Richard H. Wilkinson: "Die Welt der Tempel im alten Ägypten"
Heiligtümer für die Götter
Tempel im alten Ägypten waren Schnittstellen
zwischen Menschen- und Götterwelt, und einige zählen bis heute zu den beeindruckendsten
und großartigsten Bauwerken der Welt. Sie dienten als Wegweiser zur Beobachtung
des Himmels, symbolische Tore zum Leben nach dem Tod und steinerne Abbilder
der Macht ihrer Erbauer, der Pharaonen. Als Verwaltungszentren, Schatzkammern
und Schulen waren einige von ihnen für viele Generationen auch Mittelpunkte
des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lebens am Nil.
Als der griechische Historiker Herodot im
fünften vorchristlichen Jahrhundert Ägypten besuchte und im zweiten Buch seiner
Historien auch die Tempel beschrieb, waren die ältesten unter ihnen etwa so
alt, wie Bauwerke aus Herodots Lebenszeit, z.B. der Parthenon in Athen, heute
sind.
Eine letzte Glanzzeit erlebte die altägyptische Baukunst, in der Sakrales und
Profanes untrennbar verbunden sind, nach dem Ägyptenfeldzug Alexanders (323
v. Chr.) des Großen und unter seinen Nachfolgern den Ptolemäern, bis Ägypten
nach Königin Kleopatra
VII. römische Provinz wurde (30 v. Chr.). Erst im Jahre 383 unserer Zeitrechnung,
mehr als 3000 Jahre nach der Errichtung der ersten Tempel, wurden auf Befehl
Kaiser Theodosius' alle nicht-christlichen Kultstätten geschlossen, aufgegeben
und oft auch vergessen. In seltenen Fällen, wie in Luxor, baute man auf Fundamenten
der Tempel Kirchen und später Moscheen.
Auf 256 meist eng beschrifteten und reich illustrierten Seiten beschreibt
Richard H. Wilkinson, Ägyptologe an der Universität Arizona, Geschichte,
Bauweise, Funktion und Entdeckungs- und Forschungsgeschichte der ägyptischen
Tempel. Besonders eindrucksvoll sind die Abschnitte, die von der Symbolik und
Architektur sowie den Kulten in den Tempeln handeln. Immer wieder werden altägyptische
Reliefs mit Darstellungen von Tempelanlagen oder vom Tempelbau neben Fotos der
noch immer ansehnlichen Ruinen gestellt, um die Leser die Tempel auch mit den
Augen der alten Ägypter sehen zu lassen.
Chronologien der Pharaonen, Artikel zu Themen wie dem Festkalender oder der
Priesterhierarchie geben gut fundierte Hintergrundinformation. Den Hauptteil des
Buches macht ein illustriertes und von Fotos und Plänen ergänztes Verzeichnis
aller heute noch sichtbaren Tempel und Sakralruinen von Nubien bis zum Nildelta
aus.
"Die Welt der Tempel im alten Ägypten" von Richard H. Wilkinson ist
ein fachkundiges, gut verständliches und ebenso spannendes Buch, dessen
einziger Fehler wohl in der Dichte der beschriebenen Seite liegt: Auch das
englische Original hat 256 Seiten, doch deutscher Text braucht deutlich mehr
Platz. Vielleicht wäre ein größeres Format als 19 x 25 cm geeigneter gewesen.
(Wolfgang Moser; 11/2005)
Richard H. Wilkinson: "Die Welt der
Tempel im alten Ägypten"
Theiss, 2005. 256 Seiten mit 535 Abbildungen, Karten und Plänen.
ISBN 3-8062-1975-3.
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Ein weiteres Buch des Autors:
"Die Welt der Götter im alten Ägypten. Glaube - Macht - Mythologie"
Der Autor stellt die einzelnen Gottheiten vor, skizziert deren Eigenschaften und
Wirkungskreis und erläutert Glaubensvorstellungen, religiöse Symbole und
Rituale der altägyptischen Gesellschaft.
Kaum eine Gesellschaft war derart von religiösen Vorstellungen durchdrungen wie
jene des alten Ägypten. Ihr Alltag war geprägt von der ständigen Pflicht,
eine unüberschaubare Götterschar zu lobpreisen, ihr zu huldigen und sie
zufrieden zu stellen.
Die Religion regelte die sozialen Beziehungen, legitimierte die Machtstrukturen
und ist somit ein zentraler Schlüssel zum Verständnis dieser faszinierenden
Kultur. Richard Wilkinson zeichnet in diesem Band ein bisher einzigartiges
Panorama der Götterwelt Ägyptens von den Anfängen bis zu ihrem Untergang.
In allgemein verständlichen Texten und zahlreichen Bildern, Skizzen und Karten
werden alle wichtigen Gottheiten vorgestellt, deren Eigenschaften skizziert, ihr
Wirkungskreis umrissen, die verschiedenen Kulte erläutert und deren Entwicklung
verfolgt. Anhand eindrucksvoller kunsthistorischer und archäologischer
Zeugnisse wie Tempel, Grabkammern, Grabreliefs, Grabbeigaben oder Papyri
beleuchtet der Autor sowohl die geheimnisvollen Rituale der offiziellen Religion
als auch die Glaubensinhalte und -praktiken des einfachen Volkes. Der Leser erhält
so einen tief greifenden Einblick in die geheimnisvolle und komplexe Mythologie
der alten Ägypter. (Theiss)
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