Jean Améry: "Ausgewählte Briefe 1945-1978"
Herausgegeben
von Gerhard Scheit
Band 8 der Werkausgabe
Mayer
- 172364 - Améry
"Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an / Mit 66
Jahren, da hat man Spaß daran" - trällert
der Österreicher
Udo
Jürgens jovial vor sich hin - für Jean
Améry war mit 66 der Spaß vorbei - er hatte
eigentlich nie angefangen. Améry hat sich immer wieder mit
Grenzsituationen der Existenz und des Bewusstseins
beschäftigt. Im Oktober 1912 als Hans Mayer in Wien geboren,
Sohn assimilierter Juden, katholisch erzogen, musste er beim
"Anschluss" Österreichs 1938 nach Belgien emigrieren. Dort
wurde er 1940 als "feindlicher Ausländer" festgenommen und im
südfranzösischen Lager Gurs interniert. Im Jahr 1941
gelingt ihm die Flucht, zurück in Belgien beteiligt er sich am
Widerstand gegen den Nationalsozialismus. So wird er im Juli 1943 von
den Nazis verhaftet, von der Gestapo gefoltert - und überlebt
mehrere Konzentrationslager, u.a. Auschwitz. All diese Erfahrungen hat
er in seinem Werk 'Jenseits von Schuld und Sühne.
Bewältigungsversuche eines Überwältigten'
(1966) zu verarbeiten versucht - wobei er einmal sagte: "Wer
der Folter erlag, kann nicht mehr heimisch werden in der Welt."
Die vorliegende Zusammenstellung der Briefe erscheint als Band 8 der
Gesammelten Werke in einer nicht nur für
Literaturwissenschaftler ansprechenden Aufmachung.
Améry bezeichnete sein essayistisches Werk als "Revision in
Permanenz", er sprach von seinen "Ressentiments", wenn er versuchte mit
seiner Traumatisierung zurechtzukommen und humanistische Gedanken
sozusagen in den Weltlauf einzubringen. Wesentlich war ihm
offensichtlich seine Identitätsfindung im engen Zusammenhang
mit seinem Namen. Einerseits erinnert er (sich) immer wieder an seine
Häftlingsnummer 172364 in Auschwitz, andererseits
wählt er 1955 das Anagramm Améry als Pseudonym -
auf seinem Grabstein auf dem Wiener Zentralfriedhof steht beides.
Améry reinigte sozusagen Sartres Freiheitsbegriff vom
Pathos, er hatte mit der Folter, dem Alter und dem Freitod seine
zentralen Themen gefunden. Dabei sieht er sich in der Tradition der
europäischen Aufklärung von Voltaire über
Marx bis Popper. Er zählte zu den bedeutendsten
Intellektuellen der 1960er und 70er Jahre in einer Reihe mit
Camus,
Sartre, Adorno und Levi. Erlebte und beschriebene Realität
liegen bei Améry dicht beieinander. Die drei Essaysammlungen
'Jenseits von Schuld und Sühne' (1966), 'Über das
Altern' (1968) und 'Unmeisterliche Wanderjahre' (1971)
ergänzen sich in diesem Sinne zu einer Art autobiografischer
Trilogie.
Über die Motive zu Amérys Freitod in einem
Salzburger Hotel gibt es verschiedene Theorien. Für die
Verfasserin der neuesten Biografie, Irene Heidelberger-Leonard, war
Amérys Scheitern als Dichter mitentscheidend. Andererseits
zeigen seine Lebenszeugnisse seine längerfristige innere
Wahlverwandtschaft mit dem Tod. Den Freitod sah er als Akt der Wahrheit
und der Freiheit (vgl. 'Hand an sich legen. Diskurs über den
Freitod', 1976) - im gleichen Jahr äußerte er sich
auch über das Briefeschreiben: "Der Brief zwingt uns
zur Artikulation unserer Gedanken (...) er gibt uns Gelegenheit zur
Selbstkonstitution." Somit gehören diese auch
privaten Korrespondenzen bei Améry
wesensgemäß zu seinem Werk. Im vorliegenden Band
werden rund 350 Briefe dokumentiert und erläutert - was etwa
einem Drittel seiner Korrespondenzen entspricht - wobei die
Auswahlkriterien nicht offengelegt werden.
Jedenfalls finden sich Briefe an prominente Kollegen wie Alfred
Andersch, Elias Canetti, Helmut Heißenbüttel, Günter Kunert,
Jean Paul Sartre und Gerhard Zwerenz -
ansonsten sind die Briefe zum Großteil an Verlagsleute,
Redakteure und gute Freunde gerichtet. Améry sah sich
übrigens in aller Selbstironie als "freischnorrenden
Schriftsteller" (1966). Die Auswahl ist chronologisch in vier
Abschnitten geordnet - ergänzt durch zwei Essays: einmal
über die verlorene Kunst des Briefeschreibens - und dann eine
Provokation seiner linken "Freunde" hinsichtlich ihres
unterschiedlichen Engagements gegenüber Vietnam und Israel.
Was Améry im Zusammenhang mit Thomas Mann,
Franz Kafka und
Karl Kraus äußert, mag sozusagen auf ihn
zurückwirken: "Wir wären geistig arm ohne
diese Briefe und werden jämmerlich dastehen morgen, wenn
wirklich, wie es mir scheint, die Kunst des Briefeschreibens nur noch
Geschichte sein wird."
Im ersten Teil 'Verlorenheit nach der Befreiung: 1945 bis 1950' lesen
wir in einem Brief (an Maria und Rudolf Leitner): "Du wirst
mir bitte ersparen, Dir die elende Odyssee eines Lebens in diesen
Jahren zu erzählen. Ich war nicht als Jude, sondern politisch
verhaftet gewesen." In einem Brief an Ernst Mayer zu einem
Romanprojekt bemerkt Améry: "Wird es gut sein,
dann wird mein Leben einen Sinn gehabt haben, wird es ein Nichts sein,
dann werde ich wissen, dass ich selber ein solches bin." Eher
doch schon indiskret wirkt die Lektüre solcher Zeilen wie: "Mopserlkinderl,
ich bin müd, missgelaunt, unbefriedigt, depressiv,
selbstmörderisch triste, komms gumschwind zum mir, ein
Hutscherl wird uns beiden gut tun" (An Maria Leitner,
18.5.1950).
Der zweite Teil 'Ressentiments: November 1957 bis Mai 1967'
eröffnet die Reihe mit dem Einblick in die
Gemütslage: "Was mich angeht, so bin ich auf Moll
gestimmt. Vor ein paar Tagen wurde ich fünfundvierzig Jahre
alt. Die Lebensbilanz zeigt wenig Gewinn. Was kann noch kommen? Nichts.
Man wird wursteln, geistig, seelisch, materiell." (An Ernst
Mayer, 3.11.1957). Vier Jahre später lesen wir etwa folgende
Erkenntnis: "Letzten Endes gehen uns im Leben sehr viele
Wünsche in Erfüllung, aber fast immer zu
spät und unter Umständen, welche die
Erfüllung ihres Sinnes längst beraubt haben."
(An Ernst Mayer, 19.6.1961). Sehr ernüchternd etwa auch
folgende Zwischenbilanz: "Ich stehe mit mehr als 53 Jahren,
bei bereits leicht erlahmenden Kräften, bei nur sehr
mittelmäßiger Gesundheit nicht nur
ökonomisch so ungesichert da wie heute kaum noch irgend ein
Anfänger, ich habe auch auf kein wirklich meinen einstigen
Hoffnungen entsprechendes Werk zu pochen." (An Ernst Mayer,
8.1.1966). Allerdings folgt gegen Ende desselben Briefes noch die
"tröstliche Note": "Wenn wir auch wenig sind, es ist
nicht aller Tage Abend, hoffentlich nicht, und wir können noch
manches werden. Aus dieser Potentialität können,
dürfen, müssen wir unser Selbstbewusstsein ziehen,
nicht aus dem schon Erreichten."
Diesen Kampf wider die Depression ficht Améry konkreter in
der Auseinandersetzung mit der ("jungen") Linken aus, im dritten Teil
'Zwischen Israel und Lefeu: Juni 1967 bis Februar 1974'. Hier mokiert
er sich u.a. über die Beliebtheit Hermann Hesses bei der
Blumenkinder-Generation, indem er deren mangelndes
Geschichtsbewusstsein beklagt (vgl. Brief an Ernst Mayer, 11.12.1969).
Helmut Heißenbüttel gegenüber sorgt er sich
um sein eigenes "Kulturelles Altern: Wie schade, dass ich aus purem
Zeitmangel mit der Entwicklung der deutschen schöngeistigen
Literatur nicht mehr recht mitkomme" (24.8.1970). Und er gesteht nach
dem Besuch der Frankfurter Buchmesse: "Ich halte mich nun
einmal nicht für ein Genie" (An Ernst Mayer,
8.10.1972), womit er indirekt die "selbstbezogenen Autoren" kritisiert.
Schließlich verdichten sich im vierten Teil 'Diskurse
über den Freitod: März 1974 bis Oktober 1978)' die
depressiven Eingeständnisse: "1974 war ein elendes
Jahr. Das Schlimmste, das es mir brachte, war der totale Misserfolg
jenes Buches, das ich nicht nur für mein bestes hielt, sondern
von dem ich mir einbildete, es sei eine Art von 'Lebenswerk' im
Kleinformat (denn Großformatiges habe ich mir ohnehin niemals
zugetraut)" (An Ernst Mayer, 17.1.1975). Später
äußert Améry die Hoffnung, 'Lefeu' (um
dieses Buch geht es hier nämlich) "hat gewisse
(minimale) Chancen, verfilmt zu werden. Das wäre ... die
Rettung des Buches, meines Lieblingskindes" (An Ernst Mayer,
20.5.1976).
Wir lesen auch, dass ihn die "in die Jahre gekommene Neue
Linke kräftig ausgepfiffen" hatte (Juni 1976) und
dass ihn mit Wolfgang Schütte ein "radikaler
Humanismus" verbindet (Juli 1976). Sehr unvermittelt und
abrupt beschließt Améry sein Leben mit vier
Briefen am 16. Oktober 1978: einem an die Salzburger
Polizeibehörde, welcher er offiziell seinen Freitod anzeigt -
einen an die Hotelleitung, welche er um Verzeihung bittet wegen der "Ärgerlichkeiten,
die ich Ihnen bereite" - einen an seinen vertrauten Lektor
Hubert Arbogast, welchen er ebenfalls für die "Ungelegenheiten"
um Verzeihung bittet - und den letzten an seine Frau Maria: "Ich
habe ... aufrecht gelebt und will aufrecht ... sterben." Der
vorliegende Band greift persönlich ans Gemüt und ist
zugleich Dokument eines intellektuellen Werdegangs zwischen allen Ismen
hindurch. Eine Lektüre mit Tiefgang.
(KS; 02/2008)
Jean
Améry: "Ausgewählte Briefe 1945-1978"
Herausgegeben von Gerhard Scheit.
Klett-Cotta, 2007. 804 Seiten.
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Weitere
Buchtipps:
Irene Heidelberger-Leonard: "Jean Améry. Revolte in der
Resignation"
"Dorfidylle (1912-1924)" und "Zirkusgasse 48 (1924-1935)",
so beginnt dieser biografische Bericht, der sich dann dem früh
berufenen
Schriftsteller und später dem eminent produktiven Journalisten
Améry zuwendet.
Das Leben und die Schrift, erlebte und beschriebene Realität
lagen bei Améry
dichter zusammen als sonst. Und so werden die Stationen dieses Lebens
auch in
subtilem, unauflöslichem Ineinander von Fakten und Werkzitaten
vorgestellt: Der
Auschwitz-Häftling, der die Folter überlebt hatte.
Die frühesten
Bewältigungsversuche und die Herausbildung des
glänzenden Stilisten. Und,
1966, der Durchbruch mit der Veröffentlichung der
Essaysammlung "Jenseits
von Schuld und Sühne", die sich später mit
"Über das Altern"
und den "Unmeisterlichen Wanderjahren" zu einer autobiografischen
Trilogie erweiterte. In ihr verschmolzen diskursive Strenge, Eleganz
des Stils
und das Insistieren auf persönlicher Erfahrung zu einer
faszinierenden Form,
die Améry zu einem der führenden Intellektuellen
werden ließ.
Diese Biografie enthält reiches unveröffentlichtes
Material. Dokumente,
Lebenszeugnisse und viele bisher unbekannte Briefe werden vorgestellt.
Zusammen
mit der klaren, luziden Nachzeichnung der geistigen Positionen
Amérys ist
dieses Buch geeignet, uns fühlen zu lassen, was eigentlich wir
heute nicht mehr
besitzen.
Irene Heidelberger-Leonard ist die Gesamtherausgeberin der
Améry-Werkausgabe,
die auch bei Klett-Cotta erscheint. Sie hat im März 2004
für diese
Améry-Biografie den Preis der Einhard-Stiftung in
Seligenstadt für
herausragende Biografik erhalten. (Klett-Cotta)
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Jean Améry: "Die Schiffbrüchigen / Lefeu
oder Der
Abbruch" Werke, Band 1
"Hätte man den 23jährigen Hans Mayer, und
erst recht den 65jährigen
Jean Améry nach seiner Berufung gefragt, er hätte
geantwortet: Ein deutscher
Dichter."
So beginnt das Nachwort der Herausgeberin zu diesem Band, der den
literarischen
Autor Jean Améry vorstellt. In dem Romanfragment "Die
Schiffbrüchigen",
das Améry mit 23 Jahren schrieb, erlebt der Protagonist
Eugen Althager, der dem
österreichischen proletarisierten Kleinbürgertum
entstammt, den Zusammenbruch
der Ersten Republik als Untergang seiner bisherigen Welt. Er versucht,
sich -
auch durch private Untergänge hindurch - in eine Art
"heroischen
Nihilismus" zu retten.
Deutlich wird, wie viele Lebensthemen und biografische Momente Jean
Améry in
dieser frühen Arbeit schon vorweggenommen hat. "Ein
notwendiger Roman,
wenn nicht gar eine kleine Offenbarung", so die
Herausgeberin. "Lefeu
oder Der Abbruch" schließlich, Amérys
großer Romanessay aus dem Jahr
1974, ein Künstlerroman mit dem Schauplatz Paris, geht auf den
früheren Roman
zurück und ist zugleich "eine Bilanz der eigenen
Existenz, des eigenen
Denkens" (Améry).
Ein unerhörter Glücksfall, dass das Manuskript von
"Die
Schiffbrüchigen" sich durch die Zeit der Verfolgung, Flucht,
KZ-Haft und
Emigration in einer Wiener Manuskript-Agentur erhalten hat. Im
Marbacher
Literatur-Archiv wurde es bei den Arbeiten zur
Améry-Gesamtausgabe entdeckt.
Dies ist die Geschichte von Eugen Althager, einem Intellektuellen und
Außenseiter im Wien Anfang der 1930er Jahre. Althager ist
arbeitslos, und wir
erleben seinen Kampf und seinen Abstieg - zusammen mit dem Verfall der
bürgerlichen Kultur in Österreich. Denn die soziale
und politische Lage ist
äußerst gespannt: Ein Generalstreik bricht unter den
Waffen der Staatsgewalt
zusammen, jüdische Mitbürger werden auf offener
Straße drangsaliert.
Ein äußerst farbiges, gedankenreiches und
künstlerisch durchgearbeitetes
Werk: voller Eindrücke aus den großen
Caféhäusern Wiens, mit
Großstadtszenen und einer Reihe eindrucksvoller
Frauenfiguren. Althager wird
durch die Zeitläufte in seine jüdische
Identität förmlich hineingezwungen,
und er zerbricht an diesem Prozess.
"Die Schiffbrüchigen" ist das spannende, weil subversive
Gegenmodell
zum Bildungsroman. Geschichte einer verratenen Freundschaft und
Künstlerroman,
enthält dieser Text schon alle gedanklichen Komplexe, die
später Amérys Werk
so einzigartig machten. (Klett-Cotta)
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"Jenseits von Schuld und Sühne. Unmeisterliche
Wanderjahre.
Örtlichkeiten" Werke, Band 2
Die auf neun Bände angelegte Ausgabe stellt den Kulturkritiker
wie den
Romancier vor, zum Teil mit noch nie erschienenen Texten. Jeder Band
enthält
einen Dokumentationsteil und ein eingehendes Nachwort zur Entstehung
und
Rezeption der jeweiligen Texte. Der Eröffnungsband
enthält "Jenseits von
Schuld und Sühne", mit dem der Autor 1966 schlagartig
berühmt wurde. Im
Anhang zu dieser Neuausgabe sind frühe, in Auschwitz-Monowitz
begonnene
Aufzeichnungen abgedruckt - Urtexte zu Amérys Denken
über Tortur, Auschwitz
und die "Psychologie des deutschen Volkes". Weiterhin enthalten sind
die Sammlungen "Unmeisterliche Wanderjahre" und
"Örtlichkeiten".
(Klett-Cotta)
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"Über
das Altern. Revolte und Resignation / Hand an
sich
legen. Diskurs über den Freitod" Werke, Band 3
Die schon 1966 ursprünglich unter dem Titel "Die unheilbare
Krankheit"
konzipierte Arbeit "Über das Altern" zieht, auf der Grundlage
der
existenziellen Erfahrungen Amérys, das Fazit aus
gravierenden philosophischen
und literarischen Lektüren Amérys:
Einflüsse von Thomas Mann,
Proust,
Beauvoir und verschiedener anthropologischer Ansätze sind
nachweisbar in diesen
fünf großen Essays.
"Hand an sich legen" denkt und beschreibt die Möglichkeit zum
Freitod
als unveräußerliches Menschenrecht und als
"Zurücknahme aller
Lebenslügen". Améry wendet sich in diesem Diskurs
dem beherrschenden
Thema seines Lebens zu. Ein aufrüttelndes Buch, befreiend
auch, bis heute.
Im Anhang des Bandes eine Dokumentation zur Rezeptionsgeschichte dieser
beiden
Werke und ein ausführliches Nachwort der Band-Herausgeberin
Monique Boussart. (Klett-Cotta)
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"Charles Bovary, Landarzt; Portrait eines einfachen
Mannes" Werke, Band 4
In diesem Dialog mit einer literarischen Figur, dem Ehemann der
"Madame
Bovary" von Flaubert, geht es Améry um die soziale und
ästhetische
Ehrenrettung des verkannten Individuums, des bürgerlichen
Subjekts. Es ist eine
tiefgehende Auseinandersetzung mit Sartres Flaubert-Interpretation, wie
sie in
dem Monumentalwerk "Der Idiot der Familie" entwickelt wird - ja mehr
noch: Es ist der Versuch der endgültigen Loslösung
vom bewunderten
intellektuellen Vorbild.
Diese Zusammenhänge, die ins Zentrum des philosophischen und
ästhetischen
Denkens von Améry führen, werden in diesem Band
erstmals eingehend
dargestellt. Texte zu Sartre und Flaubert begleiten den Anmerkungsteil.
Deutlich
wird, welch hohen Anspruch Améry mit diesem Buch (und seinem
öffentlichen
Erfolg) verband und welchen Stellenwert es für
Améry als literarischen Autor
hat. (Klett-Cotta)
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"Aufsätze zur Literatur und zum Film" Werke, Band 5
Band 5 sammelt Amérys Arbeiten zur Literatur und zum Film.
Amérys
Literaturessays repräsentieren eine faszinierende Form
gelebten Lesens. Die
Texte dieses Bandes, deren Spektrum von Georges Bataille bis Michel
Tournier,
von Thomas Mann bis
Thomas Bernhard reicht, machen Literatur als
existenzielle
Erfahrung nachvollziehbar. Gleiches gilt für die Filmkritiken,
die in diesen
Band aufgenommen wurden. (Klett-Cotta)
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"Aufsätze
zur Philosophie" Werke, Band 6
Alle wesentlichen Aufsätze zu diesem Bereich sind hier
versammelt - darunter
einige wichtige, bisher noch nie gedruckte Essays, die für den
Rundfunk
geschrieben wurden. Die drei Schwerpunkte dieses Bandes
repräsentieren die
Hauptstadien von Amérys Entwicklung:
Die Essays zur modernen französischen Philosophie: vom
Existenzialismus über
die immer wieder aufgenommene Auseinandersetzung mit Sartre bis zu
Lévi-Strauss
und Foucault. Dann die Kritik der deutschen Philosophie des 19. und 20.
Jahrhunderts, Texte also zu
Hegel,
Nietzsche, Heidegger, Marcuse,
Bloch, zum
Positivismus und zur Kritischen Theorie. Und schließlich die
großen Aufsätze
über "Autorität und Freiheit", oder die "Sprache des
Menschen".
Eine Dokumentation im Anhang bringt Dokumente zur Rezeptionsgeschichte
der
Texte. Das Nachwort erläutert Amérys philosophische
Entwicklung, die sich in
der unaufhebbaren Spannung zwischen dem Denken der Aufklärung
und der Erfahrung
der Tortur vollzog. (Klett-Cotta)
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"Aufsätze
zur Politik und Zeitgeschichte" Werke, Band
7
Der siebente Band der großen Werkausgabe vereinigt die
für Amérys politisches
Denken zentralen Aufsätze, vom ungedruckten Text bis zur
berühmt gewordenen
Streit-Schrift.
"Rund 5000 Zeitungsartikel", stellte Améry im Jahr 1972
fest, als er
seine publizistische Arbeit resümierte, "eine fast
erschreckend
umfangreiche Produktion."
Die von Améry zum Zeitgeschehen verfassten Kommentare und
Analysen sind wegen
ihrer gedanklichen Schärfe und stilistischen Brillanz heute
noch lesenswert -
und die wichtigsten von ihnen hat Stephan Steiner für diesen
Band neu gelesen
und kommentiert. Sie greifen Fragen der deutschen und internationalen
Nachkriegsgeschichte auf: die der Nachwirkungen der NS-Epoche, des
Antisemitismus-Problems und der politischen Nachkriegsordnung.
Améry hat über
Gewalt, über die Anziehungskraft radikaler Bewegungen
nachgedacht, über die
heimatlose Linke, und früh schon taucht in seinen Analysen die
Frage des
politischen Terrorismus auf.
Die stupende thematische Vielfalt der Publizistik Amérys
macht diesen Band zu
einem Kompendium der deutschen Nachkriegsgeschichte - und sie zeigt
einen etwas
anderen Améry: "Hier erscheint er als aktivistisch, den Puls
der Zeit fühlend,
nicht selten hoffnungsgeladen. Zwischen dem aus Auschwitz Befreiten und
dem
Toten von Salzburg liegen immerhin 30 Jahre, in denen gelebt,
debattiert und
auch gekämpft wurde" (Steiner). Radikaler Humanismus ist der
Maßstab
dieser aufregend aktuellen Texte. (Klett-Cotta)
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"Materialien" Werke, Band 9
Der Band versammelt nicht nur die wichtigsten Rezensionen zu den
Werken, sondern
enthält auch Interviews (z.B. mit Ingo Hermann) und
Konfrontationen mit
Spätgeborenen (Schultz-Gerstein). Ein Werk- und
Personenregister, eine
Gesamtbibliografie der Werke Amérys und ein Verzeichnis der
wichtigsten
Arbeiten über Améry vervollständigen die
Ausgabe. (Klett-Cotta)
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