Piero Onori: "Sprechende Körper"
Capoeira - ein afrobrasilianischer Kampftanz
"Das
Leben und die Liebe sind ein ständiger Kampftanz, der hohe Ansprüche an die Flugkunst
der Menschen stellt. Capoeira lehrt, diesen Tanzkampf anzunehmen."
Capoeira - eine Form der Körperkunst, die auch in Europa immer
mehr Anhänger findet. Ebenso schön wie eindrucksvoll, ebenso anmutig wie
irritierend präsentiert sich diese raffinierte Kombination aus Rhythmus, Tanz,
Kampf und Akrobatik. Doch hinter den wohlgeformten Körpern der Capoeiristas, den
tierhaften Bewegungen des Kampfs und den tranceinduzierenden Klängen der Instrumente
verbirgt sich weit mehr, als ein oberflächlicher Blick freizulegen vermag.
Mit seinem bereits 1988 erschienenen Buch "Sprechende Körper"
reist der Musikethnologe und Philosoph Piero Onori weit zurück zu den Ursprüngen
dieses Kampftanzes. In eine Zeit, in der der Menschenhandel
wilde Blüten trieb und abertausende Schwarzafrikaner ihrer Heimat entrissen
wurden. Wer Capoeira in den Sklavenhütten des heutigen Brasiliens nun wirklich
erfunden hat oder welche konkreten Tanz- und Kampfformen sich dabei vermischten,
diese Fragen vermag auch Onori nicht zu beantworten.
In
den kurz gehaltenen Kapiteln eröffnet sich allerdings ein historischer Überblick
von den möglichen Anfängen Capoeiras über ihren Einsatz in den Straßenkämpfen
der Favelas bis hin zu gegenwärtigen Stilen und Darbietungen in Shows und Vereinen.
Fotografien des Schweizer Fotografen Onorio Mansutti veranschaulichen beschriebene
Manöver und geben Zeugnis von der Vitalität und Dynamik der Capoeiristas.
Mittels
Liedertexten untermauert Onori seine Entdeckungen, während er die Ganzheit Musik-Tanz-Kampf
in ihre Einzelteile zerlegt. Schlüssig und verständlich beschreibt er die unterschiedlichen
Funktionen der drei Komponenten: die Geheimsprache der Instrumente, die Tarnung
im Tanz und die Psychohygiene des Kampfes. Beinahe beiläufig und redundant wird
die gelebte "Philosophie nach dem Schlag
auf die zweite Wange" vermittelt, die
zur bestimmenden Lebenseinstellung der/des Capoeirista wird und ihn/sie lehrt,
den Gefahren des Lebens mit List, Lebensfreude und Ästhetik zu begegnen.
Piero Onoris Werk eignet sich zum ersten Kennenlernen eines Kampfsports, den Frauen
und Männer jeglichen Alters auszuüben in der Lage sind - ersetzt jedoch nicht
dessen kinästhetische Dimension.
(Judith Reitstätter; 07/2002)
Piero Onori: "Sprechende Körper. Capoeira
- ein afrobrasilianischer Kampftanz"
Edition diá, 2002. 68 Seiten.
Buch
bei amazon.de bestellen
Informationen zu Capoeira in Wien und Europa auf:
www.capoeiravienna.at
https://www.capoeuropa.com/
Weitere Buchtipps: Grischa Rodust: "Capoeira Camará. Brasilianische
Leidenschaft zwischen Tanz und Kampf"
Nestor Capoeira: "Capoeira. Die außergewöhnliche Kampfkunst aus Brasilien"
Capoeira, zugleich Selbstverteidigung und Tanz, fasziniert durch Artistik und
rhythmische Musik.
Der brasilianische Autor beschreibt die Herkunft und Geschichte dieser
reizvollen Sportart und gibt gut verständliche Anleitungen zum praktischen
Training. (Weinmann)
Buch
bei amazon.de bestellen
"Capoeira Camará" ist der weltweit einzige Bildband, der die Capoeira
zum Thema hat. Es zeigt den heutigen Zustand der Capoeira in Brasilien und
anderen Teilen der Welt. Gezeigt wird eine persönliche und unverfälschte
Sichtweise auf diese Kulturform. Das Emotionale wird vermittelt, ohne jedoch den
objektiven Blick zu verlieren.
Der Bildband funktioniert auf zwei Ebenen. Dem Außenstehenden soll es die
Capoeira in ihrer ganzen Vielschichtigkeit zeigen und somit vermitteln, dass es
sich nicht bloß um einen Kampftanz handelt. Der Musik, den Emotionen und dem
geschichtlichen Hintergrund kommt genauso viel Bedeutung zu wie dem Spiel an
sich. Die Texte geben dem Außenstehenden einen Einblick in diese Kulturform, während
die Fotos das Geschriebene visuell unterstreichen.
Der Bildband nähert sich dem Thema mit rätselhaften Bildern. Die Neugier wird
zusätzlich durch den ersten Text gesteigert, in dem der Leser erfährt, was
Capoeira alles bedeuten kann.
Nach der Einleitung werden die "Grundregeln" der Capoeira erklärt. Im
Anschluss bekommt der Leser den ersten deutlichen visuellen Eindruck des
Kampftanzes. Einem textlichen Abriss über die Historie folgen thematisch
passende Bilder. Außerdem werden bekannte Capoeira-Größen zitiert und ausführlich
vorgestellt.
Nachdem die Bedeutung und Wichtigkeit der Musik hervorgehoben wird, erklärt ein
kurzer Text das Begrüßungsritual.
Nun beginnt der visuelle Eintritt in die Roda (portugiesisch für Kreis, sprich:
hoda), in dem sich die Teilnehmer gegenüber stehen. Eingeleitet durch einen
Text findet sich der Leser jetzt auf Augenhöhe mit den Capoeira-Spielern
wieder. Neben aktionsgeladenen Bildern begegnen uns auch immer wieder
Impressionen aus dem Umfeld der Capoeira. Den Abschluss bildet ein Monolog von
Joao Pequeno.
Die Stärke des Buches liegt darin, die Stimmung der Capoeira einzufangen und
abzubilden. Die Texte unterstreichen den mystischen Charakter dieser Kulturform
und klären dennoch auf. Der Leser wird auf eine Reise mitgenommen, die ihn
immer näher an die Geschichte der Capoeira und auch
Brasiliens heranführt. Die
Reiselust wird geweckt und die Tür zu einer verborgenen Kultur geöffnet. Somit
richtet sich das Buch nicht nur an Menschen der Capoeira-Szene, sondern auch an
alle weltoffenen und kulturell interessierte Personengruppen. (Schwarzkopf &
Schwarzkopf)
Buch
bei amazon.de bestellen