Isabel Allende: "Inés meines Herzens"


Mit diesem Roman erfüllte sich Isabel Allende einen wohl schon jahrelang gehegten Traum und veröffentlichte nach vier Jahren "nimmersatten" Lesens ein Buch über Ines Suarez, eine der vergessenen Gründermütter des modernen Chile.
"In diesem Roman habe ich meine Vorstellungskraft sprechen lassen, jedoch ist jede Ähnlichkeit mit den Geschehnissen während der Eroberung Chiles und den daran beteiligten Personen kein Zufall. Die Taten der Ines Suarez, die bei den Chronisten ihrer Zeit Erwähnung finden, sind von den Historikern über vierhundert Jahre fast vergessen worden. Auf diesen Seiten schildere ich die Ereignisse, wie ich sie belegt finde. Ich habe sie nur durch ein wenig Fantasie zu einer Erzählung verknüpft."

Und diese Erzählung ist ein besonderes Stück Prosa von einer Dichte, Leidenschaft und Dramatik, wie sie selbst für Isabel Allende ungewöhnlich ist. Im Alter von 70 Jahren, was im 16. Jahrhundert bei all den Strapazen und Krankheiten, die selbst ein privilegiertes Leben mit sich brachten, fast schon ein biblisches Alter genannt werden konnte, lässt Allende Ines Suarez berichten. Der Roman ist aufgebaut als erzählender Bericht eines Lebens, den Ines Suarez ihrer Stieftochter Isabel de Quiroga gibt. Und obwohl Ines schon gebrechlich ist, findet sie die Kraft, einen Zeitraum von acht Jahrzehnten überspannend, ihr Leben zu erzählen und dabei einen persönlich gefärbten Bericht über die Anfänge der spanischen Kolonisation zu geben.

Aufgewachsen in Plasencia in der spanischen Provinz, hat die junge Ines zum ersten Mal geheiratet, den Abenteurer Juan de Malaga, der auch schon bald nach Amerika aufbricht. Als sie ewig lange nichts von ihm hört, entschließt sie sich, ihn dort zu suchen und ihm nachzufolgen; für eine Frau damals ein unmögliches Unterfangen. Mit viel weiblicher List erhält sie die königliche Erlaubnis, diese schwere Reise anzutreten. Über Venezuela gelangt sie nach Peru, wo sie erfährt, dass Juan de Malaga tot ist. In Peru begegnet sie auch dem Mann, der ihr Leben verändern wird: Pedro de Valdivia ist ein charismatischer Heerführer und Feldherr im Dienste Francisco Pizarros. Mit ihm macht sich Ines auf, Chile zu erobern, das bis dahin einzige Gebiet Südamerikas, das noch nicht von den Spaniern kolonisiert wurde. Sie gründen zusammen die Stadt Santiago und verteidigen sie in einer jahrelangen Belagerung, dem Hungertod mehr als einmal nahe.

Doch bald schon spürt Ines, dass der kriegerische Ehrgeiz ihres Mannes etwas Blutrünstiges und Fanatisches bekommen hat, und sie entfremdet sich mehr und mehr von ihm. An der Seite von Rodrigo de Querioga, der nach Pedros gewaltsamem Tod die Verantwortung für die neue Kolonie übernimmt, kann Ines einen neuen Abschnitt in ihrem Leben beginnen.

Diese Geschichte der Ines Suarez ist ein grandioser Roman geworden; ein Buch über Liebe, Treue und Verlust. Er vermittelt das Bild eines Frau "die nicht lockerlässt und die bei aller Dramatik ihres Lebens immer bekommt, was sie will. Vor allem anderen: Liebe, dann auch weltliche Güter und Macht. Für mich ist sie eine Frau, die ein wirklich bemerkenswertes Leben geführt hat, ein Leben, wie ich es gerne gelebt hätte ...", wie Isabel Allende erläuterte.

Neben der sensiblen und dennoch mächtigen Sprache, mit der Allende fast 400 Seiten lang brilliert, ist es vor allem die Schilderung der selbstbewussten und für die damalige Zeit enorm differenzierten Wahrnehmung jener Frau, die während der Lektüre beeindruckt.
Bei aller Eroberungslust, die auch Ines Suarez umtreibt und antreibt, spürt sie doch so etwas wie genuine Menschlichkeit in sich, die sie sich manches Mal angewidert vor der unsäglichen Gewalt und Grausamkeit der Eroberungszüge und der beginnenden Sklaverei abwenden lässt .

Ich habe das Buch mit Begeisterung gelesen und konnte es zwischendrin kaum einmal weglegen. "Inés meines Herzens" ist mit Sicherheit eines der besten Bücher von Isabel Allende.

(Winfried Stanzick; 08/2007)


Isabel Allende: "Inés meines Herzens"
Aus dem Spanischen von Svenja Becker.
Gebundene Ausgabe:
Suhrkamp, 2007. 397 Seiten.
Buch bei amazon.de bestellen
Taschenbuchausgabe:
Suhrkamp, 2008.
Buch bei amazon.de bestellen
Hörbuchausgabe:
der hörverlag, 2007.
Hörbuch bei amazon.de bestellen

Ein weiteres Buch der Autorin:

"Die Insel unter dem Meer"

Die Mulattin Zarité, genannt Tété, ist erst neun Jahre alt, als der junge Plantagenbesitzer Toulouse Valmorain sie als Dienstmagd für seine lebensuntüchtige Frau kauft. Doch in Tété schlummert eine andere Bestimmung als die der willfährigen Sklavin. Selbst als ihr Herr sie in sein Bett zwingt, als man ihr das erste Kind entreißt und ihr Geliebter sie verlässt, um sich den aufständischen Sklaven in den Bergen anzuschließen, verliert Tété ihr Ziel nicht aus den Augen: die Freiheit für sich und ihre Tochter. Der Konflikt zwischen den aufständischen Sklaven und den weißen Herren in Saint-Domingue eskaliert, und Tété muss eine schwere Entscheidung treffen; sie flieht mit Valmorain, dessen kleinem Sohn und ihrer Tochter aus der brennenden Stadt Le Cap nach Kuba und weiter nach New Orleans. In der bunten kreolischen Gesellschaft findet ihr Drang nach Freiheit und Verantwortung für das eigene Leben neue Nahrung, doch müssen Jahre vergehen, bis ihr Traum Wirklichkeit wird.
Mit diesem Roman entführt die chilenische Autorin Isabel Allende den Leser von den Zuckerrohrplantagen auf Saint-Domingue, dem heutigen Haiti, in das pulsierende New Orleans des frühen 19. Jahrhunderts. Ein schillernder, dramatischer Bilderbogen um eine starke Frau, die alles riskiert und sich bedingungslos ihre Freiheit erkämpft. (Suhrkamp)
Buch bei amazon.de bestellen