Juan Bas: "Skorpione im eigenen Saft"
Originelle
Mischung aus Krimi und Schelmenroman
Pacho, der Ich-Erzähler in diesem Roman, ist Fan von Tim und
Struppi und von Beruf Sohn. In dieser Eigenschaft wird er,
über vierzig Jahre alt, "arbeitslos", weil sein Vater es satt
hat, ihm sein exzessives Glücksspiel und sonstigen Luxus zu
finanzieren. Der liebenswerte Taugenichts droht in ein tiefes Loch zu
fallen, da lernt er "Asti" kennen, Antontxu Astigarraga, einen
Säufer mit einem fast schon pathologischen Hang zu extrem
übergewichtigen Frauen und einer gespalten wirkenden
Persönlichkeit, der in Bilbao ein winziges
Spezialitäten-Restaurant betreibt.
Bei ihrem ersten Zusammentreffen hätten sie sich fast
geprügelt, doch erstaunlicherweise werden die
unterschiedlichen Männer gute Freunde. Asti führt
Pacho in die vielleicht verruchteste Bar Bilbaos ein, und Pacho erweist
sich für Asti als einer der wenigen Kenner, die die
Qualität seiner Tapas wirklich zu schätzen wissen.
Und Pacho ist begeistert! Er überredet seinen Freund, ein
angemessen großes Tapas-Restaurant zu eröffnen, und
übernimmt Einrichtung und Öffentlichkeitsarbeit. Es
gelingt ihm, einen wichtigen Großauftrag für Asti zu
ergattern.
Asti übergibt ihm am Tag dieser Veranstaltung einen Auftrag in
der Küche und fährt mit den ersten Gerichten los;
Pacho fällt eine Diskette in die Hände, die sich an
ihn richtet und Astis Lebensbeichte enthält. Diese macht den
fulminanten Hauptteil des Buches aus und verleiht der ohnehin schon
kurzweiligen Handlung eine überraschende und tragische
Wendung. Pacho sieht sich gezwungen, eine Katastrophe abzuwenden ...
Juan Bas' Buch lässt sich nur schwer einordnen - man kann es
vielleicht am besten zwischen Kriminal- und Schelmenroman ansiedeln.
Der Autor nimmt allerlei Strandgut der Gesellschaft
unverbrämt, mit pechschwarzem Humor aufs Korn. Derbe Sexszenen
bleiben dem Leser ebenso wenig vorenthalten wie Alkohol- und
Drogenexzesse, die nun einmal häufig zum Leben der chronisch
Übersättigten wie auch der Gescheiterten
gehören; dank der selbstironischen Schilderung des
Ich-Erzählers wie auch Astis abgeklärt vorgetragener
Lebensbeichte wirken diese "Abenteuer" jedoch nicht abgeschmackt oder
billig.
Denn das Buch hat mehr Tiefe, als man auf den ersten Blick annehmen
möchte. In erster Linie kritisiert es scharf den blinden
Terror der ETA, wie er vor allem in deren Frühzeit praktiziert
wurde, die gewissenlose Opferung junger Menschen für ein Ziel,
das sie gar nicht verstehen können. Juan Bas karikiert den
Klerus und manch andere (zumindest im Buch) verlogen auftretende
Institution. Die Charaktere werden mit bemerkenswerter
Beobachtungsgabe, Humor und oftmals einem Schuss Sympathie skizziert
und sind, wiewohl nicht selten satirisch überzeichnet, auf
ihre Weise glaubwürdig.
Dass in diesem Buch immer wieder ausgefallene Tapas-Kreationen
auftauchen, die am Schluss nochmals sämtlich in Form einer
Speisekarte zu finden sind, lockert die Handlung auf und verleiht ihr
im wahrsten Sinne des Wortes besondere Würze.
Unerschrockene,
experimentierfreudige Leser werden sich vielleicht an gegrillten Tintenfisch
in seiner Tinte auf Schnittlauchcreme oder warme Foie gras mit
Feigentortilla und rosa Grapefruit wagen und daran ebensoviel
Vergnügen finden wie an der ungewöhnlichen
Lektüre.
(Regina Károlyi; 02/2007)
Juan
Bas: "Skorpione im eigenen Saft"
(Originaltitel "Alacranes en su tinta")
Aus dem Spanischen von Susanna Mende.
Heyne, 2007. 302 Seiten.
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Juan
Bas wurde 1959 in Bilbao geboren und arbeitet als Journalist,
Drehbuchautor und Schriftsteller.
Ein weiteres Buch des Autors:
"Die Taverne zu den drei Affen und andere Geschichten über das
Pokern"
Gibt es irgendwo auf der Welt jemanden, der noch nie gepokert hat?
Wahrscheinlich nicht - jedenfalls erfunden wurde das Pokern vor fast
3000 Jahren in
Persien, wo es den Namen "As" trug. Von dort gelangte es
ins Heilige Land und über die Kreuzritter nach Europa. - Und
immer geht es um alles oder nichts und ums Bluffen! Mit Pokerface!
Bas schreibt Geschichten über Leben und Tod, komisch, makaber,
grausig und voll von schwarzem Humor,
Sex &
Verbrechen und
Übersinnlichem. So führt die Titelgeschichte den
Leser in eine unheimliche Taverne, in der die Wirtin um die Seelen
ihrer Gäste pokert, und in der Erzählung "Romeo und
die Cowboys" macht man die Bekanntschaft eines verwirrten englischen
Schauspielers, der unter den Desperados des Wilden Westens sein
Lebensglück findet. Skurrile und spannende Geschichten um das
"Spiel um Leben und Tod".
Am Ende bekommt man noch die Kartenwerte und Spielkombinationen
geliefert und die Regeln des "Lügenpokers".
(Europäische Verlagsanstalt)
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