Hannelore Cayre: "Der Lumpenadvokat"
Hannelore
Cayre erzählt in ihrem
Buch "Der Lumpenadvokat", das in deutscher Sprache als 154-seitiges
Taschenbuch beim Unionsverlag erschien, die Geschichte eines
scheiternden
Strafverteidigers. Dabei hat die Autorin zwar aus ihrem eigenen Metier
heraus
geschrieben - sie selbst ist Strafverteidigerin mit ähnlicher
Klientel, über
die auch ihr Protagonist verfügt -, aber doch sorgsam auf
Abgrenzungen
geachtet. So ist ihr Protagonist beispielsweise männlich und
sitzt hinter
Gittern.
Leibowitz verdient sein Geld in erster Linie mit der Verteidigung von
Zuhältern.
Dabei ist er jedoch eher als resignierender Charakter und nicht als
Idealist zu
sehen. Dennoch hat Leibowitz trotz aller Derbheit das Herz im Grunde am
rechten
Fleck. Jedoch sehnt er sich danach, auch einmal zu den wirklich gut
Verdienenden
seiner Branche zu gehören, und da kommt ihm ein Angebot des
Kollegen Lakdar
gerade recht: Leibowitz sieht einem Klienten von Lakdar so
ähnlich, dass die
beiden die Plätze tauschen sollen. Das bedeutet für
Leibowitz Gefängnis, aber
irgendwann danach eine große Stange
Geld, die ihn von
sämtlichen Geldnöten
befreien und ihm den gewünschten Luxus ermöglichen
würde. Leibowitz willigt
schließlich in den Handel ein, doch noch bevor er ins
Gefängnis geht, wagt er
es, Lakdar zu demütigen, was sich für Leibowitz als
lebensgefährliche Aktion
herausstellt ...
Die Buchbeschreibung verrät: "Leibowitz [...] freut
sich auf den Lohn,
den [sic!] ihn erwartet. Doch Lakdar wird der
Mitwisser Leibowitz nach
getaner Arbeit lästig. Womit er allerdings nicht gerechnet
hat: Leibowitz hat
Sinn für Gerechtigkeit und kann ganz schön fies
werden."
Kurzerhand trifft diese Beschreibung nicht so wirklich auf Cayres Roman
zu, denn
Lakdars Motive sind andere, und Leibowitz wandelt sich im Verlauf des
Buchs auch
keineswegs zum moralischen
Rächer. Wer also erwartet, dass die
Beschreibung des
Buches genau zutrifft, könnte enttäuscht sein. Umso
mehr, weil die Geschichte
auf Seite 149 relativ abrupt nach einem vierseitigen Epilog endet. Zwar
werden
die Hauptstränge des Buches allesamt abgeschlossen, und der
Leser muss nicht
befürchten, inmitten des Geschehens plötzlich ohne
Auflösung dazustehen,
allerdings gehört "Der Lumpenadvokat" zu den Büchern,
denen ein höherer
Umfang sicherlich gut getan hätte.
Abschließend bekommt der Leser neben einigen Informationen
zur Autorin und zum
Übersetzer auch ein übersetztes Interview mit der
Autorin, das interessante
Einblicke bietet und dem Buch einen hohen Mehrwert verleiht -
vielleicht sollte
man gar öfter Romane mit Autoreninterviews zum Titel
abschließen, denn dieser
persönliche Einblick in die Hintergründe und teils
auch das Schaffen des
Werkes bleibt - in diesem Fall länger als die Handlung selbst
- lang im Gedächtnis.
"Der Lumpenadvokat" bietet seichte Unterhaltung, ist schnell gelesen
und bleibt nicht allzu lang haften. Das klassische Lesefutter
für "zwischendurch"
also, bei dem man nicht viel falsch machen kann, wenn man diesem Genre
zugeneigt
ist.
(Tanja Elskamp; 10/2007)
Hannelore Cayre: "Der Lumpenadvokat"
(Originaltitel "Commis d’office")
Aus dem Französischen von Stefan Linster.
Unionsverlag, 2007. 154 Seiten.
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Hannelore Cayre wurde 1963
geboren.
Ein weiteres Buch der Autorin:
"Das Meisterstück. Ein Fall für Leibowitz"
Christoph Leibowitz, das liebenswerte Scheusal, ist frisch aus dem Gefängnis
entlassen und versucht, als Advokat der kleinen Gangster und Ganoven wieder Fuß
zu fassen. Als einer seiner Stammkunden wegen eines aufsehenerregenden
Bilderraubs in die Mühlen der Pariser Justiz gerät, findet er sich unversehens
mitten in einer Raubkunst-Affäre, die bis in die besten Kreise und die dunkle
Vergangenheit Frankreichs reicht.
Wie kommt es, dass das geraubte Gemälde seines heiß geliebten Schiele in
keinem Werkverzeichnis auftaucht? Aktenkundig ist nur, dass zuletzt Hermann Göring
ein Auge darauf geworfen hatte. Sicher ist sicher, denkt Leibowitz, und schafft
den erotischen Mädchenakt vorsichtshalber erst einmal in seine Wohnung. (Unionsverlag)
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