Jérôme Delafosse: "Im Blutkreis"
Gesprochen von Simon Roden

(Hörbuchrezension)


Jérôme Delafosse legte mit "Im Blutkreis" sein Erstlingswerk vor, das von vielen hoch gelobt wurde. Seit 2007 ist nun auch die von Simon Roden gelesene gekürzte Hörbuchfassung mit sechs CDs und einer Laufzeit von sieben Stunden erhältlich.

Nathan Falh erwacht in einer norwegischen Klinik aus dem Koma - und kann sich an nichts erinnern. Schon kurz nach seinem Erwachen fühlt Nathan sich zu Recht bedroht und flieht schließlich aus der Klinik, um auf eigene Faust seiner Vergangenheit nachzuspüren, sich an sich selbst wieder zu erinnern. Sein Weg führt ihn über Paris zunächst nach Italien, wo Nathan schließlich Kontakt zu der geheimnisvollen Schriftrolle bekommt, das so genannte Elias-Manuskript, die er stückweise übersetzen lässt. Derweil lässt ihn sein verlorenes Gedächtnis jedoch nicht los, und Nathan setzt seine Suche nach sich selbst fort - in Ruanda, im Kongo, im Ewigen Eis, in Frankreich und Ägypten ... immer gefolgt von Berichten über neu übersetzte Fragmente aus dem Manuskript. Wer ist Nathan wirklich? Ist er ein Teil der großen Verschwörung des Blutkreises? Freund? Feind?

Dass der erste Roman von Delafosse schon vor seinem Erscheinen von einigen Pressestimmen gefeiert wurde, verwundert nicht wirklich. Dan Brown hat mit seinen Romanen eine ertragreiche Lücke in der Literatur entdeckt, in die sich einzureihen schon fast automatisch ein Garant zu sein scheint. Eine Portion Verschwörung, eine Dosis Mystik, ein Hauch Kirchengeschichte und deren Ableger, das Ganze serviert in einem Mantel aus Thriller - fertig ist der Bücherhit.

So oder ähnlich mag es gelaufen sein, denn Parallelen zu entsprechenden Titeln sind unübersehbar. Leider bringt Delafosse jedoch nicht wirklich etwas Eigenes in seine Geschichte ein, so dass der Leser - oder hier Hörer - schnell gelangweilt ist, ungeduldig wird und schließlich resigniert.

Die Lesung durch Simon Roden vergrößert das Interesse an der Geschichte selbst für Hörbuchfreunde nicht, sondern verstärkt noch die aufkommende Langeweile. Roden trägt alles sehr ruhig, besonnen, nachdenklich und stellenweise fast melancholisch vor - völlig unpassend bei einem Thriller, in dem der Protagonist auf der Suche nach sich selbst und verfolgt von Unbekannten durch die ganze Welt hetzt, um ein Geheimnis zu lüften.

Auch die Stimmmodulation Rodens weiß nicht zu überzeugen. Zwar fällt dies nicht sonderlich ins Gewicht, da die Geschichte ohnehin aus Nathans Perspektive erzählt wird und Nebenfiguren stets nur zeitweise als Randerscheinungen auftreten, aber gerade dem Hörbuchfan wird auffallen, dass Rodens Bandbreite, zumindest bei diesem Titel, sehr gering ist. Lediglich weibliche Stimmen sind deutlich von Nathan zu unterscheiden, bei männlichen Nebenfiguren und auch bei den eingeflochtenen Lesungen aus dem ominösen Manuskript sind praktisch keine Unterschiede festzustellen.

Dies ist nicht nur enttäuschend, sondern macht das ohnehin schon langweilige Hörbuch zu einer anstrengenden Angelegenheit, will man nicht auch noch die wenigen Fäden verlieren, die es überhaupt bei diesem Titel gibt.

Über die Qualität von Dan Brown kann man streiten, über den Erstling von Jérôme Delafosse nicht mehr. Konstruierte Langeweile auf ganzer Linie, hier als siebenstündige, einschläfernde und noch einmal langweiligere Lesung verpackt: das erwartet den Hörer bei "Im Blutkreis".

Wer Wert auf spannende Unterhaltung mit Niveau legt, sollte sich an Delafosses Landmann Jean-Christophe Grangé orientieren oder lieber einem anderen Erstlingswerk eine Chance einräumen.

(Tanja Elskamp; 03/2007)


Jérôme Delafosse: "Im Blutkreis"
Gesprochen von Simon Roden.

(Originaltitel "Le Cercle de Sang")
Aus dem Französischen von Michael von Killisch-Horn.
Random House Audio, 2007. 6 CDs; Laufzeit 7 Stunden.
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Buchausgabe:
Limes, 2006. 416 Seiten.
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Jérôme Delafosse, 1972 in der Bretagne geboren, ist Fotoreporter und Filmregisseur mit den Spezialgebieten Wissenschaft und Abenteuer. Sein besonderes Interesse gilt Unterwasseraufnahmen - er ist professioneller Taucher. Seit vielen Jahren ist er für seine Reportagen und Dokumentationen überall in der Welt unterwegs. Er hat an verschiedenen Expeditionen teilgenommen und Grabungsarbeiten, auch unter Wasser, begleitet. Neben seinen Dokumentarfilmen für das Fernsehen werden seine Beiträge in internationalen Magazinen und Zeitungen veröffentlicht, darunter "Le Figaro", "Paris Match", "The Sunday Times", "The Independent", "Der Spiegel" und "Geo".