Eckart Pott: "Faszination Baum"
Vom Zauber der Bäume
Mit "Faszination Baum"
von Eckart Pott ist im blv-Verlag das ultimative Weihnachts-Geschenkbuch für
Baumliebhaber erschienen. Der Deutsche, Dr. Eckart Pott, ist nicht nur
Diplombiologe, sondern auch ein talentierter Naturfotograf, der bereits einige
Sachbücher geschrieben hat. Das Buch lebt einerseits von den gelungenen
Aufnahmen und andererseits von der innovativen, sehr ästhetischen Aufbereitung
von Text, Überschriften und Bildern. Der Autor führt seinen Zugang zum Thema in
neun Kapiteln aus.
"Groß und klein" eröffnet den Reigen. Bäume,
Sträucher und Zwergsträucher, sie alle sind Gehölze. Und doch ist ein Baum mehr,
denn sein Alter, seine Größe beeindruckt uns, deren Alter niemals an das der
Baumveteranen herankommen wird. Aber jeder Baum fängt klein an und so mancher im
Schutze eines alten. So sieht man eine junge Fichte an den Stamm einer alten
Buche gelehnt, oder die dunklen Wipfel junger Mammutbäume vor dem Hintergrund
des hellen, rötlichen Stammes des mächtigsten Lebewesens unserer Zeit, des
"General Sherman Tree", einem Berg-Mammutbaum, der am Boden einen
Stammdurchmesser von 11 Metern und eine Höhe von 84 Metern
aufweist.
Die "Wurzel", sie wirkt als Anker, der den Baum im Boden
hält und ihn zugleich mit lebensnotwendigen Stoffen versorgt. Dort wo ein
felsiger Untergrund es zulässt, können die Wurzeln einer Fichte zu Tal
fließen.
Ebenso beeindruckend ist das Wurzelwerk der sogenannten
"Wurzelfichte" beim brandenburgischen Buckow, da ein Bach den Baum unterspült
und so die Wurzeln immer mehr freilegt. Aber es gibt auch Bäume, wie etwa die
Mangroven, die sich den Gezeiten der Meere angepasst haben und deren Natur es
ist, auf Stelzwurzeln zu wachsen.
"Borke, Rinde, Stamm": Wie das Gesicht eines Menschen spiegelt die Borke Arttypisches
und Individuelles zugleich wider. Wer kennt nicht den weißen Stamm einer Birke
oder die schuppenartige, hell-dunkle Oberfläche der Platane? Aber auch das Volumen
des Stammes kann so viele unterschiedliche Formen annehmen. Die bereits genannte
Birke mit ihrem
grazilen Wuchs, der wuchtige Stamm der Eiche, überzogen von rauer Rinde, oder
der leicht rötliche Stamm der Eibe, auf dem sich gerne junge, grüne Sprieße
zeigen. Überaus beeindruckend erscheinen auch jene Stellen, wo die Borke das
darunter liegende Holz freigegeben hat, und dieses von der Sonne gebleicht und
von Wind und Regen verwittert wurde.
"Ast, Zweig und Krone": Äste
und Zweige - massiv und filigran, gerade und geschwungen. Aus vielen Linien ein
Bild. Da gibt es die langen, spitzen Dornen der afrikanischen Schirmakazie, die
diese vor blattfressenden Tieren schützt. Eine alte Eiche gibt wieder ein
anderes Bild, denn ihrem wuchtigen Stamm entspringen meist nur noch wenige, oft
recht dünne Äste, und somit erinnert sie des nachts an einen Riesen, an einen
Geist. Anders wieder wirkt die Hängebuche, mit ihren nach unten wachsenden,
langen, feinen Ästen. Und schon die alten Römer erfreuten sich an der Silhouette
der Pinie, die mit ihrem schlanken Stamm und der ausladenden Krone an Pilze
erinnert.
"Blatt für Blatt": Ohne Blätter kann kein Baum leben. Sie sind kleine chemische
Fabriken und treten in großer Formenvielfalt auf. Uns in Europa sind ja vorwiegend
zwei verschiedenen Blattformen bekannt, die "eigentlichen" Blätter und die Nadeln.
Während die Blätter von den Laubbäumen im Herbst abgeworfen werden, behält der
Nadelbaum sein Grün über den Winter. Ausgenommen die Lärche, sie wirft ihre
Nadeln alljährlich ab, wahrscheinlich um so die Schneelast des Winters leichter
tragen zu können. Der Stofftransport in den Blättern geschieht über Leitungsbahnen,
die treffend auch Blattadern genannt werden, wie man sehr schön an der Unterseite
eines Blattes des Walnussbaumes sehen kann. Welche Formen Blätter noch annehmen
können, zeigen die längsten Blätter der Erde, denn die Wedel der Kokospalme
können bis zu 6 Meter lang werden. Aber nicht nur während des Frühlings und
des Sommers sind Blätter charakteristisch. Auch im Herbst, bevor sie fallen,
zeigen die Blätter ihre Eigenheiten, wie z. B. die Blätter des Ahorns
und des Hartriegels im Osten Kanadas und der USA, die für das herrliche Schauspiel
des "Indian Summer" verantwortlich sind.
"Blüte und Frucht": Knospen brechen auf, Blüten öffnen sich, es werden Früchte
und Samen gebildet. Im ewigen Rhythmus der Zeit. Goldgelb leuchten die Blütentrauben
des Goldregens, die blühende Linde verbreitet einen honigsüßen Duft, und die
blühenden Obstbäume sind Touristenziele, wie in der
Wachau,
oder Anlass religiöser Zeremonien, wie das Kirschblütenfest in Japan. Leider
hat nicht jeder seine Freude an den blühenden Bäumen, denn wer an Heuschnupfen
leidet, weiß zu oft unliebsam, wann Birken oder Erlen blühen. Da freut sich
so mancher auf den Herbst, wenn die Früchte reif werden, wenn leuchtend rot
gefärbte Früchte der Eberesche an den Waldrändern leuchten, die Obstbäume in
den Gärten Kirschen, Äpfel,
Birnen und Zwetschken liefern. So manches Kind spielt dann gerne mit den glatten,
runden Früchten der Rosskastanie, und wenn es noch kälter wird, verbreitet sich
der Duft der Edelkastanien in den Straßen der Städte.
"Baum und Wald": Ein Wald ist mehr als
Eiche,
Buche und
Fichte,
mehr als eine Ansammlung von Bäumen. Aber was? Lassen Sie das Gefühl sprechen,
denn jeder weiß, wann er in einem Wald ist und wann nicht. Aber eben auch die
Wälder habe ihre unterschiedlichen Gesichter, je nachdem wie alt sie sind, ob
von Menschenhand gepflanzt oder wild gewachsen, wie es nur noch wenige in Europa
gibt.
"Jahreszeiten": Frühling, Sommer, Herbst und Winter - Trockenzeit, Regenzeit.
Das Beständige in der Natur ist der Wechsel. Oder wie Goethe
sagte: "Wohl ist alles in der Natur Wechsel, aber hinter dem Wechselnden ruht
ein Ewiges." Im Sommer steht eine ergrünte Stieleiche in einem leuchtend gelb
blühenden Rapsfeld, im Herbst heben sich die goldgelb leuchtenden Lärchen von
den immergrünen Fichten ab. Die Kirsche kann zweimal ein gleiches Bild abgeben.
Im Frühling, wenn sich die leuchtend weißen Blüten von der fast schwarz erscheinenden
Rinde abheben und wie beschneit aussehen, und im Winter, wenn Raureif die Äste
überzieht und der Baum wie in Blüte stehend wirkt.
"Jugend, Alter, Tod": Werden und Vergehen - Leben ist endlich, und auch die
mächtigsten Bäume sterben. Irgendwann. Wann? Wohl erst nach uns. Sieht man sich
eine alte Eiche an, knorrig, ausgehöhlt, die Äste abgebrochen und immer noch
ein schmaler Ast, der Blätter trägt. Überlassen wir sie der Natur, wird sie
noch lange leben, viele Menschengenerationen überleben. Und irgendwann liegt
sie dann da, geknickt von einem Sturm. Es beginnen
Pilze
auf ihr zu wachsen und Moos. Und es dauert noch mehrere Menschengenerationen,
bis nichts mehr von ihrer Existenz zeugt. Aber bis es soweit ist, nutzt ein
junger Baum die Gelegenheit und wächst empor und durchlebt seine Baumzeit.
Ein ästhetisches und durchaus auch informatives
Buch; ein Bildband mit gelungenen Aufnahmen und darum als Geschenk wärmstens zu
empfehlen.
(Ivan Kristianof; 11/2003)
Eckart Pott: "Faszination Baum"
blv, 2003. 200 Seiten. 207 Farbfotos.
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Hier ein weiteres Buch über Bäume mit Schwerpunkt Geschichte und Brauchtum