Leonardo Boff: "Ethik für eine neue Welt"
Der Ruf nach
Ethik in
einer sich gnadenlos globalisierenden Welt mutet ungewöhnlich
an, wo doch die Hauptentscheidungsträger weltweiten
Wirtschafts- und Politikgeschehens diesen Begriff scheinbar
gänzlich aus ihrem Vokabular gestrichen haben. Da ist es auch
nicht verwunderlich, dass Einmahnungen eines ethischen Grundkonsenses
für die gesamte Welt nicht unbedingt aus jenen Erdteilen
kommen, die sich dreist der Ausbeutung jeder erdenklichen Ressource
verschrieben haben.
Leonardo Boff ist ein
unermüdlicher Mahner aus Brasilien, einem Land, in dem Armut,
Hunger und Verteilungsungerechtigkeiten
wahrlich deutlicher als in der Ersten Welt jeden Tag schmerzlich
sichtbar sind. Charismatisch und ausdauernd erinnert der brasilianische
Theologe und Philosoph die reichen Staaten dieser Erde daran, dass es
mit der alleinigen Befriedigung ihrer Bedürfnisse nicht getan
ist. Bei Aufrechterhaltung der heutigen Wirtschafts- und Lebensweise
des Westens steuert dieser durch die damit einhergehende
Umweltzerstörung einer Katastrophe zu. Damit reißt
er aber auch den Rest der Welt in den Abgrund.
Der Mensch scheint sich
danach zu sehnen, sich selbst zu zerstören. Er hat den Bezug
zur Natur, deren Teil er letztlich ist, weitgehend verloren. Neben dem
völlig gestörten Verhältnis von menschlichen
Wesen zu restlichem Leben krankt die Welt an der ungerechten Verteilung
von Geld und Besitz und an einem bereits überkommenen
Arbeitssystem. Die Probleme, die daraus
entstanden sind, können auch von den federführenden
reichen Staaten nicht ignoriert werden. Neue - vor allem ganzheitliche
- Sichtweisen der herausfordernden Dilemmata sind gefragt.
Lösungsansätze dürfen und können
nicht nur vom herkömmlichen westlichen Denken geprägt
sein. So wertvolle Beiträge, wie jene von Boff, zeigen dies
ganz deutlich.
(ama; 06/2002)
Leonardo Boff: "Ethik für eine neue Welt"
Patmos Verlag, 2000. 128 Seiten.
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