Michel Houellebecq: "Vernichten"
Reife Resignation und
abgeklärte Angriffslust -
ein frühes Spätwerk
"Familie und Ehe waren die beiden verbliebenen Pole, die das Leben
der letzten Bewohner des Abendlandes in der ersten Hälfte des 21.
Jahrhunderts ordneten. Andere Modelle waren von Menschen, denen das
Verdienst zukam, die Abnutzungserscheinungen der traditionellen
Modelle vorauszuahnen, vergeblich in Betracht gezogen worden, ohne
dass es ihnen jedoch gelungen wäre, neue zu entwickeln, und deren
historische Rolle war daher gänzlich negativ gewesen. Die liberale
Doxa ignorierte weiterhin beharrlich das Problem, erfüllt von ihrem
ebenso unbedingten wie naiven Glauben, das Lockmittel des Profits
könnte jeden anderen menschlichen Ansporn ersetzen und allein die für
die Aufrechterhaltung einer komplexen sozialen Organisation
erforderliche geistige Energie hervorbringen. Das war ganz eindeutig
falsch, und für Paul schien es klar zu sein, dass das ganze System in
einem einzigen Kollaps zusammenbrechen würde, ohne dass sich zum
jetzigen Zeitpunkt das Datum oder die genauen Umstände vorhersagen
ließen - doch diese Datum konnte nah und die Umstände konnten
gewaltsam sein." (S. 453)
Solche pessimistische Gedanken hindern Paul Raison, die Hauptfigur von "Vernichten", nicht daran, für dieses System zu arbeiten. An sich Finanzinspektor, ist er seit einiger Zeit als Vertrauensmann für die Terminkoordinierung des französischen Finanz- und Wirtschaftsministers Bruno Juge tätig. Und natürlich übernimmt er zusätzlich immer wieder die Aufgabe, mit seinen Beobachtungen und Formulierungen dem Autor als Sprachrohr zu dienen, ist dabei aber im Vergleich zu dessen früheren Helden ein insgesamt normalerer - vorausgesetzt, man sieht ihm die Herkunft aus der französischen Oberschicht nach - und jedenfalls, obwohl nicht so ganz zum Leben gemacht, wie es heißt, ausgeglichenerer Charakter. Diese relative Ausgeglichenheit und im Zuge der Begebenheiten zunehmende Reife (nebst der üblichen analytischen Schärfe in Bezug auf Zeitfänomene) prägen den Roman, der in seinen Handlungsfäden indessen genug Spektakuläres zu bieten hat.
Auf mehreren Feldern wird der
Roman
etwa gleichstark beackert.
Der französischen Regierung und ihren
Geheimdiensten machen schiere Superterroristen zu schaffen, die
erschreckenderweise in Behandlung und Manipulation elektronischer Daten dem
aktuellen technischen Stand deutlich voraus sind und beispielsweise
ein täuschend echtes Video von der Guillotinierung Brunos auf diverse
fremde Netzseiten übertragen.
Was zunächst wie ein französisches Problem aussieht, entpuppt sich
bald als von internationaler Tragweite:
"Diesmal war Google direkt angegriffen worden: das führende
Unternehmen des Planeten, das darüber hinaus Hand in Hand mit der NSA
arbeitete." (S. 24)
Doch nicht nur treten auch die us-amerikanischen Geheimdienste in der
Angelegenheit auf der Stelle, die Terroristen zeigen bald, dass sie
harte Ziele ebenso erfolgreich und fürs erste klinisch (rechtzeitige
Warnung - keine Todesopfer) anzugreifen vermögen, wobei einige Ziele die
Ermittler dem Rätsel um Absichten und Hintergründe nicht nur nicht
näherbringen, sondern manchem von ihnen und jedenfalls Paul eine gewisse
Sympathie abringen:
"Sollten die Terroristen vorhaben,
die Welt, wie er sie kannte, zu vernichten, die moderne Welt zu
vernichten, dann konnte er ihnen das nicht einmal wirklich zum Vorwurf
machen." (S. 363)
Was man wiederum Paul und seinem Autor kaum vorwerfen kann, denn mit diesem Begriff der modernen Welt sprechen sie von etwas,
das sie den ganzen Roman über immer wieder gezielt und im Detail aufs
Korn nehmen, nicht zuletzt "... der allgemeinen Wendung, die die
Dinge genommen hatten, mit diesem pseudoverspielten, in Wahrheit aber
auf eine quasifaschistische Weise normativen Ambiente, das Stück für
Stück die letzten Winkel des alltäglichen Lebens infiziert hatte."
(S. 107)
Einem jungen Franzosen (insgesamt
erweist sich Houellebecq in dem Roman als gelinder Patriot, was
natürlich vernichtende Kritik an einzelnen Franzosen inkludiert) wird es
schließlich vorbehalten bleiben, erste Aufklärungserfolge zu erzielen
und die Anschlagsorte mit einem diabolischen Zeichen und einem sehr
selten begangenen Seitenpfad der Geistesgeschichte in Verbindung zu
bringen.
Sieht man von den Orten der
Terroranschläge ab, spielt "Vernichten" ausschließlich in Frankreich,
ein Drittel anno 2026, zwei im darauffolgenden Primzahlenjahr
und damit wieder einmal in der nahen Zukunft, also wohl: so oder so
ähnlich könnten sich die Dinge, wenn man sie so weiterlaufen lässt,
entwickeln. In "Vernichten" ist die Vision Frankreichs eine auf den
ersten Blick recht positive: vor allem dank des zwar technokratischen,
aber hochbegabten, die Möglichkeiten des Landes gut ausnützenden, da
sich in dem globalen Wirtschaftskrieg wenig bis gar nicht an die
europäischen Richtlinien haltenden ("weil es Frankreich ist": zu wichtig
nämlich, um mit EU-Sanktionen belästigt zu werden) Finanz- und
Wirtschaftsministers Bruno präsentiert sich das Land ökonomisch in guter
Verfassung - gewiss, der Staat greift häufig lenkend ein, und die
Arbeitslosigkeit ist höher als je, aber man kann nicht alles haben. Bald
stehen Präsidentenwahlen an, doch da "seit der unklugen
Verfassungsreform von 2008" (S. 38) der amtierende Präsident nicht
zum drittenmal hintereinander gewählt werden darf, würde er einen
verlässlichen Platzhalter bis zu seiner geplanten Wiederkandidatur beim
übernächsten Mal benötigen, und es wird überlegt, ob der zwar weithin
geschätzte, aber steif wirkende und nicht geliebte Bruno, der mehr als
jeder andere die Wiederbelebung der Wirtschaft mithilfe von Industrie,
moderner Technologie und Fortschritt verkörpert, wie es heißt, oder ein
beliebter, wenn auch nicht sonderlich seriöser Mann des
Unterhaltungsfernsehens ins Rennen geschickt werden soll. Wer immer schließlich als
Kandidat nominiert werden wird, scheint aufgrund
der hervorragenden Wirtschaftsdaten kaum mit ernsthafter Konkurrenz
rechnen zu müssen, von einem jungen
Talent,
das die Unterstützung Marine Le Pens genießt, vielleicht abgesehen.
Der Roman berührt den Weg der
Entscheidungsfindung bezüglich des Präsidentschaftskandidaten,
beschreibt anhand einiger Szenen mit der ehrgeizigen und sehr von sich
eingenommenen Wahlkampfleiterin wesentliche Kriterien so eines
Wahlkampfes, beleuchtet mit der distanzierten, boshaften Ironie des
Autors einige konkrete Mediengrößen Frankreichs sowie den verkommenen
Zustand des Journalismus insgesamt:
"Zugleich
entsprach das natürlich der typischen Sichtweise eines
Pressesprechers, der es gewohnt war, haarspalterische
Unterscheidungen zwischen eigentlich nahezu ununterscheidbaren
Presseorganen vorzunehmen." (S. 174)
"Es ging darum, Bruno zu schaden. Kurioserweise hatte die
schädliche Macht der Presse, obwohl sie fast alle ihre Leser verloren
hatte, in den letzten Jahren zugenommen, sie konnte jetzt Leben
zerstören, und sie dachte nicht daran, darauf zu verzichten,
insbesondere in Wahlkampfzeiten, wobei der Umweg über ein
Gerichtsverfahren schlichtweg überflüssig geworden war, schon ein
bloßer Verdacht reichte aus, um jemanden zu vernichten." (S. 407)
Die Wahlen werden schließlich, wie man es in der letzten Zeit ja nicht
selten beobachten durfte, durch einen ganz anderen Faktor maßgeblich
beeinflusst - Zufall oder nicht, das ist die Frage, sollte es jedenfalls
in solchen Fällen sein. Bemerkenswert außerdem das Verhalten Pauls in
der Wahlzelle, in einem "Frankreich, das sich in ein heikles
Nebeneinander von Ballungszentren und menschenleeren ländlichen
Regionen verwandelt". (S. 193)
Außer in der Hauptstadt
spielt der Roman in dem nördlich von Lyon gelegenen Landesteil namens
Beaujolais. Mit den bekannten gleichnamigen Weinen wird da unvermeidlich ebenso
aufgewartet wie mit einigen kulinarischen Schmankerln, vor
allem aber mit Pauls Familie: Schwester Cécile, eine leidenschaftliche
und auf ihre Art überzeugende Katholikin ("Er musste, er musste
sich Cécile einfach als glücklich vorstellen", so der ältere
Bruder auf Seite 83) lebt mit ihrem Mann Hervé, einem gerade
arbeitslosen Notar, beide Rassemblement National-Wähler (die bereits flügge gewordenen Töchter
lernt der Leser erst später kennen) ebenso in der Gegend wie Pauls und
Céciles Vater Édouard, pensionierter Geheimdienstler, zusammen mit
Madeleine, seiner jungen, im Vergleich zu den übrigen Romanfiguren
ziemlich ungebildeten Lebensgefährtin. Als Édouard einen Schlaganfall
erleidet und danach ein nicht mehr zum Sprechen fähiger schwerer
Pflegefall ist, reist zur
Beratschlagung des weiteren Vorgehens auch
Aurélien (Kunstrestaurator, Spezialist für mittelalterliche
Wandteppiche), der jüngste Spross Édouards, ein Nachzügler, an, mit ihm
seine Frau Indy (Journalistin) und
Godefroy, deren mobiltelefonsüchtiger schwarzer, künstlich empfangener
Sohn. Mit der sich wilden Erbschaftsfantasien hingebenden Indy betritt eine besonders üble Figur die Bühne, so
verabscheuungswürdig, dass sie hier nur indirekt, mit einem Satz über
eine beneidete Journalistenkollegin, deren Erfolg sie nie erreichen
wird, charakterisiert sei:
"Mit ihrem Betroffenheitsgetue, ihrer Selbstgefälligkeit, ihrer
unübersehbaren Gewissheit, zum Lager der Guten zu gehören, ihrer
Bereitschaft, vor jedem VIP aus demselben Lager zu kuschen, war sie
vielleicht die Schlimmste von allen." (S. 309)
Wer sich dafür interessiert, welche Person da ausnahmsweise nicht mit
Namen genannt wird (man kann sich denken, warum), oder welche Journalistikpreise die Gute schon so gewonnen hat etc.,
wird im Netz recherchieren müssen.
Bei den meist offen genannten Namen von Personen des öffentlichen Lebens
lohnt sich dies gewiss, da sich erst so die volle von Houellebecq
intendierte Komik entfaltet, wenn man etwa weiß, um welchen abgebrühten
Wirtschaftsjournalisten es sich da handelt, der bei der Meldung, Citroën
habe BMW bei den Verkaufszahlen in Indien überholt, in Tränen der
Rührung ausbricht.
Die im familiären Umfeld spielende
Teilgeschichte beinhaltet außerdem
die Thematisierung des Zustands von französischen Pflegeeinrichtungen,
den Wert des Lebens, Wert und Grenzen der Familie, eine Entführung,
ehemalige Identitäre (oder etwas in der Art), unerwartete Fundstücke des
Vaters im Keller und in einer Mappe, eine sympathische Krankenpflegerin
("Bei ihr zu Hause in
Afrika hätte es solche Zustände nicht gegeben, wenn das der
Fortschritt sei, dann tauge er nichts."; S. 371) und ein paar
schöne landschaftliche Flecken im Beaujolais.
Nicht nur seine Geschwister
sind übrigens verheiratet, auch Paul ist es. Prudence (Finanzbeamte) und Paul teilen sich zwar, einander
dabei tunlichst aus dem Weg gehend, eine prächtige Luxuswohnung, die
selbst für Spitzenbeamte alleine kaum leistbar gewesen wäre, haben sich
jedoch vor vielen Jahren auseinandergelebt, hervorgerufen durch einen
totalen Ernährungskrieg, zu welchem, jedenfalls aus Pauls Sicht,
Prudences plötzliches - gleichzeitig
mit dem Auftauchen des Begriffs im Lexikon, wie süffisant angemerkt wird - Veganertum rasch eskaliert ist.
Einen kalten wenigstens:
"Als Vertreter der Oberschicht hatten sie nicht die Absicht, einander
zu erniedrigen, und legten großen Wert darauf, dass sich der Untergang
ihrer Beziehung unter optimalen zivilisatorischen Bedingungen
vollzog." (S. 86)
Da beide dennoch nicht nach neuen Beziehungen streben, Familie, Freunde,
Kollegen nicht alle Bedürfnisse abdecken, und begünstigt vielleicht
durch den bemitleidenswerten Zustand Édouards,
einen das männliche Prinzip nicht vernachlässigenden Zweig der Wicca-Bewegung und die romantische Seele des Autors, der von den
asexuellen Tendenzen in der französischen Oberschicht nicht viel zu
halten scheint, kann eine Wiederannäherung zwischen den beiden eher
spröden Beamtengemütern nicht ganz ausgeschlossen werden.
War es literarisch schon
ungewöhnlich, dass der Roman aus der Perspektive einer sonst keine große
Rolle spielenden Figur anhebt, um dann rasch und von sehr wenigen
kleineren Ausflügen abgesehen stetig bei Paul zu verweilen, werden im letzten Sechstel des Romans die vorangegangenen
Erzählstränge weitgehend abgeschnitten, um ganz und gar dominant
persönlicher Vernichtung, langsamem
Schwinden und schlussendlicher
Auslöschung in Form einer schweren Krebserkrankung zu weichen.
Stellvertretend für die Leserschaft Michel Houellebecqs kann nur gehofft
werden, dass die Verbindung hier keine so enge ist, wie es besonders die
letzten, in der ersten Person geschriebenen Seiten befürchten lassen,
der Autor sich noch lange guter Weine und seiner holden Gattin erfreuen
möge, und wir uns etlicher weiterer Bücher von ihm. Trotz dieses
unpopulären Finales (die Arzttermine überwiegen die kontemplativen
Momente), der offensichtlichen Beschäftigung mit dem realen Tod und
einer spürbaren Resignation, mit seinen Schriften viel bewirken zu
können, ist in "Vernichten" ein der Hoffnung verwandtes positives
Grundgefühl, das mitunter geradezu elegisch anmutet und anscheinend kaum
der äußeren Nahrung bedarf, umso auffälliger.
Ebenfalls den Eindruck, als wäre da zumindest teilweise auf sehr
Persönliches zurückgegriffen worden, erwecken einige Träume Pauls,
welche psychologisch sehr anschaulich die Beschäftigung mit den
Romanthemen auf unbewusster Ebene aufgreifen.
Im Romantitel steht das Verb "vernichten" im Infinitiv,
gemeint ist die professionell ausgeübte Tätigkeit, und dabei vor allem
eine subtile Variante, das "solve et coagula", wie ein diesbezügliches
alchemistisches Schlagwort lautet - löse, wenn du es denn vermagst, die
alte Welt auf und setze sie wiedewie sie dir gefällt neu zusammen. Im
Rahmen eines der vielen Träume spricht der Autor von einem rationalen
Kult ("raison" ist das französische Wort für "Vernunft", "ratio"; auch
davon, wie Vernunft an ihre Grenzen stößt bzw. im Endeffekt gar so
vernünftig nicht ist bzw. bei als vernünftig Verbreitetem ganz anderes
dahintersteckt, handelt der Roman), ein Kult, der durch Zerlegung der
Elemente, aus denen die Wesen bestehen, die Erschaffung neuer Strukturen
ermöglicht, mit Mord als dem einzigen Sakrament.
Die Macht (das "divide et impera" ist schließlich ein naher, wenn auch
gröberer Verwandter), die Wirtschaft (nach einer größeren Zerstörung
lassen sich leichter die für unser Wirtschaftssystem notwendigen
Wachstumsziele erreichen), auch der Widerstand dagegen scheinen sich bisweilen solcher
Methoden, die dann, wie man weiß, oft die Kämpfe überdauern, zu
bedienen, und Sterbehilfe ist, glaubt man den Medien, auf einmal en
vogue, selbstverständlich nur freiwillig (und freilich, auch
der eine oder andere Schriftsteller huldigt dieser Art von Alchemie,
jedoch gottlob mit andren Sakramenten).
Die Großmeister bleiben bei alledem naturgemäß diskret im Hintergrund,
als perfide Stellvertreterin für die Gesamtheit der Handlanger steht in
dem Roman die Journaille
(auch
Karl Kraus ist in seinem Lied von der Presse ja nicht
umhingekommen, den Teufel an die Wand zu malen) im Vordergrund.
Die
große Leidenschaft des Autors ist die Kulturkritik im weiteren Sinn
des Wortes, gilt dem, was an kulturell Wertvollem in Europa verloren gegangen ist, in den letzten Jahren
stärker und schneller denn je, was heute noch gut wäre, wenn man es
nur unbehelligt gelassen hätte, und zuallermeist besser als das, wohin
wir Europäer uns seitdem entwickelt haben, was wir uns stattdessen als
Fortschritt verkaufen haben lassen. In vielen seiner treffenden Sätze (Volltreffern
sowie hin und wieder zugunsten
besserer Kenntlichmachung überspitzten) bringt Houellebecq den
jeweiligen Missstand auf den Punkt, sei es in der Journalistik,
Architektur (etwa einem Amtsgebäude, das wirkt, als hätten sich die
Erbauer "die Zurschaustellung eines gewissen technischen Könnens zum
Ziel gesetzt - als ginge es vor allem darum, bei etwaigen
außerirdischen Besuchern Eindruck zu schinden."; S. 11/12),
Kulinarik, Kunst, Gesellschaft, Paarbeziehungen oder Politik. Letztere,
de iure hauptverantwortlich für den Niedergang, überdies immer mehr von
Nichtregierungsorganisationen abhängig und im Gleichschritt mit den
Massenmedien, bekommt dabei natürlich auch einiges ab:
"Wie alle Delegierten der Europäischen Union hatte der Mann nichts
Nennenswertes zu sagen. Paul hörte ihm dennoch geduldig zu, denn das
war Delegierten der Europäischen Union gegenüber die einzig mögliche
Haltung." (S. 45/46)
"Wenn Menschen, die sich nachweislich in so ziemlich allen Fragen
uneinig sind, zusammenkommen, um gewisse Wörter zu feiern - und das
Wort "Würde" ist hierfür ein perfektes Beispiel -, dann haben diese
Wörter jede Bedeutung verloren, dachte Paul." (S. 468)
Michel Houellebecq verstärkt in dem Roman seine eigenen Attacken mit dem
gefühlsintensiven Widerstandspathos von Corneille und Tolkien,
während für die erwähnte Würdeorgie wieder einmal auf Schiller
zurückgegriffen wird: "Freut euch, schöne Götterfunken, sonst kommt das
Elysium ...", oder so ähnlich.
(fritz; 03/2022)
Michel
Houellebecq: "Vernichten"
(Originaltitel "Anéantir")
Aus dem Französischen von Stephan Kleiner und Bernd Wilczek.
DuMont, 2022. 624 Seiten.
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