Edward Ball: "Die Plantagen am Cooper River"
"Religion,
Sex, Tod, Geld und die Neger"
In der Familie Ball, einer der großen Plantagenbesitzer-Dynastien des amerikanischen Südens, wurde, so pflegte Theodore
Porter Ball zu sagen, über fünf Themen niemals gesprochen: "Religion, Sex, Tod,
Geld und die Neger". Sein Sohn Edward aber, der lange
in
New York als Journalist für Zeitschriften wie "The Village Voice"
tätig war, brach mit diesen Tabus und schrieb - fern aller Südstaaten-Klischees
à la "Vom Winde verweht" - mit "Die Plantagen am Cooper River" nun die
Jahrhunderte umfassende Geschichte seiner Vorfahren und der farbigen Sklaven,
auf deren Arbeit der Reichtum und das Ansehen ihrer Herren beruhte.
Von 1698, als der Familiengründer Elias "Red Cap" Ball aus England nach Amerika
kam, bis 1865, dem Jahr der Sklavenbefreiung durch die Unionstruppen im
Bürgerkrieg, besaßen die Balls insgesamt mehr als zwanzig Reisplantagen am
Cooper River nördlich der Stadt Charleston in South Carolina.
Edward Ball,
geboren 1959, begreift die fast viertausend Sklaven, die im Laufe der Jahre die
riesigen Felder bewirtschafteten, und ihre Nachkommen als untrennbaren Teil
seiner eigenen Familiengeschichte. So beschränkt er sich nicht darauf, aus
Urkunden, Geschäftsbüchern, Sklavenlisten, Briefen und anderen Dokumenten sowie
Gesprächen akribisch die Chronik der Balls und ihrer Besitzungen zu
rekonstruieren, sondern beschäftigt sich ebenso ausführlich mit dem Schicksal,
den Lebensbedingungen und der Kultur der "Ball-Sklaven".
Einige von deren
mittlerweile wohl an die hunderttausend Abkömmlingen, mit denen er teilweise
sogar blutsverwandt ist - die Plantagenherren zeugten mit ihren Sklavinnen
zahlreiche illegitime Kinder -, konnte der Autor im Zuge seiner Recherchen
aufspüren, und auch seine detailreich geschilderten Begegnungen mit ihnen lassen
den gemeinsamen Hintergrund des äußerlich über Generationen getrennten Lebens
von Schwarz und Weiß deutlich hervortreten.
Balls mit zahlreichen Fotos aus Vergangenheit
und Gegenwart ausgestattetes Buch, das 1998 mit dem renommierten "National Book
Award" ausgezeichnet wurde, ist so mehr als nur fesselnde und bewegende Geschichtsschreibung;
es bietet darüber hinaus am Beispiel individueller Biografien Einblick in die
bis heute spürbaren Auswirkungen der
Sklaverei
auf die us-amerikanische Gesellschaft.
(sb)
Edward Ball: "Die Plantagen am Cooper River"
S. Fischer, 1999. 560 Seiten.
Buch
bei amazon.de bestellen