Paulo Coelho: "Der Alchimist"
"Man
sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."
(Aus "Der kleine Prinz" von
Antoine de
Saint-Exupéry)
Ein Märchen mit orientalischem Charme
Santiago ist ein junger andalusischer Hirte. Er besitzt sechzig Schafe und ist mit sich
und der Welt zufrieden. Ist er wirklich zufrieden? Seit einiger Zeit verfolgt
ihn ein immer wiederkehrender Traum: In Ägypten, am Fuße der Pyramiden, liege
ein Schatz für ihn bereit. Der Traum lässt ihn nicht mehr los. Was bedeutet dieser
Traum? Kann man seinen Träumen folgen?
Dies ist die Kernfrage, um die es in Paulo Coelhos
Buch geht. Und die Antwort wird, durch die Begegnungen mit zahlreichen
spirituellen Lehrmeistern, facettenreich präsentiert: Folge deinem Herzen, und
das Universum unterstützt dich mit all seiner Macht.
So verlässt Santiago
seine Heimat und begibt sich auf eine lange Reise
nach
Ägypten. Es ist eine ungewöhnliche Abenteuerreise voller Gefahren.
Diebe,
Betrüger und Krieger kreuzen seine Pfade. Er trifft einige Ratgeber, die ihm
dabei helfen, seinen Weg zu finden. König Melchisedek ermuntert ihn, Gottes
Zeichen wahrzunehmen. Von ihm erhält er die beiden magischen Steine Urim und
Thummim, die sich fortan in seinem Gepäck befinden. In Tanger arbeitet er
einige Monate lang bei einem Kristallwarenhändler und verhilft diesem zu
geschäftlichem Erfolg. Während dieser Zeit verdrängt er seine Träume. Die
Trennung fällt ihm schwer.
Er schließt sich einer
Karawane an, die sich gemächlich durch den Wüstensand windet, auf dem weiten
Weg nach Ägypten. Hier trifft er einen belesenen Engländer, der auf der Suche
nach einem Alchimisten ist. Was sind
Alchimisten?
Sind das Magier, die Blei in Gold verwandeln können? Alchimisten können viel
mehr. Sie verstehen die Sprache des Universums, die den meisten Menschen fremd
ist. Sie tauchen ein in die Weltenseele und nutzen deren positive Kraft.
Während eines Aufenthalts in einer Oase hat Santiago eine Vision von einem
Überfall. Seine Warnung rettet die Bewohner der Oase vor einem feindlichen
Angriff. Neugierig geworden, sucht der Alchimist diesen seltsamen Reisenden auf.
Gibt es da einen Fremden, der die Sprache der Wüste versteht? Der Alchimist wird
sein Lehrmeister und begleitet ihn auf dem weiteren Weg zu den Pyramiden.
Im Verlauf der Geschichte
muss Santiago immer wieder Gewohntes aufgeben. Das ist der Preis für seinen
individuellen Weg. In Südspanien gibt er seine Schafe auf und
in
Tanger seine Arbeit als Kaufmann. Besonders schwer fällt ihm die Trennung
von seiner Freundin Fatima. Die hat er in einer Oase kennengelernt und sich
regelmäßig mit ihr getroffen. Sie will er unbedingt wiedersehen. Nach einigen
weiteren Abenteuern findet Santiago seinen Schatz. Das Ergebnis ist für ihn sehr
überraschend.
"Der
Alchimist" ist ein orientalisches Märchen, das einfache Weisheiten vermittelt
und den Leser für ein paar Stunden in seinen Bann ziehen kann. Paulo Coelho ist
ein begnadeter Erzähler, auch wenn die vermittelten Weisheiten einem Buch über
positives Denken entstammen könnten. Wer "schwere Kost" liebt, wie zum Beispiel
Werke von Dostojewski,
sollte von diesem Buch die Finger lassen. Derjenige, dem "Die Möwe Jonathan" gefällt, wird
auch dieses Buch mit Begeisterung lesen.
Manche Rezensenten vergleichen das Buch
mit Hermann Hesses "Siddhartha".
Einen Vergleich mit diesem unsterblichen Werk der Weltliteratur halte ich für
überzogen.
(Klemens Taplan)
Paulo Coelho: "Der Alchimist"
(Originaltitel "O Alquimista")
Aus dem Brasilianischen von Cordula Swoboda Herzog.
Diogenes.