Susanne Nussbeck: "Einführung in die Beratungspsychologie"

Beratung als Zukunftsmarkt


Die Filialleiterin möchte in die Teamentwicklung investieren und plant eine Mitarbeiterschulung. Sucht sie für die fachliche Leitung des Seminars eine Prozessberaterin, eine Unternehmensberaterin, einen Kommunikationsberater, eine Supervisorin, einen Coach, eine Psychologin oder einen Organisationsberater?

Der 50-jährige Familienvater verliebt sich in seine Mitarbeiterin und benötigt für seine brennenden Beziehungs- und Zukunftsfragen dringend kompetente Hilfe. Ruft er eine Psychotherapeutin, eine Seelsorgerin, einen Mediator, eine psychologische Beraterin oder einen Eheberater an? Benötigt er eine Gesprächstherapie, eine lösungsorientierte Beratung, eine Familienberatung, eine Psychoanalyse, eine Krisenintervention oder eine systemische Beratung?

Leicht überzeichnet und pointiert deutet die Einleitung an, welcher Thematik sich das vorliegende Lehrbuch widmet: Es soll im riesigen Beratungsangebot etwas Ordnung schaffen und einen Überblick über Theorie und Praxis des Beratungshandelns geben.

Dr. Susanne Nussbeck, Professorin für Heilpädagogische Psychologie mit dem Arbeitsschwerpunkt Beratung an der Universität Köln und bisher durch ihre Beiträge zur Sonderpädagogik und zur Kommunikation behinderter Menschen bekannt, weist in ihrer Einführung darauf hin, dass "Beratung" von verschiedenen Autoren mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung definiert wird.

Es ist daher hilfreich, dass sie Beratung ("ein zwischenmenschlicher Prozess in sprachlicher Kommunikation") gleich zu Beginn von Therapie und Mediation abgrenzt.
Nach einer Übersicht über die historische Entwicklung widmet sich die Autorin ausführlich der Kommunikation in der Beratung: "Beratung geschieht in Interaktion und verbaler Kommunikation zwischen Ratsuchendem und Berater in einem wechselseitigen Prozess". Ihr kommunikationspsychologischer Exkurs gerät dabei vielleicht eine Spur zu ausführlich.

Die folgenden Kapitel, in welchen sie die Beratungsansätze der bekannten psychologischen Schulen vergleicht und in die Beratungspraxis (Beratungsfelder, Settings, Phasen, Interventionsformen und Qualitätssicherung) einführt, bieten dagegen komprimiertes Fachwissen in einer präzisen und klaren Form.

Treffend und wertvoll sind die Überlegungen der Autorin zur Beziehungsgestaltung in der Beratung ("Die Beziehung zwischen Ratsuchendem und Berater ist die wichtigste Variable im Beratungsprozess"): Sie zeigt zunächst die unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmale von Beratenden auf - sie bezieht sich dabei auf J. McLeod und seine sechs Kompetenzen eines Beraters - und geht anschließend konkret auf die Gefahr eines Burnout ein: "Die Arbeit mit Menschen in schwierigen Lagen ist Kräfte zehrend und erfordert hohen persönlichen Einsatz, die Gefahr eines Burnout besteht.")

Beim vorliegenden Werk handelt es sich um ein Lehrbuch. Die Übungsfragen am Ende jedes Kapitels sowie Glossar, Literaturangaben und Sachregister machen es zu einem unerlässlichen Studienbegleiter in allen Fachrichtungen, in welchen psychosoziale Beratung praktiziert wird.

Hervorzuheben sind die inhaltliche und sprachliche Prägnanz, die übersichtliche Gliederung und die didaktisch wertvolle Marginalienspalte mit Piktogrammen und Stichworten.

(André Kesper; 12/2006)


Susanne Nussbeck: "Einführung in die Beratungspsychologie"
Mit Übungsfragen, Abbildungen und Tabellen.
Ernst Reinhardt Verlag, 2006. 215 Seiten.
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