Margaret Atwood: "Der Report der Magd"
Die düstere Zukunftsvision einer von religiösen Fundamentalisten beherrschten Gesellschaft, in der Unfruchtbarkeit um sich greift und junge Frauen den privilegierten Offizieren als "Dienerinnen" zur Verfügung gestellt werden, mit der Aufgabe, die vom Hausherrn gezeugten Kinder zur Welt zu bringen.
Im Jahr 2195 hat sich das
Erscheinungsbild der ehemaligen USA stark verändert, und die Bundesstaaten sind
nicht mehr wiederzuerkennen. In einer alttestamentarisch organisierten aber im
Anspruch christlichen Republik namens Gilead sind die Städte durch
Straßensperren kontrollierbar gemacht worden, religiöse oder ideologische
Abweichler wurden außer Landes gebracht oder werden hingerichtet, und Lesen ist
nur noch einigen Privilegierten erlaubt.
In dieser Kultur lebt Desfred, so zumindest lernen wir die Erzählerin dieser
Geschichte kennen. Sie ist eine Magd, was in Gilead bedeutet, dass sie als staatlich
verpflichtete Leihmutter hoch gestellten Ehepaaren zur Verfügung gestellt wird,
die selber auf Grund der Unfruchtbarkeit der Frauen keine Kinder bekommen können.
Die Mägde sind an ihrer roten Nonnentracht zu erkennen, und in ihren reproduktiven
Phasen müssen sie auf den Schenkeln ihrer jeweiligen Herrinnen den Samen der
entsprechenden Ehemänner empfangen. Durch eine Geburt vor der Entstehung des
Staates Gilead hat Desfred ihre Fortpflanzungsfähigkeit bereits unter Beweis
gestellt, und innerhalb der durch Umweltverschmutzung und -katastrophen größtenteils
steril gewordenen weiblichen Bevölkerung der Republik ist sie zu einer nationalen
Ressource geworden, deren eigener Wille keine Rolle mehr spielen darf. Doch die Magd Desfred, die einem Kommandanten und seiner kinderlosen
Frau zugeteilt wurde, hat sich ihre Fantasie und Hoffnung auf ein anderes Leben
bewahrt.
Durch die Augen der
Magd lernen wir zunächst die Welt von Gilead, im Norden der früher als USA
bekannten Region, mit ihrer sehr klar gefügten Struktur, ihren Gesetzen und
ihren Kriegen kennen. Daneben werden in Rückblenden die Vorgeschichte Desfreds
und der politische und soziale Weg zu Gilead vorgestellt, einer totalitären
Gesellschaft auf der Grundlage der evangelistischen Fernsehpredigt. Eindringlich
und erschreckend wird hier eine Welt gezeichnet, wie sie sich speziell keine
Frau wünschen kann, und wie sie auch den Männern zunehmend Schwierigkeiten
beschert.
In einer Zeit, in der die Menschen der sogenannten westlichen
Zivilisation ihre Rechte und Freiheiten als selbstverständlich erachten, die für
bestimmte Teile der Bevölkerung seit noch nicht allzu langer Zeit gelten,
vergessen diese Menschen gerne, dass jene Rechte und Freiheiten hart erkämpft
wurden und deswegen eben nicht selbstverständlich sind. Und in einer Zeit, in
welcher das Phantom des internationalen Terrorismus Staaten als Vorwand dazu
dient, Bürgerfreiheit und Grundrechte einzuschränken, "im Namen einer
verbesserten Sicherheit für alle", gilt es erst recht, grundsätzlich auf der Hut
zu sein.
Der Roman erschien übrigens erstmals im Jahr 1985.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 03/2004)
Margaret Atwood: "Der Report der
Magd"
(Originaltitel "The Handmaid's Tale")
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Margaret Atwood wurde am 18. November
1939 in Ottawa, Kanada geboren. Ihre Werke liegen in über 20 Sprachen übersetzt
vor und wurden national wie international vielfach ausgezeichnet. Neben Romanen
verfasst sie auch Essays, Kurzgeschichten und Lyrik.
"Der Report der Magd"
wurde im Jahr 1989 von Volker Schlöndorff nach einem Drehbuch von Harold Pinter
mit Natasha Richardson, Faye Dunaway u. a. unter dem Titel "Die Geschichte der
Dienerin" verfilmt.
"Die Geschichte der Dienerin "
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Ergänzende Buchtipps:
"Die Giftmischer"
Margaret Atwood spricht manch einem aus tiefster Seele, wenn sie über die
"böse" Atwood schreibt: "Schließlich ist ein reizender Bösewicht mit Manieren
gesellschaftlich weitaus angesehener als jene guten Leute, die mit offenem Mund
kauen."
Nur allzu gern lassen wir uns also vom schönen Schein betören. Atwood lädt mit
ihrem Handbuch über Horror-Trips und Happy-Ends zu einem bitterbösen Streifzug
durch die Abgründe der menschlichen Seele ein unter besonderer Berücksichtigung
der weiblichen: Mini-Romane, Parabeln, kurze Studien, autobiografische Bekenntnisse
und Anleitungen zum Giftmischen in bester Atwood-Manier, mit denen sie sich
und uns den Spiegel vorhält und bei deren Lektüre einem gelegentlich das Lachen
im Hals stecken bleibt. Entlarvende, tödliche Rezepte: "Menschen mischen gern
Gift. Wer das nicht begreift, wird nie etwas begreifen."
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"Die essbare Frau"
Margaret
Atwood erzählt die Geschichte der attraktiven und erfolgreichen Marian McAlpin.
Kurz nach ihrer Verlobung verliert sie den Appetit. Zunächst kann sie kein
Fleisch mehr essen, dann keine Eier, kein Gemüse, nichts. Und schlimmer noch:
sie hat das schreckliche Gefühl, selbst gegessen zu werden. Gleichzeitig fühlt
sie sich von ihrem Freund Peter, einem Rechtsanwalt, abgestoßen und zu dem etwas
verrückten Duncan hingezogen.
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"Lady Orakel"
Als Kind wegen ihres unglaublichen Übergewichts gehänselt und von der eigenen
Mutter abgelehnt, findet Joan Foster in ihrer ebenso dicken wie skurrilen Tante
Lou eine Verbündete. Als diese stirbt, hinterlässt sie Joan ein Vermögen. Doch
der Anspruch auf das Erbe ist an eine Bedingung geknüpft: Joan muss vierzig
Kilo abnehmen, um in den Genuss des Geldes zu kommen. Mit gewohnt spitzer Feder
setzt Margaret Atwood in Lady Orakel zu einem Rundumschlag gegen menschliche
Schwächen an und entwirft wie nebenbei das Porträt einer ganz und gar ungewöhnlichen
Frau auf der Suche nach ihrer Identität: Joan Foster ist die Frau eines Anarchisten,
die Mätresse eines politischen Exilanten und die Geliebte eines exzentrischen
Künstlers. Sie benutzt falsche Namen, erfundene Eigenarten, wechselnde Ehemänner.
Die Schriftstellerin Joan Foster ist eine chaotische Person mit überbordender
Fantasie, die sich gelegentlich in ihren wechselnden Identitäten verstrickt
und manchmal die Schicksale ihrer Kitschromane mit ihren eigenen vermischt.
Als ihr wundervolles Doppelleben aufzufliegen droht, inszeniert sie ihren eigenen
Tod, ( "Ich plante meinen Tod mit Bedacht; anders als mein Leben, das trotz
meiner lahmen Versuche, es unter Kontrolle zu halten, dauernd auf Abwege geriet.
Der Trick war, spurlos zu verschwinden und den Schatten einer Leiche zu hinterlassen.
Zuerst glaubte ich, ich hätte es geschafft.") - und macht
in
Italien weiter.
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"Verletzungen"
Rennie
Wilford, freie Journalistin aus Toronto, fährt nach einer Krebsoperation in die
Karibik, um sich selbst zu finden. Doch sie gerät in die Wirren eines
politischen Umsturzversuches und muss um ihr Leben fürchten. Mitten in diesem
Chaos begegnet sie einem Mann, in den sie sich verliebt - und den sie wieder
verliert. Ein faszinierender, einfühlsamer Roman über eine junge Frau, die den
Weg zurück zu Kraft und psychischer Stärke findet.
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"Oryx und Crake"
In einer gar nicht so fernen Zukunft, in einer Welt, die ständig von
Umweltkatastrophen
bedroht ist, leben Oryx und Crake. Der Meeresspiegel ist bereits dramatisch
gestiegen, und die Küstenstädte sind dem Wasser zum Opfer gefallen. Die Mehrheit
der Menschen haust in den verfallenen Städten, in denen sich die Epidemien immer
mehr auszubreiten drohen. Crake ist Wissenschaftler und mit der Entwicklung
neuer Medikamente beschäftigt, die die Menschen immunisieren sollen. Aber Crake,
ein Genie auf dem Gebiet genetischer
Manipulation, verfolgt darüber hinaus ganz eigene Pläne. Ein Wettlauf gegen
den Untergang der Menschheit beginnt.
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