Martin Sieberer: "Von allen Sinnen"

Kochkunst in den Alpen


"Was soll ich heute kochen?"
Eine immer wieder beharrlich auftauchende Frage, angesichts der Vielfalt an Möglichkeiten!


Der 1968 in Tirol geborene Martin Sieberer, seit 1997 Leiter des Gourmetrestaurants "Paznaunerstube" in Ischgl/Tirol, seit 1998 "Träger" dreier Gault-Millau-Hauben und "Koch des Jahres 2000" (um nur zwei seiner Auszeichnungen zu nennen), gibt in seinem ersten Buch zahlreiche, für verschiedenste Anlässe passende, Antworten.

Doch bevor uns das Kapitel "Ins Netz gegangen - Köstlichkeiten aus Bächen und Seen" mit Rezepten für Räucherforellen-Erdäpfelravioli, Zanderfilet mit Ziegenfrischkäs überbacken und dergleichen mehr das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt, werden die Funktionsweisen der menschlichen Sinnesorgane, deren gekonnte Stimulierung den schlichten Vorgang der Nahrungsaufnahme erst zum Genuss macht ("Das Auge isst mit", "Immer der Nase nach", "Gutes auf der Zunge zergehen lassen", "Fingerspitzengefühl für jedes Produkt", "Es brutzelt in der Pfanne - die Wünsche der Gourmets") erklärt.

Martin Sieberer bedient sich in erster Linie regionaler Produkte, passt altbewährte Gerichte gekonnt an neueste ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse an und kreiert auf diese Weise Speisen, die dem aktuellen Bedürfnis der Gourmets nach fettarmer, bekömmlicher, leicht verdaulicher und darüber hinaus einfach zuzubereitender Kost sowie den heutigen Essgewohnheiten entsprechen.

Das zweite Kapitel, "Kulinarischer Höhenflug - Von gebratenen Tauben und anderem Federvieh" betitelt, ist der Zubereitung von Geflügel gewidmet, dessen Fleisch man in der modernen Küche aufgrund seiner vorteilhaften Zusammensetzung an lebensnotwendigen Stoffen zu schätzen weiß. Beim Anblick des knusprig gebratenen Rebhuhns in Portweinkastanien, der Taube auf Walnussrisotto oder dem mit Eierschwammerln gefüllten Stubenküken wächst die Lust, selbst den Kochlöffel zu schwingen.

Weiters serviert uns Martin Sieberer Pilze, Gemüse und Kräuter nicht nur der Gesundheit zuliebe (wie wär's mit Terrine von Steinpilzen und Polenta?), Sonntagsbraten einmal anders (z. B. Geschmorte Lammstelze mit Erdäpfelriebler) und raffinierte Versuchungen aus der Patisserie (Dalken, Pofesen, Minznockerln in der Honigwabe,...).

Abgerundet wird die appetitanregende Lektüre durch vier Menüvorschläge aus der "Paznaunerstube", Sieberers Einmaleins des Kochens (Rezepte für Nudel- und Strudelteige, Saucen, Marmeladen, Brote) sowie eine Schilderung seines Werdegangs vom Kochlehrling zum Haubenkoch.

Die Rezepte sind generell verständlich, nachvollziehbar, angenehm kurz und einladend formuliert sowie gut aufgebaut, Fachausdrücke ("Was ist eine Handvoll Mirepoix?") werden erläutert. Nicht ausnahmslos alle Rezepte eignen sich für erste Versuche angehender Köche: Bei der Zubereitung gewisser Speisen (z.B. Spanferkel mit warmem Krautsalat und Erdäpfelsalat oder Rehkitzrücken mit Kastanienmousseline) sind solide Vorkenntnisse und Erfahrung im Umgang mit Zutaten und Küchenwerkzeugen hilfreich und mitunter sogar vonnöten.

Die geschmackvollen Fotos der 1963 in Vorarlberg geborenen Fotografin Christa Engstler setzen die heimischen Köstlichkeiten geschmackvoll in Szene und machen das Kochbuch (auch) zu einem Bilderbuch für Genießer.

(kre; 03/2001)


Martin Sieberer: "Von allen Sinnen. Kochkunst in den Alpen"
Mit Fotos von Christa Engstler.
haymonverlag, 2001. 160 Seiten, mit zahlreichen Farbabbildungen.
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Noch ein Buchtipp:

Hans Gerlach: "Die neue Alpenküche. Klassisch, kreativ, köstlich"

Für Bergliebhaber und Flachländler gleichermaßen verführerisch: die besten Gerichte aus der Alpenregion, modern und leicht interpretiert! Die regionale Vielfalt der Alpen spiegelt auch das Kochbuch wider, das zum Beispiel Rezepte aus dem Allgäu, dem Engadin oder aus Kärnten vorstellt. Ursprünglich war die bäuerliche Alpenküche eine Arme-Leute-Küche, mit wenig Fleisch, aber gehaltvoll. Ein Überbleibsel davon ist, dass es heute noch viele vegetarische Gerichte mit Getreide, Milchprodukten, Pilzen, Kräutern und Gemüse gibt. Das kulinarische Spektrum der "Alpenküche" reicht daher von Kartoffelsalat mit Waldpilzen und klarer Kürbissuppe mit Kastanien über Walliser Spargelkuchen, Bodensee-Zanderpäckchen mit Bündner Fleisch und Schweizer Sauerbraten bis zum Birnenstrudel im Blätterteig und Schwarzbeernocken mit Sauerrahm.
Der Clou: Es werden einfache und regionale Zutaten verwendet, so dass alle Gerichte leicht nachzukochen sind! Sie können auch abseits von Klassikern jede Menge neuer Lieblingsspeisen entdecken. (Dorling Kindersley)
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