Louis-Philippe Dalembert: "Die Insel am Ende der Träume"
238
Seiten umfasst das Taschenbuch aus dem litradukt-Verlag, das seit
Oktober 2007
erhältlich ist und deutschsprachigen Lesern die karibische
Literatur ein Stück
weit näher bringen will.
Der Ich-Erzähler der Geschichte ist namenlos und bleibt es
auch. Dennoch weiß
er den Leser zu überzeugen, zu begeistern und auf seine eigene
Reise
mitzunehmen, wenn er von seinen Erlebnissen in Bezug auf Ile de la
Tortue
berichtet. Als er auf Kuba nämlich einen Fremden in einer Bar
kennen lernt,
macht dieser ihm ein verlockendes Angebot: Der Erzähler soll
ihn nach Ile de la
Tortue begleiten, um ein Abenteuer zu erleben, aber auch - und dies ist
für
den Erzähler viel ausschlaggebender -, um dort das
große Geld an Land zu
ziehen. Der Fremde berichtet von zuverlässigen Quellen, nach
denen Pauline
Bonaparte einst ein Vermögen auf der Insel vergraben haben
soll. Und der Fremde
will mit dem Erzähler teilen - erst die Kosten, dann den
Gewinn.
Der Erzähler wittert seine große Chance und
lässt sich auf das Angebot ein.
Zu verlieren hat er ohnehin wenig, von dem bisschen
Geld,
das er noch hat,
vielleicht einmal abgesehen. Er lässt sich treiben, hat keine
feste Arbeit,
keine Familie. Eine Frau gibt es dennoch in seinem Leben, doch diese
scheint
unerreichbarer zu sein als die Möglichkeit, einen Schatz zu
heben.
"Die Insel am Ende der Träume" präsentiert sich
hauptsächlich als beinahe
schon klassischer Abenteuerroman.
"Eine packende karibische Geschichte in
der Tradition des Abenteuerromans voll barocker Erzähllust,
Humor und Erotik",
verrät die Buchrückseite dem potenziellen Leser, und
tatsächlich trifft diese
Beschreibung es sehr genau.
Gut, der Humor ist nicht so vordergründig, dass er gesondert
erwähnenswert wäre,
doch packend ist das beschriebene Abenteuer durchaus.
Zu einer Überraschung führt die Wende, die irgendwann
eintritt, wenn die
leisen politischen Äußerungen der Charaktere lauter,
aggressiver und
unmittelbarer werden. Doch durch eben diese Wandlung, die die
Geschichte und mit
ihr der Leser vollzieht, wird "Die Insel am Ende der Träume"
zu einem
aktuellen, gegenwärtigen und eigenen Werk. Es handelt sich
also wahrlich um
einen Roman "in der Tradition des
Abenteuerromans", es ist ein Abenteuerroman, und doch ist es
kein
Abklatsch von irgendetwas Anderem.
Sehr gelungen und vielschichtig sind auch die Charaktere, die
Louis-Philippe
Dalembert in die Geschichte aufgenommen hat. Vom Protagonisten, der -
obwohl
er dem Leser gegenüber doch alles preisgibt - immer ein wenig
Distanz wahrt,
über die starken Frauencharaktere, die eben diese Distanz zu
Fall bringen können,
bis hin zu tiefgehenden und plastisch erscheinenden weiteren Haupt- und
Nebenfiguren.
Dalemberts Roman eignet sich für Freunde von Abenteuerromanen,
die auch offen für
andere Themen sind, aber aufgrund der verschiedenen Themen ebenso
für solche
Leser, die sich eigentlich nicht so für klassische Abenteuer
begeistern können.
Ein wenig schade ist lediglich, dass die fremdsprachigen Passagen des
Buches nur
teilweise am Ende desselben übersetzt werden, die jeweiligen
Stellen jedoch
nicht durch Fußnoten im Text oder ähnlich
gekennzeichnet wurden, wie dies bei
anderen Publikationen des Verlages durchaus der Fall ist. So
blättert man
manches Mal vergebens nach hinten, um ein anderes Mal eine
Übersetzung und
Anmerkung zu verpassen. Doch für den Lesefluss ist diese
Vorgehensweise
vermutlich die angenehmere, und ob man die einzelnen fremdsprachigen
Aussagen
nun versteht oder nicht, ist für den Kontext des Buches
letztlich auch nicht
ausschlaggebend.
(Tanja Thome; 01/2008)
Louis-Philippe
Dalembert: "Die Insel am
Ende der Träume"
(Originaltitel: "L'île du bout des rêves")
litradukt literatureditionen Peter Trier, 2007. 238 Seiten.
Aus dem Französischen von Peter Trier.
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Louis-Philippe Dalembert, Lyriker, Romanautor, Literaturwissenschaftler und Journalist, wurde 1962 in Port-au-Prince geboren, hat die ersten 25 Jahre seines Lebens in Haiti verbracht, und durchstreift seither nach eigener Aussage als Vagabund die Welt. (Nord- und Südamerika, Karibik, Afrika, Europa, den Nahen und Mittleren Osten).