Samuel Beckett: "Molloy"
Der erste Roman der aus "Molloy", "Malone stirbt" und "Der Namenlose" bestehenden Trilogie
"Denn in mir gibt es neben anderen immer zwei Hanswurste: einen, der immer
nur da bleiben möchte, wo er gerade ist, und einen, der sich einbildet, dass es
ihm etwas weiter weg etwas weniger schlecht gehen würde." (Aus "Molloy")
Samuel Beckett kam 1906 in Foxrock, Dublin (Irland) zu Welt.
1969 erhielt er den Literaturnobelpreis. An der Zeremonie nahm der solcherart Geehrte
allerdings nicht teil. Samuel Beckett starb am 22. Dezember 1989 an den Folgen einer Lungenembolie.
Die sprachliche Ergründung der Innenwelt im Denkraum zwischen
Lebensangst und Todesfurcht
"Dann ging ich in das Haus zurück und schrieb: 'Es ist Mitternacht. Der
Regen peitscht gegen die Scheiben.' Es war nicht Mitternacht. Es regnete nicht."
(Ende des Romans)
Bei "Molloy" handelt es sich um den ersten Teil einer in
französischer Sprache geschriebenen Romantrilogie, die
mit "Malone stirbt" fortgesetzt wird und mit dem Roman "Der
Namenlose" endet. Mit dieser Trilogie etablierte sich Samuel Beckett in der Pariser Literaturszene.
"Molloy", 1951 erstmals erschienen, wird als in mancherlei Hinsicht
epische Parallele zu "Warten auf Godot" bezeichnet (da wie dort fehlt
ein Handlungsstrang).
"Ich bin im Zimmer meiner
Mutter. Ich wohne jetzt selbst darin. Wie ich hierhergekommen bin, weiß ich
nicht. In der Ambulanz vielleicht, bestimmt mit irgendeinem Gefährt. Man hat
mir geholfen." (Aus "Molloy")
Molloy, aufgrund steifer Beine zu Bettruhe in der Schlafstatt seiner verstorbenen Mutter
verurteilt, erzählt im ersten Teil des Romans Ausschnitte seiner
Lebensgeschichte; von der Suche nach seiner Mutter, davon, wie er sich mühsam
dahinschleppte, nachdem sein Fahrrad, mit dem er einen Hund überfahren hatte,
verloren war, von einer Rast am Meer, vom korrekten Kieselsteinelutschen usw.
usf.
Der Roman besteht aus Beschreibungen eines langsamen Zerfalls, aus einer Aneinanderreihung von Situationen des
Wartens, des Herumirrens und der Entfremdung.
Im zweiten Teil fungiert der Polizist Jaques Moran als Ich-Erzähler, der seine
erfolglose Versuche, den "Fall Molloy" aufzuklären, schildert.
Samuel Beckett hielt bekanntlich nichts von biografiefixierter Interpretationsmanie.
Seine Protagonisten sind lebenslang im Kreislauf des Scheiterns gefangen; ihrem
Tun lässt sich zumeist keinerlei Sinn abtrotzen.
Was bleibt, ist der zur Schau gestellte
Mensch als Witzfigur im Weltall, dessen
vertexteter Verfall und unaufhebbare Einsamkeit seine Artgenossen zu
sarkastischem, für kurze Zeit betäubendem Lachen veranlassen.
Insofern wirkt die seinerzeitige Begründung des Nobelkomitees regelrecht absurd, denn Beckett
erhielt den Literaturnobelpreis "Für eine Dichtung, die in
neuen Formen des Romans und des Dramas die künstlerische Aufrichtung des
Menschen aus seiner Verlassenheit erreicht."
(S. Gabriel; 08/2007)
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Ergänzende Buchtipps:
Samuel Beckett: "Drei Romane. Molloy. Malone stirbt. Der Namenlose"
Die komplette Trilogie. (suhrkamp taschenbuch)
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Samuel Beckett:
"Wir sind Zauberer. Godot und die Anderen"
Tragisch? Komisch? Tragikomisch? Samuel Beckett ist alles, sein Werk ist geprägt von den
unterschiedlichsten Farben und Facetten. Die Werkauswahl "Wir sind
Zauberer" spürt diesen nach, zeigt Überraschendes und Bedeutendes,
Clowneskes und Zartes, Tragisches und Komisches.
Eine Sammlung mit den Stimmen von Heinz Rühmann, Billie Whitelaw, Peter
Fitz, Martin Wuttke und vielen Anderen. Samuel Beckett selbst ist in der
Originalaufnahme zur Produktion von "What where" zu hören.
Inhalt: "Warten auf Godot", "All that fall", "Pochade
radiophonique", "Erste Liebe", "Um abermals zu enden und
anderes Durchgefallenes", "Flötentöne/Trötentöne", "A
stain upon the silence". (der hörverlag)
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Martin Burger: "Endliches
Dasein - Heideggers Daseinsanalyse und Becketts Roman 'Molloy'"
Wie ist das Verhältnis des Menschen zu seiner eigenen
Endlichkeit angelegt? Die Thematisierung der Endlichkeit ist mit der Frage nach
der Möglichkeit eines heilen und ganzen Daseins verknüpft, denn die
Endlichkeit ist die Frage nach dem ausstehenden Sinn. Die Untersuchung zeichnet
den Weg auf, den Heidegger geht, um zu einem existenzialen Entwurf eines
eigentlichen Seins zum Tode zu kommen. Die Interpretation beginnt und schließt
mit der Frage nach dem Heilsamen. Heidegger zufolge befinden wir uns
seinsgeschichtlich in einem Zeitalter der Verwüstung, in dem die Endlichkeit
nur noch verbraucht, aber nicht mehr bedacht wird. Indem die ontologische
Differenz und die Zeitlichkeit des Daseins (als Erfahrungsort der Zeitlichkeit
des Seins) aufeinander bezogen werden, werden die Begriffe des Wartens, des
Kommens und des Heilsamen einer Seinsgeschichte der Verwüstung
entgegengestellt. Dadurch erscheint das Begriffsgefüge des Abendgesprächs in
einem Kriegsgefangenenlager zwischen einem Jüngeren und einem Älteren mit
seiner Huldigung des Unnötigsten als eine mögliche Antwort auf eine heillose
Gegenwart. Im Rahmen einer Betrachtung des Romans "Molloy" von Samuel
Beckett werden beispielhaft Züge eines verwüsteten Daseins genannt. Das
Beispiel "Molloy" verdeutlicht die sich selbst radikal durchsichtig
gewordene Endlichkeit des Daseins. Samuel Beckett und
Martin Heidegger kommen
auf ihre je eigene Weise zu Wort. Becketts Dichtung und Heideggers
systematisches Denken lassen eine Parallelität erkennen, deren Nebeneinander in
eine unabgeschlossene Gegenwart hineinspricht. (Königshausen &
Neumann)
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Carola Veit: "Ich-Konzept
und Körper in Becketts dualen Konstruktionen"
Duale Strukturen und Dualismus sind schon früh sowohl in der Prosa als auch
in den Theaterstücken Becketts bemerkt worden. Seit einem halben Jahrhundert
hat sein facettenreiches Werk die ungebrochene Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit
und der wissenschaftlichen Forschung gefunden. Den jeweils vorherrschenden
Denkweisen folgend ist in den Texten die cartesianische Unterscheidung von Körper
und Geist, die absurde Kluft zwischen Ich und Welt, die erkenntnistheoretische
Subjekt-Objekt-Trennung, die sprachliche und gesellschaftliche Entfremdung, die
Subjektauffassung vom Ich als dem Anderen, die schizophrene Bewusstseinsspaltung
sowie formale Dichotomien konstatiert worden.
Der vorliegende Band, ein Handbuch zu Beckett, widmet sich nun dem Desiderat
einer Zusammenführung dieser verschiedenen Dualismen zu einem umfassenden
Gesamtsystem inhaltlicher Fragen, formaler Entwicklung und kunsttheoretischer
Reflexionen Becketts. Detaillierte Analysen der einzelnen literarischen Texte
gehen dem Verhältnis zwischen den Erzählten und den von ihnen als alter ego
entworfenen Protagonisten sowie den Handlungsmotiven der Figuren und ihrem Verhältnis
zum Körper nach, um daraus Becketts sich wandelndes Ich-Konzept abzulesen. Sie
verfolgen, wie sich Spiegelbildlichkeit, Autismus und Ich-Spaltung in ästhetische
Figuren transformieren und zu Becketts spezifischer, dualistischer Schreibweise
und Motivik - etwa den Figurenpaaren - führen und wodurch sich poetologische
Wendepunkte einleiten. (Weidler)
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