Karl-Heinz Leven: "Antike Medizin"
Ein Lexikon von "Aderlass" bis "Zwilling"
Wertvolles
Nachschlagwerk
Der Autor ist promovierter Arzt und Medizinhistoriker. Er lehrt am
Institut für Geschichte der Medizin der Universität
Freiburg und ist Mitherausgeber der Zeitschrift "Medizinhistorisches
Journal". Wer das Buch gelesen hat, wundert sich, dass ihm ein
Doktortitel fehlt. Es ist ein akademisches Meisterwerk, bei dem man
sich nebenbei
fragt, warum dergleichen Leute in Deutschland eine Existenz als
Honorarprofessor fristen müssen.
Bislang gab es weltweit keine fundierte Auskunftei über die
Welt der
antiken Medizin. Man war auf die in populärwissenschaftlichen
Werken
zur
Naturheilkunde
ausgebreiteten Meinungen angewiesen, ohne genau zu wissen, worauf sich
die Angaben beziehen. Das ist nun durch dieses Buch nicht mehr der
Fall. Wer wissen will, warum der Blinddarm so heißt,
erfährt, dass
davon schon im Corpus Hippocraticum die Rede ist, dass ihn Aristoteles
kannte, dass Galen darüber ausführlicher schrieb und
vieles Andere
mehr. Jede Quelle ist sauber angegeben.
Das Buch ist ein großer Wurf, gleichwohl erst ein Anfang auf
einem wohl
auf Jahrzehnte angelegten Weg. Nehmen wir als Beispiel die
Heilpflanzen. Davon gibt es in diesem Lexikon kaum
eine
Handvoll. Dazu sind die Einträge zum Teil noch sehr kurz
geraten. Wer
sich für die Heilkünstlerin Kleopatra interessiert,
wird mit einem
Absatz abgespeist, der Verweis
auf ihre Kosmetik ist kaum länger und
kennt keine Details. Manche wichtige Begriffe haben mir gefehlt, zum
Beispiel Klinik, der wohl von Kline abgeleitet ist, dem Ruhestuhl des
Kranken. Hoffentlich sagt mir Karl-Heinz Leven bald, ob diese Vermutung
stimmt, und belegt es in bewährter Weise.
Ich hoffe, dass eine finanzkräftige Stiftung dem Autor unter
die Arme
greift, um sein erfolgreiches Werk fortzusetzen. Dass er so was kann,
hat er bewiesen, und jedermann, den die alte Medizin interessiert, wird
ihm dankbar für das bereits Geleistete sein. Aber um Himmels
Willen,
Uni Freiburg, gebt dem Mann endlich einen Doktortitel!
(Berndt Rieger; 03/2005)
Karl-Heinz
Leven: "Antike
Medizin"
C.H. Beck, 2005. 967 Seiten.
ISBN 3-406-52891-0.
ca. EUR 51,30.
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Ein weiteres Buch des Autors:
Karl-Heinz Leven, Eduard Seidler: "Geschichte der Medizin und der
Krankenpflege"
Medizin und Krankenpflege sind zwei nicht voneinander trennbare
Elemente eines
gemeinsamen Heilauftrages, den Keiner ohne den Anderen leisten kann.
Dennoch
haben sich im gegenseitigen Verständnis von Berufsbild und
Tätigkeit immer
wieder Unsicherheiten entwickelt; sie sind das Ergebnis sehr langer
innerer und
äußerer Entwicklungen. Prof. Dr. med. Eduard Seidler
ist em. Direktor des
Instituts für Geschichte der Medizin der
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
und Facharzt für Kinderheilkunde. (Kohlhammer)
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Außerdem:
Renate Germer: "Die Heilpflanzen der alten Ägypter" zur Rezension ...
Leseprobe:
Mandragora - M., im Mittelalter als
Alraune (v. gotisch runa,
"Geheimnis") bekannt, ist eine Pflanze aus der Familie der
Nachtschattengewächse (Mandragora officinarum Li.) mit
gegabelter, bis ca. 60
cm langer Wurzel, gelegentlich mit zwei Ausläufern in die
Höhe. In der Form
der M. erkannte man eine menschenähnliche Gestalt. Die antike
Medizin
verwendete M. als Schlafmittel u. zur !’ Anästhesie
(Dsc. 4,75; Plin. HN
25, 147-150.) Im Volksglauben galt M. als !’
Aphrodisiacum u.
konzeptionsfördernd,
so auch im Alten Testament (Gen 30, 14 ff.); ferner wurde M. auch als
!’ Gift erwendet (Ael. Prom.
65; Apul. Met. 10,11).
Lit.: FAUSTI, D.: Le metamorfosi della mandragora. Usi medici
e riti magici,
Euphrosyne 26 (1998), 81-94. DILG, P.: Alraune, LexMA 1, 458 460.
STEIR, A.:
Mandragoras, RE 14,1 (1928), 1028-1037.