Ann Grafton: "Dekowechsel"


"Ich brauch Tapetenwechsel, sprach die Birke ..."
Ann Graftons Inneneinrichtungsbuch bietet eine Fülle von Anregungen für ein neues Wohngefühl


Gerade im Frühling verspürt nicht nur die berühmte Birke aus Hildegard Knefs Lied Lust auf Veränderung. Wer kennt es nicht, das unbestimmte, aber drängende Bedürfnis, sein Zuhause komplett anders zu gestalten oder, wenn Zeit und Geld nicht reichen oder der an seiner gewohnten Umgebung hängende Partner streikt, zumindest durch einen neuen bunten Vorhang die fröhliche Stimmung, die der letzte Urlaub am Meer vermittelt hat, endlich auch in den eigenen vier Wänden zu genießen.

Für die Stoffdesignerin Ann Grafton war der Umbau und die Renovierung ihres Hauses in Cornwall die Anregung, ihr erstes Buch "Dekowechsel" der Fülle von kreativen Möglichkeiten zu widmen, welche die Ausstattung der verschiedenen Räume eines Heimes bietet.

Die Ideen zur Gestaltung eines Interieurs können neben Reisen auch von der Natur, Büchern, Erinnerungen oder einfach von alten Stoffresten inspiriert werden. Ihre Umsetzung allerdings muss, wie Grafton betont und in mehreren Kapiteln ausführt, sorgfältig geplant werden. Noch bevor eine möglichst detaillierte Aufstellung der notwendigen handwerklichen Arbeiten oder auch das Aussuchen von Stoffen und Möbeln erfolgen kann, gilt es, sich intensiv mit den vorhandenen Gegebenheiten auseinander zu setzen. Jede Inneneinrichtung will wohl durchdacht sein, und nur wer sein Heim wirklich kennt, wird die richtigen Entscheidungen treffen können.

Größe, Proportion und andere bauliche Eigenschaften eines Raumes, seine jetzige und zukünftige Funktion und seine Lichtverhältnisse sind ebenso wie die gewünschte Stimmung wichtige Planungsfaktoren, die alle die Auswahl von Farben, Oberflächenstrukturen, Bodenbelägen, Möbeln, Textilien und dekorativen Details beeinflussen. Doch gerade die Erarbeitung eines Stils, den man sich für ein Zimmer wünscht, ist - gleichgültig, ob Schlichtheit, Romantik oder Gemütlichkeit im Vordergrund stehen sollen - oft nicht so einfach, wie man es sich anfangs vorgestellt hat. Manchmal kann es ein einzelnes Stück wie ein Lieblingsbild sein, das den Ausschlag für die gesamte Gestaltung eines Raumes gibt, aber auch die Zusammenstellung einer von der Autorin vorgeschlagenen Ideentafel, die Stoffe, Fotos, Muster, Farbproben und Skizzen sammelt, kann dabei von großem Nutzen sein.

Ausführlich befasst sich Grafton mit der Wirkung und der Verwendung von unterschiedlichen Farben und Materialien, mit deren vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten sich praktisch jede gewünschte Raumwirkung erzielen lässt. Richtig eingesetzte farbige Wände oder Dekorationselemente wie Zierleisten können die Proportion eines Zimmers positiv verändern, luftige Vorhänge eine sommerlich-frische Stimmung oder schwere, in warmen Tönen gehaltene Überwürfe Geborgenheit erzeugen.

Bei aller Konzentration auf die dekorative Wirkung der Einrichtung vergisst die Designerin aber nicht auf praktische Überlegungen oder kostengünstige Alternativvorschläge. Denn abgesehen von weit über der ursprünglichen Kalkulation liegenden Ausgaben können auch mangelnder Stauraum, schwer zu reinigende Sofabezüge und fehlende Steckdosen die Freude am Wohnen dauerhaft vergällen.

Ein weiterer Teil des vom gefragten Innenarchitektur-Fotografen Simon Upton ansprechend illustrierten Buches widmet sich den Verwandlungen, die man in einem Raum schon durch die Änderung von kleinen Details erzielen kann. So lässt sich bereits mit einem Teppich, neuen Sesselhussen oder überlegt platzierten Dekorationsobjekten der Gesamteindruck ohne großen Aufwand verändern. Mit wenigen Handgriffen kann der Wandel der Jahreszeiten auch in Innenräumen reflektiert, ein Zimmer für die unterschiedliche Nutzung am Tag und in der Nacht adaptiert oder der passende Rahmen für festliche Anlässe geschaffen werden.

Ann Grafton, die das Buch gemeinsam mit der auf Innenarchitektur- und Designthemen spezialisierten Autorin Helen Chislett verfasst hat, ist Kreativdirektorin der britischen "Colefax"-Gruppe, der die Firmen "Jane Churchill", "Manuel Canovas" und andere führende Stoffhersteller angehören. Es überrascht also nicht, dass ihre Einrichtungsvorschläge deutlich vom englischen Geschmack geprägt sind, doch werden auch heimische Leser genug Anregungen finden, die sich auf andere Stil-Vorlieben übertragen lassen.

Wem einzelne Stücke gut gefallen, muss sich selbst auf die - wahrscheinlich ohnehin kreativere - Suche machen, da der Anhang des Bandes nur allgemeine Bezugsadressen bietet, die sich überdies neben ein paar Inneneinrichtungsläden in Deutschland, der Schweiz und Österreich vor allem auf Großbritannien konzentrieren.

Trotz dieses kleinen Wermutstropfens bietet Ann Graftons Buch jedem, der ein komplettes neues Interieur plant oder auch nur einen einzigen Raum verändern möchte, zahlreiche praktikable Tipps und Inspirationen, wie man seine Lust auf "Tapetenwechsel" nutzen kann, um aus bloßen Zimmern einladende Lebensräume zu schaffen.

(sb; 03/2003)


Ann Grafton: "Dekowechsel"
Mit Fotos von Simon Upton. Text von Helen Chislett.
Aus dem Englischen von Claudia Brusdeylins.
Gerstenberg, 2003. 192 Seiten, 410 Abbildungen.
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