Jeffery Deaver: "Der gehetzte Uhrmacher", "Die Menschenleserin"


Ein psychopathischer Serienkiller versetzt New York in Angst

Es ist Dezember in New York, und die Nächte werden immer kälter. Da findet ein Wachmann am Ende eines Piers zahlreiche Blutspuren und Anzeichen dafür, dass an dieser Stelle jemand am Boden fixiert worden war, den man langsam ausbluten ließ. Daneben steht eine etwas ungewöhnliche Uhr im viktorianischen Stil, die eine Mondphasenanzeige hat, und ein Zettel mit einem Gedicht weist darauf hin, dass hier die Tat einer Person vorliegt, die sich als "Der Uhrmacher" bezeichnet.

Kurz darauf wird in einer versteckten Nebenstraße die Leiche eines Mannes gefunden, der unter einem von ihm selbst gehaltenen Eisenstück gelegen hatte, bis er es eben nicht mehr halten konnte und es ihm die Atemwege zerquetschte. Auch hier findet sich eine der beschriebenen Uhren.
Der Hinweis auf einen Serientäter und die seltsamen Tatumstände bringen die New Yorker Polizei dazu, ihre "ermittlungstechnische Geheimwaffe" ins Spiel zu bringen: den gelähmten Ermittler Lincoln Rhyme. Zusammen mit Amelia Sachs und einigen anderen Helfern soll er den "Uhrmacher" dingfest machen, möglichst, bevor dieser noch einmal zuschlagen kann. Und das scheint dringend notwendig zu sein, denn schnell stellt sich heraus, dass jemand genau zehn der fraglichen viktorianischen Uhren gekauft und den Verkäufer bedroht hat für den Fall, dass er irgendjemandem von diesem Geschäft erzählt.

Ein Rennen gegen die Zeit mit einem von der Zeit besessenen Gegner beginnt, in dem es Amelia und Lincoln immer wieder im letzten Moment gelingt, die neuen Opfer vor einem schrecklichen Schicksal zu retten. Und dies, obwohl Amelia aufgrund ihres ersten eigenen Mordfalls in einer anderen Gegend nicht ihrer ungeteilte Aufmerksamkeit auf den Fall des "Uhrmachers" lenken kann.
Der andere Fall reicht schließlich sogar so weit, dass sie beginnt, ihre eigene Arbeit und Zukunft bei der Polizei in Frage zu stellen. Und damit auch ihre eigene Person.

Neben den üblichen Verdächtigen findet sich in "Der gehetzte Uhrmacher" auch noch eine neue Spezialistin mit einem etwas ungewohnten Sachgebiet, das jenem von Lincoln eigentlich genau entgegenläuft. Und mit dem "Uhrmacher" gibt es einen neuen Gegner, der nicht nur die Protagonisten, sondern auch den Leser ständig in Atem hält und ein Vorausahnen des Endes nahezu verunmöglicht.

Fazit:
Gut konzipierte Krimiunterhaltung mit plastischen und Neugier weckenden Figuren, die hoffentlich zum Teil auch in den Folgebänden noch mitspielen werden. Gutes Lesevergnügen, das einem ein paar kalte Schauer den Rücken jagt.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 02/2007)


"Die Menschenleserin"

Ein brisanter Fall für Jeffery Deavers neue faszinierende Ermittlerin Kathryn Dance

In "Der gehetzte Uhrmacher" begegneten Lincoln Rhyme und Amelia Sachs der Kinesiologin Kathryn Dance, die dem zunächst ein wenig ablehnenden Lincoln hilfreich unter die Arme greifen konnte. Denn wo Lincoln Zeugen bestenfalls als unzuverlässig und schlimmstenfalls als falsche Spur sieht, hat sie sich darauf spezialisiert, die Körpersprache und Intonation ihrer Mitmenschen genau zu untersuchen und so Rückschlüsse auf den Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen zu ziehen. In "Die Menschenleserin" spielt sie nun selbst die Hauptrolle, und Lincoln und Amelia tauschen sich mit ihr nur kurz in einem Telefongespräch aus.

Mittlerweile arbeitet Kathryn beim "California Bureau of Investigation" und tritt dort in erster Linie als Verhörspezialistin auf. Nach dem Unfalltod ihres Mannes ist sie außerdem eine alleinerziehende Mutter, doch das lässt sie in ihrer Aktivität nicht innehalten. Tatsächlich wird sie auch oft bei Fällen hinzugezogen, die nicht auf den ersten Blick in ihren Aufgabenbereich fallen. In diesem Zusammenhang wird ihr der "Kultmörder" Daniel Pell vorgeführt, der sich wegen eines vor beinahe zehn Jahren in der Gegend begangenen Mordes verantworten soll. Hierfür wird er aus einem Hochsicherheitsgefängnis in eine lokale Strafanstalt gebracht, um dort verhört zu werden. Schnell stellt Kathryn bei ihm ein paar ungewöhnliche Stressoren fest, was sie einige bisher gefundene Indizien zu dem Fall hinterfragen lässt. Kurz nach dem Verhör gelingt Pell die Flucht aus dem etwas weniger gesicherten Bezirksgefängnis, und dabei kommen einige Beamte schwer zu Schaden.

Entschlossen nimmt Kathryn mit ihrem Team die Ermittlungen und die Verfolgung auf und stellt dabei fest, dass es wirklich schwierig ist zu entscheiden, wer im Leben bei wem die Fäden zieht. Denn der Kontrollfanatiker Pell, der schon vor seiner Inhaftierung ein Meister im Manipulieren der Menschen seiner Umgebung war, hat erheblich dazugelernt und hinterlässt neben Leichen auch einige sehr verstörte Menschen auf seinem Weg in die Freiheit.

Durch einen Enthüllungsautor sowie einen Kultspezialisten des FBI bekommt Kathryn aber bald tieferen Einblick in Pells Denken und Fühlen, und als sie auch noch Kontakt mit einigen ehemaligen "Kultistinnen" Pells aufnimmt, kreist sie den rücksichtslosen Egomanen immer enger ein.

Bis etwa zur Mitte ist der Roman ein wenig schleppend geschrieben. Doch dann entwickelt sich die Handlung zunehmend rasanter, und die Figuren werden dabei auch immer plastischer. Außerdem erfährt man viel über Verhöre - und dabei auch über "normale" Gespräche. Zu diesem Thema hat der Autor netterweise auch noch eine kleine Literaturliste angehängt. 
"Die Menschenleserin" ist ein etwas anderer Kriminalroman, der die Bezeichnung "Psychothriller" wirklich verdient.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 02/2008)


Jeffery Deaver: "Der gehetzte Uhrmacher"
(Originaltitel "The Cold Moon")
Übersetzt von Thomas Haufschild.
Blanvalet, 2007. 512 Seiten.
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Jeffery Deaver: "Die Menschenleserin"
(Originaltitel "The Sleeping Doll")
Übersetzt von Thomas Haufschild.
Blanvalet, 2008. 544 Seiten.
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