Stefano Zuffi: "Das 16. Jahrhundert"
Jahrhunderte der Kunst Band 3
Ein von Übergängen und vielfältiger
Einflussnahme geprägtes, dynamisches Jahrhundert der
Kunstgeschichte
Das 16. Jahrhundert ist aus kunst- und
architekturhistorischer Sicht eine Zeit der Übergänge und konkurrierenden Stile.
Eingangs wird es vor allem in England noch von der Gotik geprägt, während
andernorts
längst die Renaissance Einzug gehalten hat, aus der verschiedene Strömungen und
Schulen hervorgehen; zu den besonderen Ausprägungen der Kunst im 16. Jahrhundert
gehört der manchmal sehr modern anmutende Manierismus. Zum Ende des Jahrhunderts
hin kommen bereits Elemente des Barock auf.
Eine Betrachtung des 16.
Jahrhunderts in der Form, wie sie sich in der Reihe "Jahrhunderte der Kunst"
bereits etabliert hat, ist angesichts dieser Tatsachen besonders sinnvoll.
Zunächst werden Begriffe und Stile vorgestellt: außer den genannten
beispielsweise auch der Humanismus des Nordens, die Techniken "Sfumato" und
"Tonalismo" sowie Reformation und Gegenreformation. Zu jedem Stichpunkt erhält
der Leser eine kurze, jedoch sehr gehaltvolle Einführung, eine Reihe von
Querverweisen einschließlich bedeutender Künstlernamen und eine Auswahl jeweils
repräsentativer Kunstwerke, die detailliert, präzise und in ausreichender
Ausführlichkeit interpretiert werden.
Im zweiten Teil geht es um die
Orte. Auch hier findet sich eine hervorragend ausgearbeitete, am politischen
Rahmen wie auch an künstlerischen Bezügen orientierte Einteilung. Mit "Nord-,
Mittel- und Osteuropa und das Haus Habsburg", die "Spanische Linie des Hauses
Habsburg", "Italien" sowie "Die Königreiche Frankreich, England und Portugal"
sind die Kapitel überschrieben, in denen sich, eingeteilt in enger gefasste
Regionen wie etwa Antwerpen, analog zum ersten Teil eine zusammenfassende
Übersicht, am Rand ein historischer Abriss und wie üblich mehrere typische,
sorgfältig interpretierte Kunstwerke aus Malerei, Bildhauerei und Architektur
finden.
Der dritte Teil präsentiert die bedeutendsten Künstler in
alphabetischer Ordnung mit jeweils einer Kurzbiografie, einer Übersicht über
Lebenseckdaten, Beruf, Orte des Wirkens, Reisen, wichtigste Werke und
Verbindungen zu anderen Künstlern. Auch hier werden hinsichtlich des Kontexts
interessante Werke vorgestellt, pro Künstler mindestens eines, zuweilen drei
oder vier.
Als sehr praktisch und informativ erweist sich die Chronologie
des 16. Jahrhunderts am Ende des Bandes. Natürlich ist auch ein
Künstlerverzeichnis vorhanden.
Leser, die mit der Reihe bereits vertraut
sind, werden nicht davon überrascht sein, wie viel Information sich in einem
handlichen, knapp vierhundert Seiten starken Buch unterbringen lässt. Dazu trägt
zum einen die beschriebene straffe Gliederung bei, zum anderen sind die Texte
auf das Wesentliche reduziert und somit knapp gehalten.
Dementsprechend
muss der Leser eine sehr geringe Schriftgröße hinnehmen, die nach Meinung der
Rezensentin noch eben tolerierbar ist. Dass die als Beispiele ausgewählten
Bilder ebenfalls recht klein abgedruckt sind, geht aus dem Buchformat hervor,
aber bei den Bänden aus "Jahrhunderte der Kunst" handelt es sich um Sachbücher,
keine Bildbände; die für das Verständnis der Bilder wesentlichen, in der
Interpretation erläuterten Elemente und Details lassen sich problemlos erkennen.
Auch die Druckqualität lässt nichts zu wünschen übrig.
Das Buch bietet
eine vorzügliche Möglichkeit, alle wichtigen künstlerischen Aspekte eines
Jahrhunderts kennen zu lernen, in dem zwar Italien dominierte, das jedoch auch
von deutschen und anderen europäischen Künstlern, insbesondere den rasch an
Bedeutung und Einfluss gewinnenden Holländern beziehungsweise Flamen geprägt
wurde: das Jahrhundert eines
da Vinci
und Michelangelo,
Dürers, Tizians, El
Grecos, Bruegels
, Caravaggios und
Hieronymus
Boschs, um nur einige wenige in loser Aufzählung zu nennen. Die oft
politisch und religiös oder aber durch Einflüsse anderer Künstler motivierten
Stil- und Themenwechsel werden vorzüglich erläutert, der Blick des Lesers
schärft sich bezüglich vieler nicht unmittelbarer Aussagen in den Kunstwerken
der vorgestellten Epoche.
Eine lohnende Investition für Freunde alter
Kunst - außer jene mit Augenproblemen.
(Regina Károlyi; 12/2006)
Stefano Zuffi: "Das 16. Jahrhundert"
Aus dem Italienischen von Dr. Karl
Pichler.
Parthas Verlag, 2006. 384 Seiten.
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Stefano Zuffi ist Kunsthistoriker und hat mehr als vierzig Bücher über europäische Kunst veröffentlicht.