Imma von Bodmershof: "Haiku"
"Nur wie ein Tropfen
scheint mir der Teich vor dem Haus
seit ich das Meer sah"
Haiku,
japanische Kurzgedichte, sind die kürzeste lyrische Form der Weltliteratur. Auf
den ersten Blick erscheinen die Gedichte leicht und flüchtig hingesetzt, doch
berühren sie den Leser tief im Herzen, lassen Bilder vor dem inneren Auge entstehen,
erzeugen Spannung und den Wunsch, die tiefere Aussage, die Sinnwendung zu erkennen.
So vergleicht Wilhelm Bodmershof in seiner an die Gedichte
anschließenden Studie über das Haiku diese Gedichte mit Anlaufbrettern zum Sprung
ins Wasser, wobei den Salto jeder Leser selbst zu vollziehen hat. Ich würde empfehlen,
soferne man mit Haiku noch keine Erfahrungen hat, vorerst die Ausführungen von
Wilhelm Bodmershof zu lesen, da die japanischen Kurzgedichte von Imma von Bodmershof
danach noch einiges an Aussagekraft gewinnen bzw. die Interpretation leichter
fällt.
In dieser Studie werden verschiedene Kurzgedichte
von japanischen Dichtern untersucht,
interpretiert und deren Baugesetze erklärt. Die tragenden Symbole
werden vorgestellt und deren Bedeutung dem Leser zur Kenntnis gebracht. Neben
den
Symbolen,
die das Transzendente des Gedichtes vermitteln sollen, existieren
auch verschiedene Jahreszeit-Wörter, die das jeweilige Gedicht in eine der vier
Jahreszeiten verweisen. Auch die äußere Form der japanischen Kurzgedichte ist
durch strenge Regeln gekennzeichnet, die sowohl Anzahl der Zeilen wie auch Silben
bestimmen.
Trotz oder gerade wegen der strengen Vorschriften
ist es Imma von Bodmershof, die auch in Japan anerkannt und bewundert wird, gelungen,
Kurzgedichte zu schaffen, die durch ihre Leichtigkeit, Klarheit und Tiefe beeindrucken.
Gedichte, die Wegweiser sein können, die Mut machen und Kraft geben und die den
Leser dazu motivieren, innezuhalten und sich selbst ins Herz zu schauen.
Ein Gedichtband, der Wegbegleiter sein kann und immer wieder Anstoß geben soll, zur
Ruhe zu finden. Die in ihrer Einfachheit kunstvollen Tuschpinsel-Zeichnungen
von Ruth Stoffregen vertiefen manche Gedichte und machen deren Aussagen bildhaft.
Die Künstlerin Imma von Bodmershof wurde am 10. August 1895 in
Graz
geboren, studierte
Kunstgeschichte und Philosophie
in Prag und
München. Seit 1937 veröffentlichte
sie Romane und Erzählungen, 1962 erschien ihr erster Haiku-Band, weitere Gedichte
folgten. Sie starb - mit vielen Preisen ausgezeichnet - am 31. August 1982 in
Krems.
Diese japanischen Kurzgedichte gewinnen durch ihre
Kürze und Prägnanz, in der sie das Geheimnis des Lebens einfangen und dem Leser
übermitteln wollen. Die Spannung zwischen Diesseits und Jenseits hat mich tief
in meiner Seele berührt - mich motiviert zum Innehalten, Nachdenken - Umdenken.
"Ich
schloß alles zu
Wollte schlafen. Doch der Traum
Rief mich beim Namen."
(Margarete Wais; 05/2002)
Imma von Bodmershof: "Haiku" Weitere Buchtipps: Dietrich Krusche (Hrsg.): "HAIKU. Japanische Gedichte" Claudia Waltermann, Ekkehard May (Hrsg.): "Bambusregen.
Haiku und Holzschnitte aus dem 'Kagebôshishû'" Gerolf Couderhove (Hrsg.): "Japanische Jahreszeiten. Tanka
und Haiku aus dreizehn Jahrhunderten" Rainer Stolz, Udo Wenzel (Hrsg.): "Haiku hier und heute"
Mit Zeichnungen von Ruth Stoffregen.
dtv, 2002. 160 Seiten.
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"Mittagsstille -/ das Schrillen der Zikaden dringt / ein in die Felsen."
- so lautet ein klassisches Haiku des berühmtesten Haiku-Dichters Bashô.
Die klare Poesie und die nur vermeintlich einfache Aussage ist sinnlich
unmittelbar nachvollziehbar - wenn man sich darauf einlässt und den Abstand zu
überwinden versucht, der unsere "westliche" Kultur von Japan trennt.
Chinesischer Buddhismus, Konfuzianismus und Taoismus leben im Haiku fort, vor
allem jedoch ist diese Dichtung geprägt vom japanischen Zen, der im Haiku seinen
literarischen Ausdruck findet.
Einhundertfünfzig repräsentative Haiku hat der Herausgeber, der mehrere Jahre in
Japan und für einige Zeit "ganz in der Haiku-Welt und Haiku-Sprache gelebt" hat,
ausgewählt und ins Deutsche übertragen. Sein ausführlicher Essay zu dieser uns
fremden, aber faszinierenden Gattung erleichtert das Kennenlernen und ermuntert
zum Nachvollzug und zur Fortsetzung: Mach was aus mir, sagt das Haiku - oder
auch: Spiel mit mir. (dtv)
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Holzschnitte nach Tuschzeichnungen aus dem "Kagebôshishû", Osaka 1754.
Von der vormodernen Literatur Japans erfreuen sich die Verse des Haiku im Westen
besonderer Beliebtheit: Die mit 17 Silben wohl kürzeste Form der Dichtkunst
überhaupt fasziniert durch ihre große Ausdruckskraft auf kleinstem Raum, und sie
erschließt sich über alle Barrieren von Sprache und Übersetzung hinweg
erstaunlich problemlos durch die suggestive Kraft ihrer jahreszeitenbezogenen
Momentbeschreibungen. Ein besonders eindrucksvolles Zeugnis der
heiterpointierten Poesie dieser Gattung ist das 1754 in Ôsaka erschienene "Kagebôshishû",
eine Sammlung von Haiku und Tuschzeichnungen bzw. Holzschnitten. Aus ihm werden
erstmals 26 Bild-Text-Paare bekannt gemacht. (Insel)
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Von der Lerche bleibt
nichts als der Gesang allein,
wenn sie hoch hinauf
in den blauen Himmel steigt
und im Glanz verschwunden ist!
(Saito Ryû)
In Japan ist das Verfassen, Hören und Lesen lyrischer Gedichte ein allgemein
geübter Brauch; die Verfasser gehören allen Volksschichten an, von den Kaisern
bis zum einfachen Bauern oder Handwerker.
Da sich die japanische Lyrik seit ihren Anfängen im 8. Jahrhundert nach
Christus auf zwei Gedichtformen mit genau vorgeschriebener Zeilen- und
Silbenzahl beschränkt - auf den Fünfzeiler "Tanka" und den Dreizeiler "Haiku"
- haben ihre Aussagen ein Höchstmaß an Präzision und Ausdruckskraft erlangt.
Es gibt kein reales Sujet und keine Gefühlsstimmung, die von den Verfassern
der japanischen Kurzgedichte nicht in poetischer Sicht vollkommen deutlich
dargestellt werden könnten.
Diese Universalität der dichterischen Weltschau bildet einen Hauptvorzug der
von Gerolf Coudenhove zusammengestellten Anthologie, der als ordnendes Prinzip
die in Japan mit einer besonderen Symbolik verbundene Folge der fünf
Jahreszeiten (Neujahr, Frühling, Sommer, Herbst und Winter) zugrunde liegt.
Der Herausgeber, der sich in seiner Übersetzerarbeit nicht, wie sonst meist
üblich, mit Transpositionen aus dem Englischen begnügte, sondern stets auf die
japanischen Originaltexte zurückging, hat jedem der fünf Abschnitte eine
kurze, die besondere Bedeutung der Epoche charakterisierende Einleitung
vorangestellt und in einem ausführlicheren Nachwort die Entstehung und das
Wesen der japanischen Lyrik allgemein fasslich dargeboten. (Manesse)
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Mit Illustrationen von Martina Wember.
Haiku - das ist die kürzeste aller lyrischen Formen, die wir in der
Weltliteratur kennen: dreizeilige Gedichte, ausgebildet vor fast 600 Jahren in
Japan. Die sinnenhafte Erfahrung der Welt steht im Zentrum dieser Dichtung und
fordert die Lesenden zum Miterleben auf. Diese Originalausgabe mit 112
repräsentativen Beispielen deutschsprachiger Haiku-Dichtung aus dem 21.
Jahrhundert beweist aufs Schönste, wie sehr diese japanische Kürzestform im
"Hier und Heute" heimisch geworden ist. Prominente Lyriker und bisher nur
Eingeweihten bekannte Haiku-Poeten laden zu spannenden und heiteren Begegnungen
ein. (dtv)
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