einer Stadt namens Kö-leng - und das mitten im Karneval. Auf der Suche nach seinen alten Freunden erfährt er von der "großen Umwendung". Es verschlägt ihn in die neuen "Schüssel-Provinzen", ja er gelangt sogar bis nach New York und in den Vatikan. Seine dramatischen Erlebnisse und verwirrenden Eindrücke hält er auch diesmal für seinen Freund im Reich der Mitte fest.
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"Huturm. Nachrichten aus der Tiefe der Provinz"
Große Geschichte gespiegelt im Kleinen - lustvoll, verschmitzt, mit unbändiger Fabulierlust erzählt.
In Huturm am See kreuzen sich in den 20er-Jahren des 19. Jahrhunderts die Wege des Fürsten Feldenwerth-Tragans und des Wandergesellen Friedrich Guggemot. Die Nachwirkungen der Napoleonischen Kriege haben sie in diesen verlassenen Winkel gespült. Der Eine will sein Schloss, ein säkularisiertes Kloster, in Besitz nehmen, der Andere ist auf der Suche nach Arbeit; sie beide und ihre Nachkommen werden die Geschicke von Huturm über mehr als ein Jahrhundert prägen.
In der Tiefe der Provinz, sprich: im Herzen Österreichs, siedelt Herbert Rosendorfer sein vergnügliches, über sechs Generationen reichendes Historiengemälde an, von den Wirren der 1848er-Revolution über den Zweiten Weltkrieg bis in die Jahre unter us-amerikanischer Besatzung. Und so wie sich Europa in diesem Zeitraum verändert, so verändert sich auch Huturm. Aus dem Dorf wird eine Stadt mit mondänen Kurhotels, während das Schloss verfällt und schließlich von den Besatzern beseitigt wird; die Fürstenfamilie versinkt in der Bedeutungslosigkeit, während parallel die Nachkommen des "dahergelaufenen" Guggemot zu Hotelbesitzern und Kommerzialräten aufsteigen. In Episoden durchmisst Rosendorfer die beiden Jahrhunderte und reichert seine gedoppelte Familiensaga mit zahlreichen Anekdoten, Seitenhieben und Histörchen an. (Folio)
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"Der Meister"
Eine köstliche Satire auf den Wissenschaftsbetrieb.
In einer Bar in Venedig erinnern sich zwei Freunde an ihr musikwissenschaftliches Studium: Da gab es den "göttlichen Giselher", der alles über Musikinstrumente wusste, aber keines spielte, oder die schöne Helene Romberg, die allen den Kopf verdrehte. Aber vor allem sprechen sie über einen Studenten, der wegen seiner Akribie "der Meister" genannt wurde. Um seinen Lebensunterhalt aufzubessern, schrieb er Artikel für ein Musiklexikon - und erfand dabei so manchen Komponisten hinzu, etwa Thremo Tofandor. Als jedoch eine eifrige Studentin über diesen zu forschen begann, geriet der Meister in Bedrängnis. Um nicht aufzufliegen, erfand er immer neue Details hinzu und komponierte am Ende sogar dessen Werke! Spätestens als ein Fachartikel über ihn erschien, gab es keinen Zweifel mehr: Thremo Tofandor existiert - und wurde seinem Erfinder am Ende zum Verhängnis ... (Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann)
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