Duncan J. D. Smith: "Nur in Budapest"
Ein Reiseführer zu sonderbaren Orten, geheimen Plätzen und versteckten Sehenswürdigkeiten
Die
verborgenen Höhepunkte der ungarischen Hauptstadt
Budapest ist eine beeindruckende Stadt voller
Sehenswürdigkeiten: Man denke nur an den Burghügel
mit dem königlichen Schloss, der Fischerbastei und der
Matthiaskirche, an das Parlament und das Ungarische Nationalmuseum, an
die auch in Budapest oft schöne blaue Donau mit der
Margareteninsel und den vielen prächtigen Brücken und
... War es das bereits?
Für den Pauschalurlauber: vielleicht. Er will ja
möglicherweise noch eines der Bäder besuchen, um das
Pflichtprogramm abzurunden, und natürlich ein Restaurant mit Gulasch,
Palatschinken und Zigeunermusik.
Dass Budapest noch weitaus mehr und vor allem viel
Überraschendes zu bieten hat, Raritäten und
Kuriositäten, die von den gängigen
Reiseführern ignoriert oder allenfalls flüchtig
erwähnt werden, zeigt Duncan J. D. Smith in seinem
ungewöhnlichen Führer auf.
Budapests Geschichte ist sehr bewegt und von gewaltsamen Konflikten
geprägt, daher blieb kaum wirklich alte Bausubstanz erhalten.
Mongolen, Türken, die Habsburger und schließlich der
erbitterte Kampf zwischen Sowjets und Deutschen um die Stadt
hinterließen immer wieder Trümmer. Indes lohnt es
sich, auf Spurensuche zu gehen und einem Jahrtausend wechselhafter
Geschicke nachzuspüren. Dann stößt man auf
mittelalterliche Kloster-, Häuser- und Kirchenruinen,
gelegentlich eingebettet in moderne Gebäude, beispielsweise
das Hotel Hilton auf dem Burghügel, auf die in
Kaffeehäusern aufgekommene, tragisch gescheiterte Revolution
von 1848 und die Spuren ihrer heute noch verehrten Helden, auf
Mausoleen türkischer Machthaber, auf ausgedehnte
römische Ruinen und auch auf den Holocaust, dem ab 1944 ein
Großteil der ungarischen Juden zum Opfer fiel. In der Stadt,
die wie kaum eine andere ein Scheidepunkt zwischen Ost und West ist,
gibt es zudem eine schier unglaubliche Vielfalt an Museen, in denen man
liebevoll zusammengestellten Exponaten zu fast jedem erdenklichen Thema
begegnet, zum Beispiel im Semmelweis-Museum zur Medizingeschichte, im
Textilmuseum oder auch im Museum für Handel und
Gaststättengewerbe mit seinen nostalgischen
Sammlungsstücken.
Nur wenige Touristen wissen von dem riesigen Höhlensystem im
Burgberg und von der Kindereisenbahn (mit Kindern und Jugendlichen als
Personal, den Zugführer ausgenommen), die einige bezaubernd
schöne Gegenden in den Budaer Bergen anfährt, oder
vom Park der gestürzten Statuen, in den die nach der "Wende"
gestürzten, an den Kommunismus erinnernden Statuen verbracht
wurden; und wer den Jugendstil mag und die Secession (die hier eine
typisch ungarische Ausprägung fand), kann in Budapest wahre
Schätze entdecken.
Doch es ist unmöglich, im Rahmen einer Rezension
sämtliche Themen dieses Reiseführers "zu sonderbaren
Orten, geheimen Plätzen und versteckten
Sehenswürdigkeiten" (im Sinne des Untertitels) aufzugreifen.
Kaum einer der über zwanzig Bezirke, in dem sich nicht etwas
verbirgt, das es "nur in Budapest" gibt.
Die Reihenfolge der Artikel orientiert sich an den Stadtteilen. Die
einzelnen Sehenswürdigkeiten werden eingangs genau
lokalisiert, die Anfahrtsmöglichkeiten mit
öffentlichen Verkehrsmitteln detailliert dargestellt und
weitere Besuchsziele in der Nähe aufgelistet. Der Autor
erzählt zudem anschaulich die spannenden Geschichten hinter
den aufgeführten Objekten, sodass sich bei der
Lektüre des gesamten Führers wie ein Mosaik die
vielseitige Geschichte Ungarns, insbesondere natürlich
Budapests, in all ihrer Farbigkeit auftut, belebt durchEinzelschicksale und teils typischen, teils extravaganten Lokalkolorit.
Wenn auch die allseits bekannten Sehenswürdigkeiten
Erwähnung finden, so liegt der Schwerpunkt doch auf den
verborgenen Schätzen. Der Autor hat gründlich
recherchiert und Einheimische einbezogen, sodass die reichlichen
Informationen vertrauenswürdig sind - selbst die komplizierten
Namensschreibungen stimmen.
Wie es sich für einen guten Reiseführer
gehört, ist das Buch reich und schön bebildert und
übersichtlich gestaltet. Zur Routenplanung kann man sehr gut
die Karten auf den Umschlagklappen verwenden, in denen alle 84
dargestellten Sehenswürdigkeiten verzeichnet sind. Im Anhang
finden sich die Öffnungszeiten der Museen und anderen
Einrichtungen sowie ein Verzeichnis weiterführender Literatur
und informativer Websites.
Wenn Sie während Ihrer geplanten Budapest-Reise genug Zeit
haben, um neben dem Pflichtprogramm einige ungewöhnliche
Entdeckungen zu machen, und wenn Sie sich intensiv für ganz
unterschiedliche Facetten Ihres Gastlandes interessieren, sollten Sie
diesen Reiseführer kaufen. Und wenn Sie bereits (mehrmals?) in
Budapest waren, möglicherweise auch - Sie werden
höchstwahrscheinlich wie ich feststellen, dass Sie einiges
versäumt haben und die Donaumetropole vielleicht bald wieder
aufsuchen sollten.
(Regina Károlyi; 07/2006)
Duncan
J. D. Smith: "Nur in Budapest"
Christian Brandstätter Verlag, 2006. 244 Seiten.
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Duncan J. D. Smith wurde 1960 in Sheffield, Großbritannien geboren. Zusammen mit seinem Vater Trevor Smith verfasste und illustrierte er Bücher über Sheffield und Yorkshire sowie zahlreiche Zeitschriftenartikel. Duncan Smith ist Reisender, Autor, Fotograf, Gärtner, Naturliebhaber, Büchersammler und Koch. Er lebt in England und Wien. Lien:https://www.duncanjdsmith.com/.