Frank S. Becker: "Der Preis des Purpurs"


Exzellenter historischer Roman: ein Schicksal während der Vierkaiserzeit des Römischen Reichs

Wer Frank S. Beckers Erstlingsroman "Der Abend des Adlers" gelesen hat, dürfte mit einiger Spannung dessen Fortsetzung erwartet haben, die nun unter dem Titel "Der Preis des Purpurs" vorliegt.

Im ersten Band hat der Leser die abenteuerliche Reise des jungen Flavius, halb Römer, halb Germane, von der Trierer Gegend aus durch das römische Imperium bis nach Persien verfolgt. Flavius wollte seinen in Kriegsgefangenschaft geratenen Vater befreien. In Palmyra begegnet ihm die Liebe seines Lebens, Aqmat.

Zu Beginn der Fortsetzung, man schreibt das Jahr 275 n. Chr., befinden sich Flavius, Aqmat, der gemeinsame kleine Sohn und Flavius' Vater in der Nähe von Trier. Flavius ist zum Curator der Stadt ernannt worden und möchte dieses Amt nun antreten. Doch sehr rasch begreift er, dass sich die Römerstädte an den nördlichen Reichsgrenzen in großer Gefahr befinden: Immer häufiger werden sie und das Umland von Germanenhorden verheert, ohne dass von kaiserlicher Seite Konsequenzen gezogen würden. Die Kaiser und Gegenkaiser haben offensichtlich zu viel damit zu tun, ihre purpurnen Mäntel festzuhalten.

Flavius leistet dennoch gute Arbeit. Er ist dank seiner Fähigkeiten und seiner Loyalität längst in den Bannkreis der kaiserlichen Macht geraten. Dies bringt ihm auch Neid und Feindschaft ein. Lange erkennt er seinen gefährlichsten Feind nicht, der ihn umschmeichelt und doch alles daran setzt, ihm alles zu nehmen - vor allem seine begehrenswerte Frau.
Flavius laviert sich geschickt durch die Wirren der aufkommenden Vierkaiserzeit, doch als er auf dem Weg nach Britannien ist, um mit der Flotte des Kaisers Maximianus gegen den Piratenkaiser Carausius zu kämpfen, sieht sein Widersacher die Zeit für gekommen, ihn zu vernichten.
Und dies ist nur der Beginn einer weiteren dramatischen Odyssee, die Flavius abermals durch weite Teile des römischen Imperiums führen wird.

Wie schon in seinem ersten Roman siedelt Frank S. Becker die Handlung in einer sonst von Belletristik-Autoren wenig beachteten Epoche an, die gleichwohl reichlich Aufhänger für ein spannendes, bewegtes Romankonzept liefert. Eine intensive Recherche ist für solch ein Projekt natürlich unverzichtbar, und Frank S. Becker hat diesbezüglich erneut keinerlei Mühe gescheut. Alle wesentlichen Details beruhen auf Tatsachen, die im Nachwort ausführlich erläutert werden, und der Autor versteht es, Persönlichkeiten und Orte so anschaulich zu schildern, dass der Leser ein deutliches und realistisches Bild von ihnen erhält. Ob es sich um reale Figuren wie die Kaiser Diokletian und Konstantin oder um fiktive wie Flavius, seine Frau Aqmat und beider Gegenspieler Marcus Aurelius Fortunatus handelt, um so unterschiedliche Orte wie das antike Trier, London und die Kaiserresidenz Nicomedia: sie alle werden in diesem Roman lebendig. Der Leser erfährt sozusagen nebenbei, wie es zu den Christenverfolgungen des Diokletian kam, wie das empfindliche Gleichgewicht zwischen den vier Kaisern immer wieder aus dem Lot geriet, und wie Konstantin scheinbar mühelos zum einzigen Träger des kaiserlichen Purpurs avancierte.

Vor allem ist es jedoch die spannende Handlung, die dafür sorgt, dass der Leser den nicht gerade geringen Umfang von über vierhundert Seiten kaum zur Kenntnis nimmt. Geradezu zwangsläufig geraten Flavius, der mehr als einmal der Sogwirkung des Purpurs zu erliegen droht, und Aqmat in scheinbar ausweglose Situationen, kein Wunder in einer Zeit, in der die antike Weltordnung mehr denn je auf die Probe gestellt wird.

Gegen Ende wirkt die sonst flüssig konstruierte Handlung etwas abgehackt-sprunghaft, doch sie bleibt immer nachvollziehbar. Leser, die mit der ausgehenden Antike weniger vertraut sind, finden im Anhang ein Glossar, ein Personenverzeichnis und eine Zeittafel.

Für Leser des Vorgängerbandes ist diese Lektüre ohnehin ein Muss, doch lassen sich beide Romane unabhängig voneinander lesen. "Der Preis des Purpurs" erweist sich als historischer Roman par excellence: Vor dem hieb- und stichfest recherchierten und anschaulich dargestellten Hintergrund einer bewegten Zeit entwickelt sich eine packende, dramatische Familiengeschichte.

(Regina Károlyi; 09/2007)


Frank S. Becker: "Der Preis des Purpurs"
LangenMüller, 2007. 432 Seiten.
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Dr. Frank S. Becker, geboren 1952, studierte Physik und ist heute in einem großen deutschen Industriekonzern für Bildungsfragen zuständig. Sein Interesse an der römischen Kaiserzeit und an der Archäologie ließ ihn zahlreiche Reisen in den Mittelmeerraum und den Nahen Osten unternehmen.

Ein weiteres Buch des Autors:

"Der Abend des Adlers"

Das Römische Reich um 260 nach Christus. Feinde plündern die Grenzprovinzen, Kaiser kämpfen um die Macht. Die Sonne des Imperiums scheint zu sinken, als Flavius, ein junger Römer, von dem Gut seines Onkels bei Trier aufbricht. Der Wunsch, seine Eltern zu finden, und die Suche nach einem Tempelportal, das vor den Barbaren versteckt wurde, reißen ihn in einen Strudel von Ereignissen, die ihn über Rom, Palmyra und Babylon bis nach Persien führen. Doch als Flavius sich am Ziel glaubt und der Liebe seines Lebens begegnet, stellt ihn das Schicksal vor die größte Herausforderung. (Herbig) zur Rezension ...
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